Voerde. In den Niederlanden gibt es wütende Proteste gegen Maßnahmen der Regierung. Auch hiesige Bauern machen sich Sorgen.

Seit einigen Wochen gibt es in den Niederlanden große Proteste von Seiten der Landwirte, die gegen die geplanten Düngeverordnungen der Landesregierung auf die Barrikaden gehen. Aus Solidarität mit den Kollegen aus dem Nachbarland haben sich auch die deutschen Landwirte im Kreis Wesel mit ihren Treckern auf die Straßen begeben, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Sie machen sich Sorgen, dass auch die Bundesregierung mit strengen Vorschriften den Landwirten das Leben schwer machen wird.

„In den Niederlanden geht es aktuell darum, die Ammoniak-Emissionen zu reduzieren, um zu verhindern, dass dieses Ammoniak aus der Luft wieder in Form von Stickstoff in den Boden eingetragen wird. Die Maßnahmen, die hierzu auf den Weg gebracht werden, würden dazu führen, dass in letzter Konsequenz ca. 30 Prozent der niederländischen Landwirte für immer ihre Betriebe aufgeben müssten. Viele weitere müssten sich erheblich einschränken“, heißt es in einer Pressemitteilung der Organisation „Land sichert Versorgung“.

Flughäfen und Ballungsräume bleiben unangetastet

„Ein Blick in die Details zeigt, dass mit den Häfen, Flughäfen und Ballungsräumen sehrgroße Ammoniak-Emittenten völlig unangetastet bleiben. Hier wird mit fadenscheinigen Argumenten versucht, dass die Bevölkerung gut findet, dass die Erzeugung von Lebensmitteln im eigenen Land stark eingeschränkt oder sogar eingestellt wird“, echauffieren sich die Bauern.

Ingo Hülser, Landwirt aus Spellen, stellte mit rund 25 Kollegen kurzfristig eine Solidaritätsaktion auf die Beine, bei der sich die Bauern mit Treckern, Hexlern und Baggern an der Kreuzung B8/Hammweg aufgestellt haben und einige von dort aus zu den Autobahnbrücken der A3 gefahren sind. So sollte eine „Kette“ von den Niederlanden bis ins Ruhrgebiet entstehen, um die Solidarität zu bekunden.

Szenen wie in den Niederlanden wünscht sich niemand

Besonders mitgenommen habe die Landwirte auch, dass die Polizei vor wenigen Tagen auf einen 16-jährigen geschossen haben soll, dessen Fahrerkabine glücklicherweise den Schuss abgefangen hat. Bei Protesten in Heerenveen waren zahlreiche Polizisten mit gezogener Waffe in Richtung der Trecker zu sehen. „Da ist eine Eskalationsstufe erreicht, die man sich nicht wünschen darf und kann“, betont Hülser.

Was die Bauern ebenfalls missbilligen, ist eine Änderung in der Düngeverordnung, die den Nitratabbau betrifft, der über die Grundwasserverordnung geregelt und über eine Formel berechnet werden soll. Als Beispiel führt der LSV an: „Es sind aktuell 30 mg Nitrat im Grundwasser, bei einem Grenzwert von 50 mg also unproblematisch. Es wurde errechnet, dass für den Standort 30 mg Nitrat abgebaut wurden. Diese 30 mg Denitrifikation werden nun wiederum zu dennoch vorhandenen 30 mg addiert und auf einmal hat der Brunnen 60 mg Nitrat und wird als „roter Brunnen“ ausgewiesen.“

Dadurch schaffe man sich „wieder einmal eine deutlich schlechtere Darstellung, als es in Wirklichkeit ist. Die Werte ändern sich ja lediglich auf dem Papier. Tatsächlich ändert sich: Nichts. Damit verschlechtern wir unsere Position in Brüssel noch weiter, als es momentan sowieso schon der Fall ist. Die Nitratwerte werden auch jetzt schon sehr viel schlechter angegeben als sie eigentlich sind.“

Das treibt die „holländischen Kollegen auf die Straße“

So würde in Brüssel das Signal ankommen, dass die bisher eingeleiteten Maßnahmen nicht ausreichend seien und die Landwirte würden weiter eingeschränkt werden. „Und plötzlich haben wir das gleiche Szenario wie in den Niederlanden. Stickstoff-Reduktion bis hin zum totalen Bewirtschaftungsverbot. Damit einhergehend massenhaft Betriebsaufgaben, Reduktion der Lebensmittelerzeugung im eigenen Land und Verschärfung der Abhängigkeit von Importen. Und das, obwohl uns die aktuelle Situation zeigt, wie anfällig die globalen Lieferketten sind“, warnt der LSV.

„Wir gucken da mit Sorge hin. Auch hier sind einige Betriebe teilweise seit Jahrhunderten in Familienbesitz und da ist die Sorge, dass man den Betrieb, der seit Generationen besteht, verliert. Das treibt dann auch die holländischen Kollegen auf die Straße“, sagt Ingo Hülser.