Dinslaken. Auf einem Dinslakener Friedhof kommt es häufiger zu Diebstählen. Mehrmals wurde auch das Grab eines Kindes geplündert. Die Mutter ist entsetzt.

Bunte Windmühlen drehen sich vor einer Schale hellblauer Vergissmeinnicht, ein Schwarm rosafarbener Schmetterlinge ist auf der Erde gelandet, zwei Solarblumen sorgen für ein wenig Licht in der Nacht. Ein kleines Mädchen wurde hier, auf dem evangelischen Friedhof in Hiesfeld, zur letzten Ruhe gebettet. Die Grabstätte und der Schmerz sind noch frisch und der Anblick rührt zu Tränen. Trotzdem wird dieses Grab immer wieder von Dieben heimgesucht. Und es ist nicht das einzige auf dem kleinen Friedhof zwischen Kurt-Schumacher-Straße und Krähenbrink.

Dreimal schon wurde etwas vom Grab ihrer Tochter entwendet, berichtet die Mutter des Mädchens. Ein weißer Keramikengel, ein Strauß Tulpen, eine Blumenschale. Den Engel haben „Freunde ihr gebracht“, so die Mutter und er war innerhalb eines Tages verschwunden, so schnell, dass sie selbst ihn noch nicht einmal gesehen hat. Auch wenige Gräber weiter haben sich Unbekannte bedient: zwei Blumensträuße wurden innerhalb weniger Tage gestohlen. „Der erste verschwand Dienstagabend, oder Mittwochmorgen. Mein Vater besorgte Mittwoch sofort einen frischen, der dann am Donnerstag ebenfalls weg war“, berichtet die Tochter der Verstorbenen.

„Wie kann man nur Tote bestehlen?“

Für die Angehörigen ist ein solcher Übergriff nur schwer auszuhalten: „Mama ist erst vor einem halben Jahr verstorben, das Datum steht am Kreuz“, sagt die Tochter der Verstorbenen: „Wie kann man nur Tote bestehlen? Wir sind voller Trauer, vermissen Angehörige und dann so etwas.“

Das kleine Mädchen ist erst vor wenigen Monaten verstorben, der Schmerz der Eltern kaum vorstellbar. Dass jemand ihr totes Kind bestiehlt, habe sie „sehr aufgewühlt und extrem traurig gemacht“, sagt die Mutter. „Ich war während der Krankheit meiner Tochter schon oft hilflos, weil ich nichts tun konnte. Nun stehe ich wieder hilflos daneben.“ Sie möchte nun die Friedhofsgärtner ansprechen und bitten, ein Auge auf die Grabstelle zu haben. „Allerdings stelle ich mir das auch schwierig vor“, sagt sie, bei dem schönen Wetter zuletzt „bringt ja jeder etwas zum Grab.“

Pfarrer: „Entsetzlich und verabscheuenswürdig“

„Entsetzlich und verabscheuenswürdig“, findet Pfarrer Sven Hesse ein solches Verhalten – auch angesichts der Tatsache, dass jeder auf den Grabsteinen die Lebensdaten nachlesen und somit erkennen könne, wie frisch der Verlust für die Angehörigen noch sei. Es komme derzeit häufiger zu Diebstählen, die Gemeindeverwaltung steht dem hilflos gegenüber. Man habe einmal eine Zeit lang versucht, den Friedhof abends und in den Nachtstunden abzuschließen. Abgesehen davon, dass das Tor auch verschlossen niemanden ernsthaft abhalte, habe das nur diejenigen Gemeindemitglieder verärgert, die abends – etwa nach Feierabend – noch ihre Angehörigen besuchen wollten, berichtet der Pfarrer. Derzeit ist das Tor nachts geöffnet – auch, wenn der Pfarrer vermutet, dass die Diebe nicht tagsüber zuschlagen. Denn dann sei die Gefahr, von Angehörigen oder den Gärtnern auf dem übersichtlichen Gelände erwischt zu werden, recht hoch.

Polizei empfiehlt, Diebstähle anzuzeigen

Bei der Polizei würden häufig Diebstähle auf Friedhöfen angezeigt, so Peter Reuters, Sprecher der Kreispolizeibehörde. Das Problem bei der Suche nach den Tätern sei, „dass die meisten Geschädigten nicht täglich ihre Grabstätten aufsuchen und so oft ein enormer zeitlicher Verzug zwischen Tat und Tatentdeckung entsteht. Das macht die Ermittlungsarbeit nicht einfacher.“

Neben dem materiellen Schaden „führt vor allem der gefühlte beziehungsweise emotionale Schaden zu extremem Unverständnis und Wut“, so seine Erfahrung. Es gebe aber auch Ermittlungsansätze, um solche Taten aufzuklären. „Zum einen gibt es regelmäßig Zeugen, die in der infrage kommenden Tatzeit verdächtige Beobachtungen gemacht haben, zum anderen tauchen entwendete Buntmetalle immer mal wieder auf, wenn die Täter versuchen sie zu Geld zu machen.“

Im vergangenen Jahr konnte die Polizei etwa in Wesel einen Täter festnehmen, der für eine Diebstahlsserie auf Friedhöfen verantwortlich war, bei der vor allem Urnengräber angegangen wurden. „Wir sind natürlich immer auch auf aufmerksame Bürgerinnen und Bürger angewiesen“, so Reuters. Er appelliert er an Friedhofsbesucher, „verdächtige Beobachtungen, etwa Menschen, die im Bereich von beziehungsweise auf Friedhöfen herumlungern oder ganz offensichtlich keine Friedhofsbesucher sind, unmittelbar der Polizei melden.“ Ansonsten hilft vielleicht nur, an das Gewissen der Diebe zu appellieren, die sich vielleicht einmal den Schmerz vor Augen führen sollten, den sie verursachen.

>> Die Lage auf kommunalen Friedhöfen

Auch auf den kommunalen Friedhöfen gab es in den vergangenen Jahren „vereinzelte Fälle von Diebstahl bei der Frühjahrs- oder Herbstbepflanzung“, sagt Stadtsprecher Marcel Sturm auf Anfrage. In diesem Jahr aber „gab es dahingehend noch keine Vorkommnisse, die der Friedhofsverwaltung bekannt geworden sind.“ Es sei aber möglich, dass Diebstähle der Friedhofsverwaltung nicht gemeldet wurden.