Dinslaken. Vor 50 Jahren wurde am Vinzenz-Hospital die Pflegeschule gegründet. Maria Stutz-Schulz und Silvia Nowak gehörten dem ersten Kurs an.
Nein, eine Zeit wie die heutige hätten sie gottlob am St. Vinzenz Krankenhaus nicht erlebt, darin sind sich Silvia Nowak und Maria Stutz-Schulz einig. Leicht aber hatten es auch sie nicht als Krankenschwestern vor 50 Jahren. Man schrieb das Jahr 1970, ein Jahr nach der Gründung der Kinderstation am Hospital, da wurde vom Chefarzt Dr. Franz Schwalb auch die Pflegeschule ins Leben gerufen. Das wäre beinahe noch gescheitert, denn die Schule war eingerichtet, die Schüler bereits angeworben, nur die Genehmigung lag noch nicht vor. Doch Dr. Schwalb eröffnete trotzdem mit den Worten: „Ich kann doch die Schülerinnen nicht alle wieder wegschicken.“
Ausgebildet wurden ab 1970 allerdings Kinderkrankenschwestern. Erst zehn Jahre später öffnete sich die Schule für alle Bereiche der Ausbildung, nun, wiederum 40 Jahre später hat die generalistische Ausbildung Einzug gehalten in die Pflegeschule. In der Kinderkrankenpflege und der Altenpflege gebe es bestimmte Parallelen, so die Meinung der beiden Endsechzigerinnen. „Erwachsene fordern mehr ein, Säuglinge und Kinder können dies nicht und auch die alten Menschen werden manchmal nicht so recht ernst genommen“, sagt Nowak. „Deshalb ist es gar nicht schlecht, wenn man Einblicke in die anderen Bereiche bekommt. Nur die allgemeine Ausbildung darf im Niveau nicht gesenkt werden.“ Und wie war es vor 50 Jahren? Obwohl als Kinderkrankenschwestern ausgebildet, durchliefen auch die beiden Frauen mehrere Stationen, war der Unterricht in Theorie und Praxis dem heutigen vergleichbar. Und dennoch ganz anders.
Einsätze im Kreißsaal
„Für uns gab es Blockunterricht von vier Wochen zu Anfang“, erzählt Maria Stutz-Schulz, „auch vor dem Zwischenexamen und dem Abschlussexamen war Blockunterricht angesagt, ansonsten wurde der Unterricht an zwei Tagen in der Woche abgehalten.“ Natürlich war der Bereich Gynäkologie ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, inklusive Einsätze im Kreißsaal. Einsätze auf der Kinderstation gingen bis zu einem halben Jahr, gefolgt von vier bis zwölfwöchigen Diensten in der chirurgischen Ambulanz, im OP, auf der HNO-Station, der Wöchnerinnenstation, der Milchküche.
Hinzu kam im Oberkurs die Examenswache – dreimal acht Stunden mit jeweils vierstündiger Pause. Eigenverantwortliche Überwachung eines schwerkranken Kindes bedeutete dies.
„Wir wissen heute noch, bei welchem Kind wir diese Wachen übernommen haben“, sagen beide unisono. Heute gebe es solche Dienste nicht mehr, damals wurden sie gerne den internen Schwestern übergeben. Intern? Ja, wer jemals Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“ gelesen oder gesehen hat, wird sich erinnern. Dort an der Schule gab es die Externen und Internen, die Schüler also, die im Städtchen bei ihren Eltern lebten und die, die im Internat ihre Schulzeit verbrachten.
So war es auch damals am St. Vinzenz-Hospital. Zur Pflegeschule gehörten auch Zimmer für die Auszubildenden, die nicht immer den weiten Weg nach Hause auf sich nehmen konnten oder wollten. Schließlich kamen die Schülerinnen aus der näheren und weiteren Region, hatten gerade die Schule hinter sich gebracht und waren noch nicht volljährig. „Als ich mit der Schule fertig war, wurde gerade die Pflegeschule eröffnet, also bewarb ich mich“, berichtet Silvia Nowak.
Auch Maria Stutz-Schulz hatte über eine Ferienmaßnahme von der Eröffnung gehört und sich schnellstens beworben. Beide wurden so genannte Interne, die im heutigen Josefshaus ihre Zimmer bezogen. „Zweibettzimmer waren es in den ersten Jahren“, berichtet Nowak, im letzten Jahr gab es für uns im Euthymiahaus Einzelzimmer.“ Sturmfreie Bude – Fehlanzeige, der Ausgang der jungen Frauen war zeitlich vorgeschrieben und man musste sich in ein Ausgangsbuch, das penibel kontrolliert wurde, eintragen.
Die damalige Zeit habe sie alle zusammengeschweißt. Viele würden sich noch heute treffen. „Wir haben ja auch viel gemeinsam unternommen“, so Stutz-Schulz. Unter anderem hatte gerade ihr erster Jahrgang die Brosche erfunden, die es bis heute bei den Kinderkrankenschwestern gibt. Im Otto-Pankok-Museum habe man die Idee dazu gehabt – sein Bild mit der schützenden Hand und dem Kind gab den Ausschlag für die erste Brosche der Krankenpflegeschule. „Das Motiv war klasse und passte hervorragend auf uns“, erzählt Maria Stutz-Schulz. „Wir sind noch heute stolz darauf.“
Eigentlich war geplant, das 50-jährige Jubiläum der Pflegeschule groß zu feiern, mit allen ehemaligen Schülerinnen (1500 Schülerinnen wurden in den 50 Jahren ausgebildet), sowie den Ärzten und eingeladenen Gästen. Sogar die Kirche hatte man schon für die Feier reserviert, doch Corona machte allen Planungen einen Strich durch die Rechnung. Und es sieht so aus, als wenn es mit der Feier auch in diesem Jahr nicht klappen sollte.