Dinslaken. Zwar sind die Läden voll, aber bei Bestellungen gibt es Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Manche Ersatzteile sind wegen der Coronapandemie knapp

In vielen Branchen herrschen aktuell Lieferengpässe. Durch die Coronapandemie wurden so manche Lieferketten nicht eingehalten, zahlreiche Komponenten fehlen und diverse Materialien kommen deutlich verspätet bei den Händlern und letztendlich auch beim Kunden an. Selbst im Fahrradhandel gibt es große Probleme. Die Nachfrage ist während der Pandemie stark gestiegen und die Hersteller kommen kaum hinterher. „Einige Händler warten bis heute noch auf bis zu 40 Prozent der Räder, die sie bereits im vergangenen Jahr bestellt haben“, sagt Hans-Peter Obermark vom Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ).

„Es gibt keine Ausnahmen“

„Wir spüren das in vielen Bereichen. Die Lieferungen kommen leider nicht so, wie man sich das wünscht. Davon sind alle Händler betroffen, es gibt keine Ausnahmen. Wir haben einige offene Aufträge. Die Wartezeiten betragen bis zu zwölf Monate“, erzählt Marc Nellessen, Inhaber von „Der Fahrradladen“ in der Altstadt. Die Lieferanten könnten keine festen Termine zusagen, alles ist ohne Gewähr und es könnte auch immer wieder sein, dass mal „ein Container hängen bleibt“ oder ähnliches. Da habe man als Kunde die Optionen, die längere Wartezeit in Kauf zu nehmen oder sich für etwas anderes zu entscheiden, sagt Nellessen.

Vielleicht nicht gerade das Traumrad, aber Fahrräder gibt es noch in den Läden in Dinslaken und Voerde. Obwohl die Vorräte und auch die Ersatzteile immer knapper werden.
Vielleicht nicht gerade das Traumrad, aber Fahrräder gibt es noch in den Läden in Dinslaken und Voerde. Obwohl die Vorräte und auch die Ersatzteile immer knapper werden. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Er sei mit seinem aktuellen Angebot aber zufrieden, „weil wir gut vorgearbeitet haben. Ich habe im Mai schon nachbestellt und kann über 100 verschiedene E-Bikes anbieten. Die Leute haben schon festgestellt, dass wir im Vergleich zu einigen anderen Händlern noch eine große Auswahl haben, weil wir frühzeitig geschaltet haben“, freut sich der Geschäftsinhaber. Die Nachfrage sei nach wie vor hoch und die Kunden gingen mittlerweile zeitig los, „weil sie wissen, dass es Engpässe gibt und festgestellt haben, dass es schwierig sei, sich ,mal eben’ ein Fahrrad zu holen.“

Die Frachtkosten sind angestiegen

„Die Kaufkraft und der Wille sind da und es ist traurig, wenn man als Kaufmann sagen muss, ich kann das Geld nicht annehmen, weil ich dem Kunden nicht das bieten kann, was er möchte, aber so ist es leider“, so Nellessen. Durch die Lieferengpässe seien auch die Preise radikal angestiegen, gerade die Frachtkosten. „Ein 40-Fuß Container ist von 2000 auf 14.000 US-Dollar gestiegen. Das ist immer noch der gleiche Container und es gibt auch nicht mehr Platz drin. Da muss man natürlich schauen, was man mitbekommt und die Menge der Artikel zu einem Preis verrechnen“, sagt Nellessen.

Zusammen mit den Preiserhöhungen bei den Herstellern komme es dann vor, dass ein E-Bike 200 Euro teurer sei als zuvor und das auch fast ausnahmslos jeden Hersteller betreffe. „Als Händler wird man dadurch aber nicht reich, weil der Einkaufspreis immens steigt und man das alles umlegen muss. Glücklicherweise sind die Kunden dennoch zum Kauf bereit. Sie wollen fahren. Die Leute konnten zum Beispiel nicht zwei Wochen nach Rhodos fliegen und haben stattdessen Radtouren am Niederrhein oder an Nord- und Ostsee gemacht“, meint der Fahrradhändler.

Fahrrad-Leasing hat „den Markt aufgefrischt“

Gerade der Verkauf der E-Bikes sei immens gewachsen, aber auch das Fahrrad-Leasing habe „den Markt aufgefrischt. Nicht jeder hat zwei- bis 3000 Euro für ein E-Bike übrig und ist dann froh, wenn er oder sie das Gefährt trotzdem für einen gewissen Zeitraum nutzen kann. Auch von Arbeitgebern wird das Angebot gerne wahrgenommen. Vielleicht können sich die Unternehmen keine Firmenwagen erlauben, aber bieten zumindest ein ,Job-Rad’ an. Das läuft über drei Jahre, schafft einen Anreiz und bietet auch eine gewisse Sicherheit, dass man über einen längeren Zeitraum in dem Unternehmen bleibt“, findet Nellessen.

Eng ist es beim Zubehör

Bei Zweirad Vogel ist die Auswahl an Fahrrädern nach wie vor groß – „und wir können auch Kinderaugen an Weihnachten zum Strahlen bringen“, verspricht Joachim Vogel. Allerdings können die Kunden nur zwischen den Rädern wählen, die vor Ort sind. „Das sind die Fahrräder, die schon im vergangenen Jahr ankommen sollten und die nun endlich da sind“, so Joachim Vogel. Die Modelle für 2022 werden erst Mitte des kommenden Jahres erwartet. Wirklich eng wird es seit geraumer Zeit beim Zubehör: Hersteller Shimano etwa lasse den Großteil der Waren in Malaysia produzieren – und dort stehe coronabedingt seit einem Jahr die Produktion fast still, so Vogel. Auch wer einen speziellen Fahrradschlauch wünsche, müsse sich oft mit einem anderen Modell begnügen. Mangel an Fahrradschläuchen - das habe es zuletzt im Krieg gegeben, sagt der Händler.

Bei den Händlern in Voerde sieht es ähnlich aus

Volker Wüster, zusammen mit seinem Bruder Michael Geschäftsführer des gleichnamigen Fahrradladens in Voerde, schildert die Situation ähnlich: „Es kommen schleppend ein paar Fahrräder nach. Es ist nicht wie sonst, dass wir eine größere Stückzahl einlagern und die dann abverkaufen. Aber das ist mittlerweile auch bei den Kunden angekommen, dass man eine längere Wartezeit in Kauf nehmen muss. So kann es mitunter bis zu einem Jahr dauern, bis ein Kunde sein gewünschtes Fahrrad bekommt.“

„Wir arbeiten mit namhaften Herstellern zusammen und versuchen möglichst immer alles da zu haben, aber man kann aktuell nicht davon ausgehen, dass es auch so ist“, betont der Geschäftsführer. „Wir haben im Sommer schon für nächstes Jahr geordert und es heißt, dass die Räder eventuell sogar zugeteilt werden“, sagt Wüster. Er könne jedem Kunden nur empfehlen, sich bei Interesse rechtzeitig um ein Fahrrad zu kümmern, denn „wenn man erst im März oder April kommt, kriegt man nichts“.