Kreis Wesel. Impf-Ärzte des Kreises Wesel haben Bürgern das Boostern mit Verweis auf die Sechs-Monats-Frist verweigert. In einem Fall ging es um drei Tage.

„Boostern Sie Ihren Impfschutz für den Winter.“ Dazu rief Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Rahmen seiner eigenen Auffrischungsimpfung auf. Aber nicht jeder Bürger im Kreis Wesel, der dem Aufruf folgt, wird auch geimpft. Einigen wurde die Booster-Impfung auch von Ärzten des Kreises Wesel verweigert, weil die Frist von sechs Monaten nach der zweiten Impfung noch nicht ganz abgelaufen war. In einem Fall fehlten ganze drei Tage.

Hünxer wurde dreimal abgewiesen

Wolfgang Mertens aus Hünxe ist 67 und gehört, wie er meint, zur Risikogruppe. Er hat an gleich drei Stellen versucht, seine Corona-Impfung aus dem Mai auffrischen zu lassen – und ist dreimal abgeblitzt. Im Impfzentrum des Kreises Wesel an der Dinslakener Trabrennbahn war nachmittags die Schlange zu lang – und abends der Impfstoff alle. Beim mobilen Impfteam in Lohberg habe man ihn auf die akribische Einhaltung der Sechs-Monats-Frist verwiesen, berichtet Wolfgang Mertens, „obwohl sich alle einig waren, dass dies in Anbetracht der dramatischen Entwicklung mit Covid-19 ein Witz ist.“

Dasselbe im Impfzentrum des Kreises in Wesel: „Wegen der fehlenden drei Tage wurde ich abgewiesen“, berichtet Wolfgang Mertens. Es seien „nicht nur die Impfgegner, sondern auch Geschichten wie meine, die mögliche Erklärungen für den niedrigen Stand der Impfquote in Deutschland liefern“.

Bei den Eltern von Silvia Ragsch fehlten zwei Wochen zur Sechs-Monats-Frist. Beide sind über 60 Jahre alt, beide vorerkrankt. Den Eltern sei am Impfmobil des Kreises Wesel in Dinslaken die Impfung verweigert worden – „mit der Begründung, sie seien zwei Wochen zu früh“, berichtet Silvia Ragsch. Auf den Hinweis, dass Gesundheitsminister Spahn ebenfalls eine Impfung vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist empfehle, sei ihnen entgegnet worden „nicht Herr Spahn impfe, sondern sie“.

Das sagt der Kreis Wesel

Die offizielle Formulierung dieses Satzes lautet: „Bei den Empfehlungen des Bundesgesundheitsministers handelt es sich um Presseäußerungen, nicht um eine Rechtsgrundlage“, diese Auskunft erteilt der Kreis Wesel auf entsprechende Anfrage der NRZ. Jens Spahn und der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, haben sich in einem Schreiben an alle Vertragsärzte dafür ausgesprochen, allen Menschen ab 18 Jahren eine Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus zu ermöglichen – auch wenn die letzte Impfung noch nicht sechs Monate her sei. Der Abstand sei „als zeitliche Richtschnur zu verstehen, der natürlich nicht tagesgenau einzuhalten ist“, so das Schreiben.

Kreis verweist an Ärzte

Der Kreis Wesel sei aber an die Erlasse des Landes-Gesundheitsministeriums gebunden, die sich wiederum an der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) orientieren, heißt es aus dem Kreishaus. Die Stiko empfiehlt seit Donnerstag „allen Personen ab 18 Jahren“ die Auffrischungsimpfung, die „in der Regel im Abstand von sechs Monaten zur letzten Impfstoffdosis“ erfolgen solle. „Eine Verkürzung des Impfabstandes auf fünf Monate kann im Einzelfall oder wenn genügend Kapazitäten vorhanden sind, erwogen werden“, so die Stiko. Nach Rücksprache mit dem Ministerium in der vergangenen Woche „boostert der Kreis Wesel bereits seit Mittwoch Personen, deren Zweitimpfung maximal fünfeinhalb Monate zurückliegt“, so der Kreis. Bei „medizinisch begründeten Einzelfällen kann auch eine Impfung vor Ablauf der von der Stiko empfohlenen Frist erfolgen.“ Dann aber sollen sich die Betreffenden an den Arzt wenden.

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Es ist „ausreichend Impfstoff vorhanden“

An Impfstoff mangelt es dem Kreis Wesel jedenfalls nicht. Derzeit sei „ausreichend Impfstoff vorhanden“. Auch zu den von Minister Spahn angekündigten möglichen Einschränkungen des Impfstoffs von Biontech „liegen dem Kreis Wesel keine offiziellen Informationen vor“, heißt es. Insgesamt hat der Kreis Wesel seit Ende September 10.000 Bürger geimpft.