Dinslaken/Voerde/Hünxe. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie freuen sich Buchhändler in Dinslaken und Voerde über steigendes Interesse an Büchern.
In Zeiten der Corona-Pandemie und besonders mit den momentan stark ansteigenden Infektionszahlen haben die Menschen viel freie Zeit, denn ausgehen und sich mit Freunden verabreden fällt im alltäglichen Leben größtenteils weg. Wie wird diese neue freie Zeit verbracht? Eingekuschelt auf dem Sofa mit dem Smartphone vor dem Fernseher oder ist es doch eher das gute alte Buch zu dem gegriffen wird? Wir haben uns bei Buchhändlern in Dinslaken und Voerde umgesehen und nachgefragt, wie sich die aktuelle Krisenzeit auf das Leseverhalten auswirkt.
Die Menschen haben am Wochenende mehr Zeit
Svenja Flex, Buchhändlerin bei Thalia in Dinslaken, berichtet, dass tatsächlich vermehrt zum Buch gegriffen werde. Doch auch der Verkauf von eBooks sei gestiegen. „Die Zeit und die Ruhe ist da, der Termindruck nicht mehr so hoch und am Wochenende haben die Menschen auch mehr Zeit“, erklärt sich Flex die hohe Lesebereitschaft. Allerdings ist der Vorsatz, nun mehr zu lesen, nicht allen gleich gut gelungen. So erzählt beispielsweise Anna Baum, die sich bei Thalia nach einem Geschenk umsieht, sie habe sich im Lockdown einen eReader zugelegt, weil sie dachte „Jetzt habe ich ja mehr Zeit“. Der Reader liege jetzt allerdings noch immer unbenutzt zu Hause, denn Zeit hatte die Lehrerin dann doch nicht mehr.
Romane und Kinderbücher werden nachgefragt
Laut Flex seien es vor allem Romane und Kinderbücher, die von den Kunden vermehrt nachgefragt werden. Auch Anke Rogall, die sich vor einem Bücherregal nach neuen Schmökern umschaut, sagt, sie lese verstärkt Romane. „Wenn man andere Medien öffnet, hört man nur noch Corona. Man möchte auch mal wieder etwas anderes sehen“, erklärt sie ihre Buchliebe. Mehr Abstand von digitalen Medien möchte auch Jan Terhorst gewinnen. „Es ist viel schöner, ein richtiges Buch in der Hand zu halten“, sagt der 30-Jährige, der sich bei Thalia nach neuem Lesestoff umsieht. In der digitalen Welt habe man laut Terhorst so viel Input auf einmal, da könne man sich schnell drin verlieren. Beim Lesen gäbe es allerdings keine Ablenkung. Weiter sagt er, dass er auf jeden Fall mehr lese als vor Corona.
„Man kann ja nicht den ganzen Tag nur Fernsehen schauen“
So berichtet auch Mila Becker, die eine Buchhandlung in Voerde führt, dass eine Kundin zu ihr sagte: „Man kann ja nicht den ganzen Tag nur Fernsehen schauen“. Auch Sabine Friemond-Kund, Buchhändlerin in der Buchhandlung Lesezeit in Voerde, stellt lachend fest: „Irgendwann wird auch dem härtesten Smartphone-Junkie langweilig“. Die Menschen würden zunehmend feststellen, dass am Smartphone im Gegensatz zum Buch, keine Entspannung gefunden werden kann. „Ein Buch ist nicht so flüchtig, wie das schnelle Bild“, stellt Brigitte Korn, Inhaberin der Buchhandlung Korn in Dinslaken, fest.
Becker erkennt bei den Menschen momentan eine Rückbesinnung: „Das Buch wird wieder mehr wahrgenommen“. Dieser Meinung ist auch Brigitte Korn: „Das Buch als ein Lebensmittel wird nun viel bewusster wahrgenommen“. Zur Unterhaltung werden laut Korn viele Romane gekauft, um in eine andere Welt abtauchen und seine Sorgen vergessen zu können. Aber auch Sachbücher seien sehr gefragt, um so auf die vielen Fragen, die zurzeit aufkommen, Antworten zu finden, erklärt Korn. „Bücher haben zu dieser Zeit eine lebenswichtige Bedeutung bekommen.“
In den Bibliotheken sind eBooks gefragt
Seit Mai ist es in Dinslaken, Voerde und Hünxe wieder möglich, in den dortigen Bibliotheken und Büchereien Lesestoff, CDs und vieles mehr auszuleihen. Einige Einrichtungen registrieren bei den Besuchern angesichts der Pandemie Zurückhaltung. Steigerungen gibt es bei den Ausleihen von eBooks & Co. sprich von Medien in digitaler Form.
Dinslaken: „Taschen und Rucksäcke sind voll“
In Dinslaken war die Stadtbibliothek von März bis Mai geschlossen. Nach dem Lockdown gelten eingeschränkte Öffnungszeiten, wie Edith Mendel, Leiterin der Bibliothek berichtet. An den Öffnungstagen kann die Bücherei für vier Stunden besucht werden, mal vormittags, mal nachmittags, samstags ist sie von 10 bis 12 Uhr geöffnet.
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In der Zeit hat Edith Mendel festgestellt, dass die Besucher etwas mehr mitnehmen, „Taschen und Rucksäcke sind voll“ wenn die Besucher die Bibliothek verlassen, berichtet sie. Romane und Taschenbücher sind vorrangig ausgeliehen worden. Weil Reisen nicht möglich waren, ist die Nachfrage für Reiseführer zurückgegangen, sie habe kaum jemand ausgeliehen.
