Dinslaken. Im Rat ging es hoch her. Die vier großen Parteien drückten den dritten Beigeordneten durch. Die kleinen Parteien sprechen von Postengeschacher.
Die Beigeordnetenfrage sorgte am Dienstagabend für offenen Streit zwischen den Fraktionen im Rat. Die kleinen warfen den großen Fraktionen Postengeschacher, undemokratisches Verhalten und Hinterzimmergespräche vor. Hintergrund: CDU. SPD, Grüne und UBV hatten sich im Vorfeld, wie berichtet, auf die Schaffung einer dritten Beigeordnetenstelle geeinigt, wenn die aktuelle Erste Beigeordnete und Sozial- und Schuldezernentin Christa Jahnke-Horstmann im Dezember in Pension geht. Außerdem soll der bisherige Kämmerer und Planungsdezernent die Position des Ersten Beigeordneten bekommen – dann aber nur noch als Planungsdezernent. Die kleinen Parteien fühlten sich übergangen und auch die Bürgermeisterin war nicht in die Gespräche eingebunden.
Das beantragten die großen Parteien
Den entsprechenden Antrag hatten CDU, SPD, Grüne und UBV der Stadtverwaltung am Freitag eingereicht. Die Stadt hat das Ganze in eine ergänzende Stellungnahme gegossen, die aber erst wenige Stunden vor der Sitzung ins Ratsinformationssystem eingestellt worden war.
Die Stadt sollt, so beantragten CDU, SPD, Grüne und UBV, solle die stellenplanmäßigen Voraussetzungen für eine dritte Beigeordnetenstelle schaffen, die Stelle des Zweiten Beigeordneten und Kämmerers ausschreiben und mit der Besetzung eine Personalagentur beauftragen.
Einen Vorschlag, wie die Stadtverwaltung künftig umzuorganisieren sei, haben die vier Fraktionen gleich dazu gelegt: Demnach soll der Vorstandsbereich II von Thomas Palotz die Gebiete Liegenschaften und Bauaufsicht, Bauen und den Din-Service umfassen. Der Vorstandsbereich IV der jetzigen Ersten Beigeordneten Christa Jahnke-Horstmann und des/der künftigen Zweiten Beigeordneten soll die Bereiche Bildung, Kultur, Freizeit, Sport, Europa, Jugend und Soziales umfassen. Und der neue Vorstandsbereich III des künftigen Kämmerers soll auch die Bereiche Digitalisierung und Wirtschaftsförderung umfassen.
Das sagt die Bürgermeisterin dazu
Die Wirtschaftsförderung ist aber bisher Chefinnensache und Bürgermeisterin Michaela Eislöffel hat auch nach der Gemeindeordnung bei der Geschäftsverteilung innerhalb der Verwaltung ein Wörtchen mitzureden. Der Rat müsse zunächst versuchen, „das Einvernehmen mit der Bürgermeisterin über die Geschäftsverteilung herzustellen.“ Von beiden werde dabei „Kooperation“ und ein Bemühen um Einvernehmen vorausgesetzt. Zudem müssten noch rechtliche Fragen geklärt werden.
Das sagen die kleinen Parteien
Gerade Kooperation vermissten aber FDP, Linke, Partei und AWG bei dem Verhalten der größeren Parteien. Als Niklas Graf, Fraktionschef der Grünen, von einem „fairen“ Prozedere sprach, in das alle Parteien einbezogen worden seien, platzte Gerald Schädlich (Fraktionsvorsitzender der FDP) und Gerd Baßfeld (Fraktionsvorsitzender der Linken) der Kragen. „Unmöglich“ und „ganz schlechter Stil“ schimpfte Schädlich. Es sei von den Grünen und Niklas Graf persönlich enttäuscht, wetterte Gerd Baßfeld. Die kleinen Fraktionen seien nicht einbezogen, lediglich recht knapp vor der Ratssitzung angerufen und auch nur in Teilen informiert worden. „Was ist das eigentlich für ein Demokratieverständnis?“ wütete Baßfeld und gab sich die Antwort selbst: „Da geht es nur um Pfründe, wer irgendwo etwas bekommt“: Die CDU stelle mit Palotz künftig den Ersten Beigeordneten, die SPD – die Christa Jahnke-Horstmann vorgeschlagen hatte – den Kämmerer und die Grünen künftig womöglich den neuen, dritten Beigeordneten: „Das ist das Allerletzte“, schloss Baßfeld. „Die Grünen schaffen sich selber ab“, befand Thomas Giezek (FDP). Sie hätten, so ergänzte Dieter Holthaus (Linke) immer für Transparenz geworben. „Und fangt ihr, die die Bürgermeisterin unterstützt haben, an, sie zu demontieren. Das geht mir persönlich nah.“
Das wurde beschlossen
Am Ende beschlossen SPD, CDU, Grüne und UBV qua Mehrheit, Palotz zum Ersten Beigeordneten zu machen, die Verwaltung zu beauftragen, die Voraussetzungen für eine dritte Beigeordnetenstelle vozubereiten, das Stellenbesetzungsverfahren für die beiden Beigeordnetenstellen einzuleiten und eine Personalagentur zu beauftragen. Lediglich beim letzten Punkt stimmten die Grünen nicht zu – wegen der Kosten für die Personalagentur. Die Organisationsstruktur der Verwaltung wurde ausgeklammert.
Zumindest die FDP, die wegen der Kurzfristigkeit gebeten hatte, den Punkt zu schieben, kündigte den großen Fraktionen die Kooperation auf. Denn bislang war ungeschriebenes Gesetz, dass sich alle anschließen, wenn eine Fraktion noch Beratungsbedarf hat und schieben möchte. Zudem soll das Verfahren rechtlich geprüft werden.
Das sind die Kosten
Die Einrichtung der dritten Beigeordnetenstelle kostet jährlich 149.000 Euro. Die Beauftragung der Personalagentur jede Ausschreibung ca. 50.000 Euro.