Voerde/Dinslaken. Der virtuelle Tulpensonntagszug hat die Karnevalsvereine aus Dinslaken und Voerde näher zusammenrücken lassen, lautet eine Bilanz der Aktion.

Euphorie und Begeisterung sind Martin Scholz auch am Morgen nach dem großen Tag am Telefon noch deutlich anzumerken: „Das hat echt Laune gemacht“, bilanziert der zweite Vorsitzende des 1. Voerder Karnevalsvereins (VKV) den virtuellen Tulpensonntagszug, der fünf Stunden lang aus den Hallen der Firma Setcon gesendet worden war. Mit der Absage des realen närrischen Lindwurms hätten sich die Jecken in Voerde und Dinslaken nicht einfach abfinden wollen und so kam die Idee auf, den „Zoch“ in die Wohnzimmer der Närrinnen und Narren zu bringen.

Martin Scholz – nach eigenen Worten „erschöpft und sehr glücklich“ – beschreibt es als schwierig, auf das, was man gerade tut, keine direkte Resonanz zu bekommen. Beim realen Zug, bei dem die Zuschauer an den Straßen stehen, ist das anders. Aus den Kommentaren im Chat jedoch schließt Scholz, dass die Resonanz auf die jecke Sendung insgesamt „sehr positiv“ war. Die Zahl der Beiträge, bei denen eingeschritten, sprich gelöscht wurde, weil es sich um Beschimpfungen handelte, lag ihm zufolge unter einer Handvoll.

Voerder Tulpensonntagszug dauerte eine Stunde länger als angekündigt

Dass der Tulpensonntagszug virtueller Art, über den der Ideengeber VKV die Federführung hatte und dem die weiteren Dinslakener und Voerder Karnevalsvereine sowie viele andere Akteure mit ihren Beiträgen ebenfalls Leben einhauchten, statt der angekündigten vier am Ende fünf Stunden dauerte, erklärt Martin Scholz mit noch kurzfristig eingegangenen Grußvideos, die auch noch mit in das Programm aufgenommen werden sollten.

Viel Lob habe das Moderatorenteam Sven Burre-Jacobi, Präsident des Dinslakener Karnevalsvereins (DKV) Blau-Weiß, und Marvin Scholz vom VKV bekommen. Dabei hätten sich beide vorher gar nicht gekannt, sagt Martin Scholz. Sie zeigten sich als eingespieltes Team, warfen sich die Bälle zu. Wie der VKV-Vize zieht auch der Präsident des DKV Blau-Weiß ein positives Fazit zum virtuellen Tulpensonntagszug: Nach seinen Eindrücken sei „dieses Format sehr gut angenommen“ worden – „was uns als Karnevalisten natürlich sehr freut. Denn man merkt in dieser Zeit, dass die Menschen den Frohsinn zelebrieren. Das Konzept ist aufgegangen“, meint Sven Burre-Jacobi.

Durchweg positive Reaktionen der beteiligten Karnevalsvereine

Für Peter Anton Becker, erster Vorsitzender des MGV „Eintracht“ Spellen und Sitzungspräsident, hat „die bunte Mischung zwischen Karnevalsparty und nostalgischen Filmbeiträgen bis hin zu den Liveschaltungen in den ,Zug’ mit dem Voerder ,Prinzenpaar’ und der Zugleitung“ für „viel Freude und Kurzweil gesorgt“. Die Präsentationen der Vereine aus Dinslaken und Voerde sowie der Beitrag von Andre Stepper, Inhaber der Edeka-Märkte in Friedrichsfeld und Spellen, seien die besonderen Highlights gewesen.

„Schlichtweg begeistert“ vom Ergebnis der Veranstaltung zeigt sich das 1. Dinslakener Narrenkomitee 1979 „Die Pinguine“: Zunächst, als sie durch den VKV in diese Idee involviert worden seien, habe sich niemand ausmalen können, was am Ende dabei herauskommen würde, berichtet der erste Vorsitzende der „Pinguine“, Jörg Köster. Hier seien Menschen am Werk gewesen, die tagsüber ihrem ganz normalen Tagesgeschäft nachgehen, „um sich dann in ihrer Freizeit einem riesigen, in dieser Form nie dagewesenen Projekt“ zu widmen. Die „Pinguine“ seien „mächtig froh darüber, als kleines Rädchen im Getriebe mitgewirkt zu haben. Die Zusammenarbeit in all den Monaten war beispiellos gut und stets von allergrößter Harmonie und gegenseitigem Respekt über alle Vereinsgrenzen hinaus geprägt“, resümiert Jörg Köster.

