Voerde. Voerdes CDU-Chef Frank Steenmanns wünscht seiner Partei einen Erneuerungsprozess, der sie wieder attraktiver für Junge und für Frauen mache.

Der Noch-Vorsitzende der Voerder CDU, Frank Steenmanns, hat in seinem Schlusswort zur Mitgliederversammlung am Dienstagabend den Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass es seiner Partei in den nächsten fünf Jahren gelingen möge, „einen grundlegenden und sichtbaren Erneuerungsprozess“ einzuleiten, der sie wieder attraktiver mache. Und zwar für Jüngere und Junge sowie für Frauen. Fast 59 Prozent der 189 Mitglieder seien 60 Jahre und älter, die Gruppe 50plus mache einen Anteil von 72,5 Prozent aus, die 18- bis 35-Jährigen seien mit elf Prozent vertreten. Steenmanns, der, wie berichtet, bei der Versammlung ankündigte, für eine erneute Kandidatur um den Posten des Stadtverbandschefs nicht zur Verfügung zu stehen und sein Amt zum 31. Dezember dieses Jahres niederzulegen, hatte zuvor in seiner Rede die Lage der Voerder CDU aus seiner Sicht, aber auch mit Hinweis auf externe Stimmen in den Fokus gerückt und dabei kein Blatt vor den Mund genommen.

Frank Steenmanns warf kritische Fragen auf

Es war ein Schlusswort der Kategorie Klartext, das auch einen Rückblick auf die deutlich verlorene Bürgermeister- und Ratswahl beinhaltete. Steenmanns hatte mit zwei weiteren Bewerbern, die von WGV und FDP sowie der „Partei“ ins Rennen geschickt worden waren, Amtsinhaber Dirk Haarmann (SPD) herausgefordert, der die Wahl klar für sich entschied. Beide Wahlziele, im Rathaus wieder den Chefposten zu besetzen und stärkste Kraft im Stadtrat zu werden, seien nicht erreicht worden. Der CDU-Chef sprach mit Blick auf die Ratswahl von „enttäuschenden Einzelergebnissen“, zum gleichen Urteil kam er, was sein eigenes Abschneiden betrifft. Steenmanns drängte auf eine selbstkritische Aufarbeitung des Wahlkampfes. Er stellt sich etwa die Frage, ob der Wahlkampf der CDU mit den richtigen Themen besetzt war und wie sie heute die Unterstützung und Positionierung des eigenen Bürgermeisterkandidaten beurteilt.

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Steenmanns skizzierte Wahrnehmungen, die ihn von „Mitgliedern, aber auch von Dritten“ in Bezug auf das draußen teils wahrgenommene Erscheinungsbild der CDU in Voerde erreicht hätten: Vielen wirke sie als „verkrustet, wenig innovativ, wenig urban“, Ämterhäufung, statt jungen interessierten Leuten Platz zu machen. Es fehle die inhaltliche und personelle Erneuerung. Der hohe Grad an Doppelfunktionen in Parteivorstand und Fraktion tue der Parteiarbeit nicht gut.

CDU holte nur vier Wahlbezirke direkt

Auch werde die zur Kommunalwahl 2020 aufgestellte Reserveliste oft negativ gesehen: Im Ergebnis sitzt mit Monika Schmitz nur eine einzige Frau für die CDU im Stadtrat. Ob diese eine Frau die Frauen in Voerde repräsentiere, fragte Steenmanns. Der Anteil der Frauen, deren Platzierung und damit Chancen stimmten nicht. Die erste Frau war bei der CDU eben mit Monika Schmitz auf Rang neun der Reserveliste gesetzt. Die nächste folgte auf Platz 16 mit Katrin Cornelißen. Sie konnte über die Reserveliste gar nicht zum Zug kommen, da die CDU in den neuen Stadtrat mit nur 13 Sitzen einzog. Vier Wahlbezirke hatte sie direkt geholt.

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Zudem brachte Steenmanns das Vorgehen der CDU auf Facebook zur Sprache, bemerkte, dass die Diskussionen unter Beteiligung seiner Partei offensichtlich nicht wenige abgestoßen hätten. Für den scheidenden CDU-Chef stellt sich auch die Frage, ob die von „etlichen Menschen wahrgenommenen Kommunikationsdefizite“ in Richtung „grüner“ Themen und auch der Partei Bündnis 90/Die Grünen nur an handelnden Personen liege: „Ist dieser Diskurs für die Zukunft zielführend?“

Voerdes CDU-Fraktionschef Ingo Hülser geriet ins Visier

Auch Fraktionschef Ingo Hülser geriet ins Visier des Parteichefs, der ihn dabei jedoch nicht namentlich nannte: Es ging um dessen im NRZ-Gespräch getätigte Äußerung zu der vom Bundes- und Landestrend abweichenden Stellung, die die Sozialdemokraten in Voerde einnehmen. In Voerde könne man einen roten Farbtopf auf den Marktplatz stellen und der würde gewählt. „Bei allem verständlichen Frust nach dieser verlorenen Wahl“ – ein solches Bild zu wählen, helfe „nicht nur nicht weiter“, sagte Steenmanns. Solche Aussagen würden viele noch mehr abschrecken und sogar als wählerherabwürdigend empfunden.

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Viele Menschen habe offenkundig auch die „Kontaktanbahnung“ Richtung SPD kurz nach einer deutlich verlorenen Wahl „mindestens irritiert“. Da könne man ja auch direkt das Original wählen, wo bliebe da das grundsätzliche „Oppositionsverständnis“ als klarer Wahlverlierer, fasste der CDU-Chef eine Wahrnehmung zusammen. Auch diese Kritik ging an die Adresse von Fraktionschef Hülser, der in dem besagten Gespräch mit der NRZ erklärt hatte, bereits an die SPD Signale gesendet zu haben, mit ihr zusammenarbeiten zu wollen.

CDU-Chef wirft Frage auf, ob CDU „auf dem richtigen Weg“ ist

Die CDU müsse sich fragen, ob sie selbst der Meinung ist, „inhaltlich und personell auf dem richtigen Weg zu sein“ oder ob die Wählerinnen und Wähler eher die Wahrnehmung hätten, dass dem nicht so sei.

Steenmanns, der im Laufe seiner Rede allen dankte, die die CDU und ihn im Wahlkampf unterstützen, kündigte an, sich auf die Arbeit im Stadtrat konzentrieren zu wollen. Als er sein Schlusswort beendete, löste sich die Versammlung schnell auf. Eine Aussprache war nicht vorgesehen. Einer aber mochte seine Rede nicht unkommentiert lassen: „Danke für Deine wahren Worte!“, konstatierte Ratsherr Engin Aydin.