Dinslaken. Nur wenige Bürger in Dinslaken nutzen die Test-Option zum Shoppen. Viele Läden öffnen gar nicht erst. Nun fordern die Händler die Luca-App.

Erst testen, dann shoppen. Seit zwei Wochen ist das im Kreis Wesel möglich – trotz 100er-Inzidenz. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wollte auf diesem Weg den Bürgern einen Anreiz zum Testen geben. In Dinslaken nutzen aber nur wenige Bürger die Test-Option zum Einkaufen – und viele Läden haben gar nicht erst geöffnet. Wir haben es ausprobiert.

Seit Beginn der Pandemie hat sich der Shoppingbummel als Selbstzweck erledigt. Aber es gibt Zwänge: Schuhe und Kleidung für schnell wachsende Teenies etwa, die nicht online gekauft werden können und sollen, auch weil der Handel vor Ort unterstützt werden will.

Terminorganisation vorm Stadtbummel

Wer shoppen gehen will, muss das in Coronazeiten planen. Wir buchen einen Schnelltest – und spekulieren auf Spontantermine in den Geschäften. Die kleine Hürde im Testzentrum der Burg-Apotheke ist schnell überwunden – hier ist eine FFP2-Maske erforderlich, das war vorher nicht ersichtlich.

Nicht alle Geschäfte auf der Neustraße sind geöffnet. Ein Tisch im geöffneten Eingang symbolisiert: Hier kann man auch spontan Termine vereinbaren. Die Verkäuferin bei „Schuh und Sport Boogen“ kontrolliert Tests und Ausweise, registriert die Zeit. Falls wir im Obergeschoss in der Sportabteilung stöbern möchten, sollen wir Bescheid geben, bittet sie. Nicht alle Abteilungen sind in Coronazeiten durchgehend besetzt.

„Sie dürfen auch gerne spontan bei uns reinschauen“, verspricht ein Zettel an der Schaufensterscheibe des Schuhhauses Dismer in der Neutor-Galerie. Weil für diesen Tag aber niemand im Vorfeld einen Termin vereinbart habe, sei der Laden geschlossen, erfahren wir an der Hotline. Andere Geschäfte im Einkaufszentrum haben nur an einzelnen Tagen geöffnet – „Shoe for you“ oder „Christ“ etwa.

Zehn Familien erbitten am Tag bei Deichmann in der Neutor-Galerie Einlass, berichtet die Verkäuferin – an guten Tagen. Auch bei H&M ist es leer. Nach Test- und Ausweiskontrolle steht uns der Laden offen – nur eine Kundin stöbert gleichzeitig in der Damenabteilung. Die Ankleidekabinen allerdings sind gesperrt. Und was nicht passt, kann später nur nach erneutem Schnelltest umgetauscht werden – erfahren wir am Folgetag und müssen mit der Hose, der zu engen, unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Neutor-Galerie: 30 von 50 Geschäften geöffnet

Trotz einladenden Plakats hatte das Schuhhaus Dismer an diesem Tag geschlossen.
Trotz einladenden Plakats hatte das Schuhhaus Dismer an diesem Tag geschlossen. © nrz | aha

Von 50 Geschäften in der Neutor-Galerie haben 30 geöffnet, berichtet Center-Manager Tobias Agthe, darunter auch die sechs Läden, die durch die Schließung generell nicht betroffen sind. Viele Kunden ließen sich von der Organisation – Testtermin und Shoppingtermin vereinbaren – abhalten, so Agthe. Die Neutor-Galerie will im Erdgeschoss ein Testzentrum einrichten, in dem sich Kunden ohne Terminvergabe auf Corona testen lassen können. „Wir kommen aber seit einer Woche beim Kreis Wesel mit der Beantragung nicht weiter“, bedauert Agthe.

Werbegemeinschaft: „Bürokratie mit zweifelhaftem Erfolg nutzt uns nichts“

„Shoppen mit Test lohnt sich für viele Geschäfte in der Innenstadt nicht, da für die Kunden die Hürden zu hoch sind“, findet auch Jürgen Lange-Flemming, Vorsitzender der Werbegemeinschaft. Das Prozedere „vergrault“ die Kunden, sagt er. „In meinen Augen ist dies unnötiger Aktionismus, da Gesundheitsämter und Politiker immer noch nicht wissen, woher die hohen Infektionszahlen kommen.“ Gastronomie, Fitnessstudios, Einzelhandel und Dienstleistungen „können es nicht sein, da diese großteils geschlossen sind.“ Somit bleibe „der private Bereich, der mangels digitaler Nachverfolgung nicht erfasst werden kann“, so Lange-Flemming.

Händler fordern Einsatz der Luca-App

„Die Dinslakener Geschäfte würden sofort die Luca-App installieren, wenn nur das Kreis Weseler Gesundheitsamt mitspielen würde“, berichtet er. Abstand, Hygiene, Maske, digitale Nachverfolgung, Testen, Impfen: „Darauf sollten wir uns konzentrieren und den Geschäftsleuten in Dinslaken eine Perspektive geben. Bürokratie mit zweifelhaftem Erfolg nutzt uns nichts.“

Im Kreis Paderborn wird die App bereits genutzt, Warendorf und Essen sind Modellregionen. Die Luca-App, an deren Entwicklung Rapper Smudo von den Fantastischen Vier beteiligt war, soll dabei helfen, Infektionsketten schneller nachzuverfolgen. Der Anbieter verspricht eine „schnelle und lückenlose Kontaktnachverfolgung“, auch im Austausch mit dem Programm Sormas, das auch im Kreis Wesel im Einsatz ist, „obwohl noch nicht alle Schnittstellenprobleme, die zu einer Arbeitsentlastung führen sollen, gelöst wurden“, so Kreis-Sprecherin Anja Schulte.

Kreis Wesel: Apps bisher ohne Relevanz für Kontaktnachverfolgung

Bisher „hatte keine App eine erkennbare Relevanz für die Arbeit der Gesundheitsämter im Rahmen der Kontaktnachverfolgung“, so Anja Schulte. Grund seien geringe Nutzerzahlen und das Nutzungsverhalten derjenigen, die die App heruntergeladen haben. Die Luca-App sei zudem „nur eines von mehreren Systemen“, mit deren Hilfe die Öffnung von Gastronomie- oder Kulturbetrieben begleitet werden könnte. Wichtig für die Gesundheitsämter sei „die Verknüpfbarkeit mit den Regelsystemen in den Gesundheitsämtern“.

Die Luce-App ermöglicht das Einchecken per QR-Code
Die Luce-App ermöglicht das Einchecken per QR-Code © dpa | Bernd Wüstneck

Das Land habe sich „gegen eine formelle Beauftragung zum Einsatz der Luca-App entschieden“, so Anja Schulte – obwohl Armin Laschet die App noch im Februar beworben hatte. NRW „pilotiert zur Zeit den Einsatz einer Gateway-App für die Gesundheitsämter“, so Anja Schulte. Mit deren Hilfe solle den Gesundheitsämtern die Nutzung der verschiedenen marktgängigen Kontaktnachverfolgungs-Apps ermöglicht werden.

Ohnehin hätten sich die Anforderungen an App-Lösungen verändert. Wegen der steigenden Infektionszahlen, der Diskussion um den „Brücken-Lockdown“ und der Tatsache, „dass Besuche etwa von gastronomischen Betrieben ohnehin nur mit einem negativen Testergebnis möglich“ sein könnten, gehe es „nicht mehr nur zentral um die Kontaktdatenerfassung, sondern um die kombinierte Erfassung und Weiterleitung auch von Testergebnissen und Impfnachweisen.“