Virtueller Zug wurde im heimischen Wohnzimmer mit verfolgt

Für Anja Kebaier von der KG „We sind wer dor“ Eppinghoven war die Veranstaltung ein „voller Erfolg“: Viele Zuschauer hätten den virtuellen Karnevalszug im heimischen Wohnzimmer mit verfolgt. „Es war schön mit anzusehen, was die Vereine sich so ausgedacht hatten. Man saß vor dem Bildschirm und kannte fast jeden. Tolle Stimmung in den Wohnzimmern!“

Pure Begeisterung spricht auch aus dem Resümée des Hiesfelder Carnevals Clubs (HCC): „Es war der absolute Hammer. Wir haben den Onlinecall richtig gut gefeiert mit Hartmut Staar und Jasmin Seite als Sprecher des HCC. Der virtuelle Karnevalsumzug war für alle Vereine eine tolle Präsenz und wir haben uns top präsentiert“, bilanziert Fredi Gliche, Sprecher des HCC.

Zweiter VKV-Vorsitzender: Auch der Karneval muss neue Wege gehen

Mehrere der beteiligten Vereine betonen, dass die Veranstaltung sie noch näher habe zusammenrücken lassen. „Bei allen Nachteilen und negativen Aspekten durch die immer noch herrschende Pandemie: Die Karnevalsvereine aus Voerde und Dinslaken haben sich in dieser Zeit so nah zusammen gefunden wie noch niemals zuvor“, meint Jörg Köster von den „Pinguinen“. Peter Anton Becker vom MGV „Eintracht“ Spellen fasst die positive Wirkung so zusammen: „,In den Farben getrennt, in der Sache vereint!’ Über diese riesige gelungene Aktion werden unsere Nachfahren noch sprechen. Sie hat neue Freundschaften geschmiedet und alte Freundschaften gefestigt.“

Martin Scholz vom VKV nimmt aus der aktuellen Situation mit, „dass wir extrem flexibel sein müssen“ und auch im Karneval der Wille da sein muss, neue Wege zu gehen. Dies habe man mit der virtuellen Veranstaltung, die erst „erfunden werden“ musste, gezeigt. Für alle Beteiligten war der digitale Zoch eine „Premiere“. Keiner hatte ein solches Format schon einmal veranstaltet. Warum auch, bislang gab es dafür keine Notwendigkeit. Frank Winko-Bugenings, zweiter Vorsitzender und Medienbeauftragter der KG Rot-Gold Dinslaken, der dem VKV dankt und ein Lob für dessen „großartige organisatorische Leistung“ ausspricht, erklärt: „Wir alle sind Gewinner, da wir durch diese neue Herausforderung enorm hinzugelernt haben.“ Die Rot-Goldenen könnten für die Zukunft die neugewonnenen Erfahrungen in ihr Vereinsleben integrieren.

Hoffen auf einen realen Tulpensonntagszug im nächsten Jahr

Die Hoffnung der Karnevalisten ist selbstredend, dass der digitale Jecken-Zoch eine einmalige Sache bleibt: „Trotz des Erfolgs und auch des großen Spendenumfangs hoffen wir, dass der Zug in 2022 wieder live durch die Straßen stattfinden kann“, sagt Anja Kebaier von der KG „We sind wer dor“ Eppinghoven.

Nach Karneval werde es Aufgabe der KG Rot-Gold Dinslaken bleiben, „die jüngsten unserer Mitglieder zu motivieren und zu begleiten. Besonders sie verstehen diese schwierige Zeit nicht. Wir schauen mit viel Zuversicht in die Zukunft und hoffen auf eine entspanntere Session 2021/22. Denn besonders die Kleinsten möchten das, was sie lernen, auch zeigen“, erklärt Frank Winko-Bugenings.