Dinslaken. Andreas Deja stand den Fragen der Stufe 5 seiner alten Schule, dem Theodor-Heuss-Gymnasium, per Videokonferenz Rede und Antwort

„Können Sie den mal einladen?“ Die Frage musste ja kommen, als Dominik Schulz den Kindern seiner fünften Klasse im Deutschunterricht erzählte, dass ein Schüler wie sie einst am THG die Schulbank gedrückt hat und dann Zeichner der weltberühmten Disney-Studios wurde. Dominik Schulz verneinte die Frage, derzeit könne doch keiner aus den USA hier anreisen. Aber die Digitalisierung ist nach einem Jahr Pandemie von den Schülerinnen und Schüler verinnerlicht worden: „Und was ist mit einer Videokonferenz?“

Eine außergewöhnliche Schulstunde

Klar, das geht! Am Montagmorgen war es auch soweit. Andreas Deja schaltete sich live aus Kalifornien in die Teams-Sitzung der fünften Klassen dazu. Fast 90 Kinder und ihre Lehrerinnen schalteten sich dazu, als Andreas Deja in Dominik Schulz’ wohl außergewöhnlichsten Schulstunde ihren Fragen Rede und Antwort stand.

Aber zunächst stellte die „Disney Legend“ – diese Auszeichnung erhielt er von dem Filmgiganten selbst – mit einem Querschnitt aus seinen Werken vor. Deja war so alt wie die Kinder, mit denen er Montag sprach, als er in der Lichtburg mit „Das Dschungelbuch“ seinen ersten Disney-Zeichentrickfilm im Kino sah. „Es hat mein Leben verändert“, sagt der 64-Jährige heute. Mit der Hilfe seines Englischlehrers am THG nahm er Kontakt zu Disney auf, stellte die Frage, was er tun müsse, um selbst dort Zeichner zu werden. Die Ratschläge aus Los Angeles beherzigte er. Mit Erfolg.

Es geht darum, Bewegungen zu erfassen

Denn worauf es ankam, war nicht etwa, gut eine Mickey Mouse oder einen Donald Duck nachzeichnen zu können. Es geht darum, Menschen, Tiere und ihre Bewegungen zu erfassen. Deja zeichnete im Zoo, zeichnete zuhause. Die Bilder zeigte er gestern im Unterricht.

Nach dem Abitur studierte Andreas Deja Illustration und Zeichnung an der Folkwang Hochschule. Und schrieb ein zweites Mal an Disney. Ein Jahr später, 1980, hatte er nach Abschluss seiner Probezeit einen Festvertrag in der Tasche. Und Disney erhielt von ihm Charaktere wie Scar und Herkules.

Zwischenzeichnungen werden komplettiert

Wie aber wird eine Disney-Figur zum Leben erweckt? Charakteristisch sind die ausladenden Gesten und die blitzschnellen Wechsel in der Mimik. Sie sind ein Resultat aus der Technik des Zeichentricks. Ein Chefzeichner wie Deja zeichnet die markanten Posen einer Szene. Expressiv, voller Spannung und ausdrucksvoll in Mimik und Gestik.

Lässt man diese Einzelbilder hintereinander laufen, erkennt man bereits die Schauspielerei, die gezeichnete Darstellerkunst der Figuren. Aber noch „ruckeln“ die Bilder. Ein Assistent komplettiere dann die Zwischenzeichnungen, die die Bewegungen dann rund und fließend erscheinen lassen. Zwölf bis 24 Bilder sind dafür pro Sekunde nötig. „Es ist wahnsinnig, aber es macht auch wahnsinnig Spaß“, beschreibt Deja den Aufwand des „klassischen, handgezeichneten Zeichentrickfilms. Denn selbst damit ist es noch nicht getan. Deja selbst zeichnet skizzenhaft, jemand anderes paust die Figuren dann auf Folie ab: So entstehen die typischen, glatten schwarzen Linien. Und danach wird noch jede Figur koloriert.

Disney hat sich längst auf Animationsfilme aus dem Computer verlegt. Und Deja arbeitet derzeit an seinem eigenen Zeichentrickfilm. „Mushka“ erzählt die Geschichte eines Mädchens und seines Tigers. In realistisch gezeichneten Bildern. Im Sommer soll der Kurzfilm fertig sein. Disney+ sei bereits sehr an einer Ausstrahlung interessiert.