Dinslaken. Der evangelische Kirchenkreis Dinslaken startet eine Jahresaktion und richtet mit Veranstaltungen den Blick auf das Thema Armut.

Ich sage immer, ich sei bereits zu einer anderen Feier eingeladen – ist groß auf der Plakatwand zu lesen. Weiter würde es heißen: „weil mir das Geld für ein Geburtstagsgeschenk fehlt“. Kinderarmut in Deutschland, allgegenwärtig, doch meist nicht sichtbar – und viele wollen es nicht sehen, sind sich die Organisatoren der Aktion „Kein Kind in Armut“ des evangelischen Kirchenkreises sicher. Gestern stellten sie ihr Jahresprogramm zu diesem Thema im Café Komm vor.

„Seit Jahren führen wir Diskussionen über Kinderarmut, werden Konzepte erarbeitet, stellen Politiker ihre Visionen vor jeder Wahl vor, doch Kinderarmut gibt es wie eh und je“, berichtet Alexandra Schwedtmann, Geschäftsführerin der Diakonie. Seit 18 Jahren sei sie Sozialarbeiterin und werde noch immer damit konfrontiert. Nun hätte die Bundespolitik eine Kindergrundsicherung angekündigt – ob es klappt bliebe abzuwarten.

Nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben

Dabei sei es an der Zeit, endlich etwas zu unternehmen. 2,8 Millionen Kinder lebten in Deutschland in Armut – eine Situation, die man sich nicht leisten dürfe. „Ich möchte in einem Land leben, in dem Kinder willkommen sind und ein Kinderwunsch nicht von der Geldbörse abhängig ist. Ich wünsche mir ein Land, in dem jedes Kind die gleichen Chancen erhält“, so Schwedtmann. Ein Kind, dass in Armut aufwachse, habe es um ein Vielfaches schwerer, in seinem Leben etwas zu erreichen, teilzunehmen, sich eine gute Existenz aufzubauen und sich seine Träume zu erfüllen. „Auch arme Menschen haben Wünsche und Träume, wir als Gesellschaft müssen aufhören, ärmeren vorzuschreiben, wie sie zu leben haben.“

Aktionen in Kindergärten und Vorträge

Ziel sei es deshalb vor allem, ein Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen, ihnen die verschiedenen Facetten von Armut aufzuzeigen. Mit großflächigen Plakataktionen wollen die Akteure in den kommenden zwei Wochen aufmerksam machen, abgelöst werden die großen Plakate schließlich von kleineren an Litfaßsäulen und dergleichen. Gleichzeitig laufen Aktionen in den verschiedenen Kindergärten des ev. Kirchenkreises, es wird eine Fachtagung für alle Mitarbeiter geben aber auch Vorträge für jedermann. Der Kunstkurs am Mercator-Gymnasium in Duisburg entwirft derzeit eine Modelabel für Hoodies, Kapuzenpullover mit Aufschriften, die auf Armut aufmerksam machen sollen, die niederländische Saxion Hogeschool wird ihr Symposium in Dinslaken zum Thema abhalten, die Kita Am Park in Friedrichsfeld wird das Thema pädagogisch aufarbeiten und sich den Fragen stellen: Wie können Kindergeburtstage cool und ohne viel Geld gestaltet werden? Was können die Kitas dazu tun, wie können andere Wege beschritten werden, damit die Kindergartengruppen zusammen feiern können, ohne dass jemand außen vorsteht?

Andere sollen mitmachen

Die Organisatoren hoffen, dass sich die Aktionen wie ein Schneeballsystem ausbreiten, dass auch andere mitmachen, die katholische Kirche, die Moscheegemeinden, Institutionen aber auch Privatpersonen ihre Ideen einbringen. „Unser Ziel ist es, Armut sichtbar zu machen und die Gesellschaft zu sensibilisieren“, so Schwedtmann. „Vor allem müssen wir wegkommen von Schuldzuweisungen“, fügt sie hinzu. „Denn niemand ist wirklich schuld an seiner Misere.“ Viele aber würden in eine Teufelsspirale geraten, hier müsse man helfen. „Nur wer finanziell gut versorgt ist hat eine Chance. Hier kann eine Kindergrundsicherung helfen.“

Plakatmotive stammen von betroffenen Kindern

Die Plakate wurden zwar von Julia Benning und Guido Meyer gestaltet, die sieben Motive jedoch stammen von betroffenen Kindern. Im Rahmen der Aktion werden Vorträge und Diskussionsabende stattfinden. Eine Lesung und eine Diskussionsrunde zum Thema „Eine neue Arbeiterklasse?!“ mit Julia Friedrichs und Präses i.R. Dr. Nikolaus Schneider findet am 1. September, 19 Uhr, im Ledigenheim statt. Am 13. September, 18.30 Uhr müssen sich Mitglieder „Der neuen Regierung auf die Finger schauen“ lassen und sich den Fragen stellen „Was ist aus den Wahlprogrammen zum Thema Kinderarmut (Kindergrundsicherung, Kindergeld, Kinderfreibetrag...) geworden. Der Ort wird noch bekanntgegeben. Weitere Vorträge, darunter mit Prof. Christoph Butterwege, sind in Planung.