Dinslaken. Das Konzert des Sängers Max Mutzke im Burgtheater zeigte noch einmal deutlich, was Festivals wie das Dinslakener Fantastival ausmacht.

Die Welt in Schutt in Asche zu legen ist das eine, zu dem Menschen fähig sind, das andere, was sie unter allen Wesen auszeichnet, ist die Gabe, Geschichten erzählen zu können. Fiktionale Geschichten, deren Grundaussage jedoch wahr ist. Oder wahre Geschichten, die gute Geschichten sind, weil sie Positives weitererzählen und es so von Mensch zu Mensch weiterverbreiten. Max Mutzke singt „Lasst uns die guten Geschichten erzählen“ und mit genau diesem Lied eröffnete er sein Konzert am Freitag im Burgtheater. Ein weiterer Fantastival-Abend, über den zu berichten das Erzählen einer weiteren guten Geschichte ist.

Max Mutzke ist als Sänger ein Ausnahmetalent, darüber braucht man nicht mehr viel Worte zu verlieren. Gerade wenn er in die Kopfstimme geht, ist die Klarheit und Sauberkeit, mit der er singt, eindrucksvoll. Dass jemand wie er nicht Top-Musiker um sich scharen würde, wäre ebenso irritierend.

Mit anderen gemeinsam Kultur erleben

Was den Fantastival-Abend im Burgtheater ausmachte, war einmal mehr die Interaktion mit dem Publikum, das Fest, mit anderen gemeinsam Kultur zu erleben, entstehen zu lassen.

Das Burgtheater war immer, gerade wenn seine Ränge komplett gefüllt sind wie Freitag, immer ein Ort der großen Emotionen. Von der Bühne schaut man jedem einzelnen im Publikum ins Gesicht, das macht etwas mit einem als Künstler, dessen Anliegen es nun einmal ist, zu kommunizieren.

Aber seit der Pandemie und dem damit einhergehenden Veranstaltungsverbot hat diese Art des gemeinsamen Erlebens eine neue Qualität gewonnen: Oft weiß man manches erst richtig zu schätzen, wenn es fehlt. Max Mutzke setzte vom ersten Titel an auf Interaktion, lässt das Publikum zum großen Chor werden, auf dessen Gesang er bei „Just can’t wait until tonight“ und später bei „Back to the moon“ sein Keyboarder improvisieren.

„Es ist die selbe Sonne“

Den Gegenentwurf zu diesem Fest der Gemeinschaft hat die Pandemie ans Tageslicht gebracht: die Spaltung der Gesellschaft. Mit einer einfachen Frage ließe es sich heute doch klären, ob man mit dem Gesprächspartner in derselben Welt lebe: „Ist sie rund oder eine Scheibe“. „Es ist die selbe Sonne“, die für alle leuchte, singt er, deutscher Soul, der versöhnen möchte. Politikern dagegen empfiehlt er die Astronauten-Perspektive, alles mal mit Abstand betrachten.

Beim Konzert von Max Mutzke waren die Ränge des Burgtheaters wiecer komplett gefüllt.
Beim Konzert von Max Mutzke waren die Ränge des Burgtheaters wiecer komplett gefüllt. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Und so wirft er auch einen anderen Blick aufs Fantastival. Natürlich sei das ehrenamtliche Engagement der Freilicht AG toll. Aber auch dieses Festival wäre nicht ohne die Arbeit der Profis, der ausgebildeten und deshalb mit Fug und Recht für ihre Arbeit bezahlten Handwerker und Dienstleister möglich. Menschen, die die Arbeit in der Veranstaltungsbranche leisten, die andere intuitiv als so wichtig für ein gutes Leben empfinden, dass sie dabei sogar unentgeltlich helfen oder ihr Geld in Aktien ohne Dividende investieren.

Kitt der Gesellschaft

Max Mutzke widmet einen seiner neuen Songs den Veranstaltungstechnikern, den Caterern, den Securities und den Crews, die mit ihrem fachlichen Background für das den Rahmen schaffen, was Künstler und Publikum als Kitt der Gesellschaft bei Kulturveranstaltungen entstehen lassen können. Und er erinnert daran, dass das pandemiebedingte Berufsverbot diesen Menschen den Job nahm, die Lebensgrundlage für sie und ihre Familien. Viele seien aus der Not abgesprungen.

Nicht nur Max Mutzke bedankte sich in der Fantastival-Woche bei allen, die irgendwie durchgehalten haben und nun noch da sind, um Veranstaltungen weiter zu ermöglichen. Konzerte wie das am Freitag, von dem Max Mutzke betonte, das sie keine Selbstverständlichkeit sind.

Das Fantastival ist zur Marke geworden, weil es Kultur als gelebtes Gemeinschaftsgefühl hervorhebt – das Ambiente des Burgtheaters verdichtet dies wie ein Trichter. Mutzke gesteht, das anderswo für ein Konzert für ihn erst weniger als ein Zehntel von dem verkauft sei, was an Tickets in Dinslaken abgesetzt wurden. Und so zeigte er sich so bewegt von den vollen Rängen und dem Zuspruch und der Aufmerksamkeit des Publikums wie zuvor wie sein ehemaliger Gitarrist Lennard Salomon, der seit zehn Jahren als Singer/Songwriter unterwegs ist und im Akustikkonzert allein mit seiner Gitarre die „Vorband“ am Freitag gab.

„Das werden wir lange im Herzen tragen“, bedankte sich Mutzke gegen 23 Uhr, als dieser lange Fantastival-Abend dann doch zu Ende ging.