Dinslaken. Die Privatrösterei König Gustav hat im ehemaligen Bröker-Lokal eröffnet - vorläufig. Langfristig ist ein Umzug wenige Häuser weiter geplant.
Wenn Düfte eine Farbe hätten, dann wäre dieser Duft grün. Noch viel grüner als die Kaffeebohnen in dem Sack – so grün wie die Regenwälder in den Hochländern Äthiopiens, unter deren Dach der „Bonga Forest“-Kaffee wild wächst. In großen Jutesäcken lagern die Bohnen auf dem Boden der ersten Kaffeerösterei Dinslakens: Die Privatrösterei König Gustav hat in den Räumen des früheren Ledergeschäfts Bröker an der Neustraße eröffnet – dem Lockdown zum Trotz. Und das ist erst der Anfang.
Kaffeeröstereien gibt es in großen Städten. Berlin, Hamburg, beim Kaffeemuseum im Hafen um die Ecke etwa. Aber Dinslaken? Patrick Hoppe, der Geschäftsführer des Rösterei, ist IT-Fachmann, Hobby-Barista – und Dinslakener. In den Großstädten hat er gesehen, „dass das Konzept funktioniert.“ Aber weil nun einmal Dinslaken die Heimat des 33-Jährigen ist, wollte er gerne ein solches Angebot hier etablieren. „Dinslaken hat das verdient“, findet Hoppe.
Fairer Anbau, sichere Bezahlung
Das Bröker-Lokal ist kaum wieder zu erkennen: Holztheke, dunkler Boden, ein chromblitzender Kaffeeautomat. In den Regalen regionale Produkte: Pils aus Spellen, Limo aus Walsum, der Wein – immerhin aus Baden, von einem befreundeten Winzer. Nur der Kaffee kommt von weit her: Äthiopien gilt als die Heimat der Kaffeepflanze. In der Rösterei werden drei Sorten angeboten, alle drei sind sortenrein, werden fair und biologisch angebaut. „Der Importeur ist selbst Äthiopier und hat einen direkten Draht zu den Bauern.“ Es gebe keine Zwischenhändler, dafür sichere Bezahlung, faire Bedingungen. Fotografien an den Wänden zeigen die Plantagen, wo der Bergkaffee wächst.
In Sidama wird „Sidamo“ angebaut, der „Allrounder mit Schokoladennoten und einer milden Würze, der dem klassischen Kaffee am nächsten kommt“, so Hoppe.
„Yirgacheffe“ kommt aus der gleichnamigen Region im zentralen Süden von Äthiopien und „ist ein bisschen fruchtiger.“
Hoppes „Lieblingskaffee“, wie er sagt, ist der „Bonga Forest“, der in den Urwäldern der Region Kefa wächst und geerntet wird. „Das macht ihn ganz besonders“, schwärmt Hoppe und öffnet den Kaffeesack: fuchtige Süße, noch intensivere Würze – „man riecht richtig den Urwaldcharakter.“
Hinter einer Scheibe im Industrial Style steht das Herzstück der Dinslakener Rösterei: Die Röstmaschine der Firma Giesen, Handwerkskunst aus den Niederlanden. Sieht urig aus, ist aber computergesteuert. So kann der Röstprozess aufs Grad genau überwacht werden. Denn auch die beste Biobohne kann durch den falschen Röstprozess ebenso verbacken wie das beste Steak in der Pfanne anbrennen kann. Die industrielle Röstung sei heiß und schnell, aus Kostengründen – der Kaffee verliere dadurch Aromen. Erkennbar an der dunklen Farbe und dem öligen Film.
Röstung mit Geduld
Der Kaffee von König Gustav hingegen werde 15 Minuten geröstet. Dann darf er auskühlen, ruhen, seine Aromen entfalten – und kommt erst dann in die Tüte, die ein Ventil hat, damit kein Sauerstoff an die Bohnen gelangt.
Die Kunden können den Kaffee in Tüten – ganz oder gemahlen – kaufen oder im To-Go-Becher mitnehmen. Ein Ausschank mit Café ist aufgrund der Räumlichkeiten nicht geplant. Denn das Bröker-Lokal hat die Familie nur übergangsweise hergerichtet und bezogen. Denn langfristig soll König Gustav in das Gebäude der ehemaligen Santander-Bank an der Ecke Neustraße/Friedrich-Ebert-Straße. Die Bank ist vor drei Jahren ausgezogen, in der ersten Etage residierte einst das Café Central.
Die Eigentümer bauen die denkmalgeschützte Immobilie um und sanieren sie, so Patrick Hoppe und haben der Rösterei übergangsweise das Bröker-Lokal angeboten. Nach dem Umzug an die Neustraße 70 sei hoffentlich die Pandemie eingedämmt und die Rösterei könne durch ein Café ergänzt werden. Auch Barista-Seminare soll es dann geben – für Leute, die erfahren wollen, wie Urwald-Kaffee richtig zubereitet wird, ohne, dass der grüne Duft verloren geht.
>>Das war König Gustav
Den Namen des schwedischen Königs Gustav III. trägt die Privatrösterei aufgrund eines Experiments des Monachen. Um die schädliche Wirkung von Kaffee nachzuweisen, begnadigte Gustav zwei zum Tode verurteile Verbrecher und gab dem einen unter medizinischer Aufsicht viel Kaffee, dem anderen viel Tee zu trinken. Beide überlebten den Test – und den König, der 1792 ermordet wurde. Der Teetrinker starb als erster von beiden – im Alter von 83 Jahren.
Die Kaffees kosten abgepackt (250 Gramm) zwischen 6,90 und 8,40 Euro. Die Privatrösterei König Gustav (Neustr. 56) ist auf koeniggustav.de sowie auf Facebook und Instagram zu finden.