Titel zu Corona angeschafft
Für die Stadtbibliothek seien 25 Titel zu Corona angeschafft worden. Darunter befinden sich Ratgeber für alle Altersgruppen. Die, die sich an Senioren richten, gehen am besten, sagt Mendel. Ebenso Bücher über die Geschichte der Pandemien. Einige Bücher befassen sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Auf einem hohen Niveau liegen die Ausleihzahlen von Kinderbüchern. Auch werde das Angebot, Bücher online auszuleihen, angenommen, wegen Corona hatte man dafür sogar zusätzliche Anmeldungen. Bei der Nachfrage von E-Books gab es leicht steigende Zahlen, so Mendel. Die Leute greifen auf digitale Angebote zurück, weil sie dann nicht in die Bücherei kommen müssen, meint dazu die Leiterin der Bibliothek. Ein Vorteil sei die Möglichkeit, Bücher an einer Klappe zurückzugeben, so können ausgeliehene Bücher jederzeit abgegeben werden. „Das funktioniert sehr gut“, sagt Mendel.
Zurzeit habe man ein überwiegend junges Publikum, Rentner seien zurückhaltender. Die eingeschränkten Öffnungszeiten stehen in der Kritik, wie Edith Mendel berichtet. Aber es ginge nicht anders, man treffe aber die Vorbereitungen, um die Öffnungszeiten zu erweitern. Zurückgegebene Medien müssen „behandelt“ werden, sie werden nicht direkt wieder verliehen, so bleiben Spiele in „Quarantäne“, das erfordert alles Zeit, die Behandlung gehe auch nur außerhalb von Öffnungszeiten.
Voerde: Doppelt so hohe Nutzung der Onleihe
Nach einer zunächst verhaltenen Nachfrage im Mai, als die Stadtbibliothek Voerde nach mehrwöchiger Zwangspause wieder ihre Türen öffnete, sind die Ausleihzahlen in den vergangenen Monaten wieder gestiegen, wie die Erste und Technische Beigeordnete der Stadt Voerde, Nicole Johann, erläutert. Allerdings hätten diese derzeit erst 80 Prozent des Vorjahresniveaus erreicht. „Das liegt sicherlich auch an den Vorgaben zu den coronabedingten Sicherheitsregeln und Hygienemaßnahmen, welche in den Räumen selbstverständlich eingehalten werden müssen und an den dadurch bedingten reduzierten Öffnungszeiten“, konstatiert Johann. Die Nutzung der sogenannten Onleihe, sprich die Möglichkeit, sich Bücher etc. als digitale Medien auszuleihen, habe sich in der Zeit der Pandemie im Vergleich zu 2019 in der Stadtbibliothek verdoppelt. Die Ausleihe von Konsolenspielen sei um 30 Prozent zurückgegangen.
Mehr Ausweise werden momentan auch nicht ausgestellt, was sie damit erklärt, dass bisher coronabedingt in der Stadtbibliothek keine Veranstaltungen hätten stattfinden können. Und dadurch wiederum kämen weniger neue Nutzer in die Einrichtung. „Das betrifft besonders die Klassen- und Kindergartenführungen“, sagt Johann.
Gefragt: Krimis und Spannungsromane
Besonders gefragt seien Krimis und Spannungsromane für die Erwachsenen. Im Bereich der Kinderbücher seien es die Bücher zum Lesenlernen, für die man bei Antolin Punkte sammeln könne. In der Altersgruppe ab 13 Jahren würden besonders die Fantasy-Romane nachgefragt, bilanziert die Erste Beigeordnete. Ansonsten würden bei den Kindern besonders häufig die Tonies und CDs ausgeliehen, die Erwachsenen würden zudem Hörbücher stark nachfragen.
Das Buch habe auch in Zeiten digitaler Medien seinen Reiz nicht verloren. „Es ist gerade in der jetzigen Zeit ein Ausgleich zum Arbeiten/Lesen am Bildschirm“, resümiert Nicole Johann.
Hünxe: Leser sind noch vorsichtig
Marion Lukassen betreut die Gemeindebücherei in der Gesamtschule Hünxe. Der Bestand liegt bei etwa 5000 Kinder- und Jugendbüchern, 5000 Erwachsenenbüchern und 2000 Exemplaren Fachliteratur. Coronabedingt erfolgte eine Schließung von Mitte März bis Mitte Mai. „Natürlich war nach Öffnung der Bibliotheken nach dem Lockdown auch bei uns eine erhöhte Anzahl von Ausleihen zu verzeichnen“, sagt sie. „Dies hat sich jedoch inzwischen wieder normalisiert.“ Es seien nicht auffällig mehr oder weniger Nutzer zu verzeichnen gewesen „und es wurden auch nicht auffällig mehr neue Ausweise ausgestellt“, bilanziert Marion Lukassen.
Viele Besucher seien noch etwas ängstlich, zu den aktuellen Öffnungszeiten, dienstags von 15 bis 17 Uhr und donnerstags von 16 bis 18 Uhr, zu kommen. Zwei Personen dürften gleichzeitig in die Bücherei oder eine maximal vierköpfige Familie, natürlich unter Einhaltung der Hygienevorschriften: Eintragung in Listen, Nutzung des Desinfektionsspenders, Berücksichtigung der Lauflinien, Bücher werden in einen Korb gelegt.
Besonders gefragt seien, laut Lukassen, bei Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen aktuelle Buchserien. Jungen würden gerne „Ninjago“ nachfragen, das sind Abenteuergeschichten zu Lego-Figuren, Mädchen bevorzugten weiterhin Feen- und Ponygeschichten. Bei Erwachsenen liefen gut: Trilogien über Familien in der Kriegs- und Nachkriegszeit, natürlich Krimis und Liebesromane, aber auch Veröffentlichungen über die Ausbeutung der Natur.