Voerde. Künftig gehört Voerde einem linksrheinisch geprägten Landtagswahlkreis an. SPD-Kandidat René Schneider haderte mit dem Neuzuschnitt nicht lange.

René Schneider war von der eigenen Partei noch gar nicht nominiert, geschweige denn von Wählern erneut in den Landtag geschickt, schon brachte er sich in Stellung: Als klar war, dass auch Voerde künftig zu seinem Wahlkreis 57 Wesel II gehören wird, erklärte der Abgeordnete aus Kamp-Lintfort, auch die rechtsrheinische Stadt fortan im NRW-Parlament zu vertreten. Bei der CDU kam das naturgemäß gar nicht gut an. Sie fragte Ende Januar, ob Schneider die Wahl im Mai 2022 etwa schon gewonnen habe. Charlotte Quik bleibe bis dahin weiter die für Voerde zuständige Landtagsabgeordnete, konstatierte Ingo Hülser, der dortige CDU-Fraktionschef.

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Dass die etwas gereizte Reaktion der Konkurrenz ihm durchaus ein wenig Freude zu bereiten schien, kann René Schneider nicht verbergen. Ein kurzes Grinsen huscht, angesprochen auf das Vorpreschen damals, über sein Gesicht. Sicher, er hätte mit dieser Aussage bis zu seiner Nominierung als Landtagskandidat warten können. Doch für ihn sei klar gewesen, dass er für die SPD auch 2022 wieder antreten wolle – unter dem Vorbehalt, dass sie ihn erneut ins Rennen schickt. „Da habe ich mich gefragt, ,worauf willst du warten’.“ Außerdem fasse er die Beschlüsse im NRW-Parlament für das ganze Land – ergo auch für Voerde.

Bei der nächsten NRW-Wahl bildet die rund 36.000 Einwohner zählende Stadt mit Alpen, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Sonsbeck und Xanten einen Wahlkreis. Das noch dazu gehörende Vluyn wird neu zugeteilt: Ganz Neukirchen-Vluyn gehört dann mit Moers dem Wahlkreis 59 Wesel IV an. Der vom Landtag Ende Januar beschlossene Neuzuschnitt der Wahlkreise, mit dem Voerde als einzige rechtsrheinische Kommune im Kreis Wesel mit fünf anderen am linken Niederrhein ein Gefüge formt, hat bei den betroffenen Genossen zunächst ein Grummeln ausgelöst. „Da war erst einmal ein Schlucken und die Frage, was passiert da“, berichtet René Schneider. Doch das Hadern dauerte nicht lange. „Es ist jetzt, wie es ist“, sagte sich auch Schneider. Er machte mit der Voerder SPD-Spitze in Partei und Fraktion, Stefan Weltgen und Uwe Goemann, und Bürgermeister Dirk Haarmann rasch eine WhatsApp-Gruppe auf.

WhatsApp-Gruppe mit Voerder SPD-Spitzen

Diesen schnellen Weg der Kommunikation nutzt Schneider beispielsweise, wenn er eine Einschätzung braucht, ob dieser oder jener Punkt in Voerde ein Thema ist. „Ich stoße hier auf eine riesige Unterstützung“, sagt er. Anfang Juli stellte sich er sich im Neuland Voerde zur Wahl und erhielt dort deutlichen Rückenwind für das Rennen um den erneuten Einzug in den Landtag: Bei der SPD-Wahlkreiskonferenz votierten alle 31 Stimmberechtigten für seine Kandidatur. Mit der Ortswahl habe er „ein Signal nach Voerde“ gesetzt, da sein zu wollen. Den Einladungen zu der Veranstaltung in „De alde school“ in Löhnen waren Fahrkarten für die Fähre von Orsoy nach Walsum beigefügt – für die Voerder in die entgegengesetzte Richtung.

Der Rhein, den Schneider an jenem Morgen für das Gespräch mit der NRZ in Götterswickerhamm über die Brücke in Wesel passiert hat, soll kein trennendes Element sein. Der gelernte Journalist, der 2012 erstmals in den Landtag eingezogen ist, verweist auf das Verbindende des Flusses: Wohnen am Rhein, Tourismus am Rhein – dies sei dies- und jenseits des Stroms ein Thema, insbesondere in Voerde und in Rheinberg, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Nicht zu vergessen das wichtige Thema des Hochwasserschutzes: „Ein Deichbruch darf nie passieren. Es wäre nicht auszudenken, was geschehen würde“, sagt Schneider.

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Parallelen sieht er auch zwischen seiner Heimatstadt Kamp-Lintfort und Voerde: „Der Strukturwandel treibt uns beide an“, sagt Schneider mit Blick auf den bereits länger zurückliegenden Rückzug des Bergbaus in der linksrheinischen Stadt und die Schließung des Kohlekraftwerks in der Kommune auf der anderen Seite des Flusses. Obwohl das Ende der „Stromfabrik“ in Möllen vonseiten des Betreibers, der Steag, als Folge der Energiewende erklärt wurde, fand der Standort im Kohleausstiegsgesetz des Bundes mit milliardenschweren Strukturhilfen für die betroffenen Regionen keine Berücksichtigung. Begründung: Das Kraftwerk in Voerde sei bereits zwei Jahre vor dem Beschluss stillgelegt worden. Für Schneider eine nicht nachvollziehbare Haltung.

Was die Folgenutzung der Fläche betrifft, lobt er das Vorgehen von Stadtrat und Bürgermeister, die sich weiterhin für „Wohnen am Wasser“ stark machen. Die Idee sei naheliegend. Dass sie sich am Ende trotz landesplanerischer Hürden auch umsetzen lässt, da gibt sich Schneider zuversichtlich. Die „niederrheinische Sturheit und Hartnäckigkeit“ könnten bei den anstehenden Gesprächen unter anderem mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) hilfreich sein, glaubt er. Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Tour mit dem Landtagskandidaten durch Voerder Stadtteile geplant

In Voerde will sich Schneider im Herbst mit einer Tour durch die Stadtteile in Begleitung der jeweiligen SPD-Ratsmitglieder vorstellen. Der 45-Jährige möchte, wie er sagt, wissen, was die Themen der Menschen dort sind: „Ich möchte ein Gespür dafür bekommen. Das ist jetzt meine Hausaufgabe.“