Dinslaken. Die Stadt Dinslaken genehmige seit Monaten so gut wie keine Anträge, Anrufer würden unhöflich abgewiesen, wirft der Integrationsrat der Stadt vor.
Ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben, können sich unter bestimmten Umständen einbürgern lassen. Das gilt auch in Dinslaken. Theoretisch. Praktisch hat der Integrationsrat den Eindruck, dass „seit langer Zeit in Dinslaken so gut wie kein Antrag auf Einbürgerung akzeptiert“ werde, so Ahmad Khartabil, Mitglied des Integrationsrates. Am Mittwoch soll die Stadtverwaltung bei der Sitzung des Integrationsrates dazu Rede und Antwort stehen.
Das Problem scheint es schon mindestens seit Jahresbeginn zu geben. Schon im Dezember 2020 hat die Stadt Dinslaken im Rahmen der coronabedingten Einschränkungen in den Behörden mitgeteilt, dass ein „Personalengpass“ in der Ausländerbehörde bestehe. „Einzelne Anträge“ wie Anträge auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis und Einbürgerung könnten deswegen nicht bearbeitet werden.
Stadt gelobte im Mai Besserung
Im Mai gab es deswegen eine emotionale Aussprache im Stadtrat. Die AWG hatte das Thema auf die Tagesordnung gebracht und warf der Stadt Diskriminierung vor. Ausländische Mitbürger würden zum Teil seit mehr als einem halben Jahr auf eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung warten, Ärzte könnten nicht arbeiten, junge Menschen ihre Ausbildung nicht aufnehmen, Familien nicht zu Beerdigungen ins Ausland fahren. Die Ausländerbehörde reagierte gar nicht oder patzig, so der Vorwurf. Etwa 300 Bürger waren zu diesem Zeitpunkt nach Schätzungen des Integrationsrats davon betroffen.
Die Stadt erklärte das im Mai mit Personalproblemen. Von acht Stellen seien drei nicht besetzt, erläuterte damals Christiane Wenzel, Leiterin des Geschäftsbereichs Bürgerservice, Recht und Ordnung. Die Stadtverwaltung versprach Abhilfe, wollte weitere Mitarbeiter schulen. Das hat bislang offenbar nicht zu Ergebnissen geführt.
Integrationsrat: Anträge warten seit zwei Jahren auf Bearbeitung
„Es gibt Fälle, die schon seit Februar auf einen Termin für die Antragstellung warten – erfolglos“, so Khartabil. Es handele sich besonders um hoch qualifizierte Menschen, die etwa im Gesundheitssystem arbeiten würden und allen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen würden, so der Integrationsrat. Wenn die Betroffenen mit Anrufen durchkämen, würden sie „unhöflich aufgefordert, nicht mehr anzurufen“. Die Stadt werde sich schon melden. Es gebe aber bereits gestellte Anträge, die seit mehr als zwei Jahren auf Bearbeitung warten – und die Sachbearbeiterin habe nach eigener Auskunft noch nicht einmal angefangen. „Wir verstehen diesen Stau nicht“, sagt Khartabil.
Stadt Dinslaken will sich in der Sitzung am Mittwoch erklären
Der Integrationsrat hat das Thema auf die Tagesordnung seiner Sitzung am Mittwoch, 27. Oktober (17 Uhr, Rathaus) gesetzt. Einbürgerung sei schließlich „die höchste Stufe der gelungenen Integration“, so der Integrationsrat, der sich dabei explizit auf die Worte des Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier bezieht: „Wenn die Voraussetzungen für eine Einbürgerung gegeben seien, sollten in Deutschland lebende Ausländer ihr Recht darauf auch nutzen“ hat dieser erst im Mai gesagt.
Das Gremium möchte nun von der Stadt wissen, wie viele Einbürgerungsanträge 2020 und 2021 gestellt und wie viele davon bearbeitet, genehmigt oder abgelehnt wurden. Auch soll die Stadt darlegen, wie lange die Bearbeitung in Dinslaken und in NRW durchschnittlich dauere, wie lange die Wartezeit aufeinen Ersttermin sei und wie viele Sachbearbeiter – oder Stellen – für die Bearbeitung der Einbürgerungsanträge zuständig sind.
Das sagt die Stadt Dinslaken
„Es werden Einbürgerungsanträge nicht abgelehnt, sondern wegen der hohen Anzahl der Anträge in der Bearbeitung zurückgestellt,“ betont Stadtsprecher Marcel Sturm auf Nachfrage der NRZ. Die Bearbeitung erfolge „in aller Regel nach Antragseingang, es sei denn, es liegt ein besonderer Grund vor, der ein Vorziehen des Antrags rechtfertigt.“ Aktuell gebe es laut Stellenplan für Einbürgerungen nur eine Stelle, eine weitere Teilzeitkraft werde vom Land gefördert. Derzeit seien 180 Anträge auf der Warteliste, 80 Fälle in Bearbeitung.
>>Zahlen
Im Jahr 2020 wurden in Dinslaken 63 Personen eingebürgert und 13 Staatsangehörigkeitsausweise ausgehändigt. Diese Zahlen entsprechen in etwa den Zahlen des Vorjahres, so die Stadt Dinslaken im Haushaltsplan.
In Dinslaken leben rund 5.710 drittstaatsangehörige Ausländer (inklusive Großbritannien), das sind ca. 81 Prozent aller rund 7.066 in Dinslaken lebenden ausländischen Staatsangehörigen, so die Stadt.