Voerde. In der Oberstufe sollen Gesamtschüler selbst entscheiden dürfen, wann sie mit dem Unterricht starten und enden. iPads werden zum Standard.

Die im Aufbau befindliche Comenius-Gesamtschule (CGE) Voerde wird ab dem kommenden Schuljahr in die gymnasiale Oberstufe starten – und das mit einem Gleitzeitsystem.

„Wir wollen neue Wege gehen und es den Schülern ermöglichen, den Stundenplan an mehreren Tagen in der Woche an die individuellen Bedürfnisse und den eigenen Bio-Rhythmus anzupassen“, erklärt Gesamtschulleiterin Ursula Reinartz.

Individuelle Lernzeiten

Vorgesehen ist eine verpflichtende Kernzeit in den dritten bis sechsten Stunden. Darüber hinaus soll es vorher und nachher Randzeiten geben – die Oberstufenschüler sollen also selbst entscheiden können, ob sie lieber später mit dem Unterricht beginnen und dafür länger bleiben oder ob sie früher kommen und auch früher gehen.


Die Randzeiten sollen vorrangig für die individuellen Lernzeiten genutzt werden. Hierbei können Schüler ihr Lernen eigenverantwortlich und selbstständig organisieren und so ihren eigenen Lerninteressen nachgehen oder Defizite in bestimmten Fächern abbauen. Je Grund- und Leistungskurs ist jeweils eine Wochenstunde individuelle Lernzeit geplant. „Wir hoffen so, die Selbstständigkeit unserer Schüler weiter zu stärken“, sagt Schulleiterin Reinartz. Eine „sehr schülernahe Begleitung“ sei natürlich gegeben.

Die individuellen Lernzeiten und die damit einhergehende Gleitzeit sind aber nur einer von vier Grundsätzen, die die CGE für die gymnasiale Oberstufe erarbeitet hat. Darüber hinaus hat sich das Schulteam auf die Eckpunkte digitales Lernen, Tutoren und Leistungsschwerpunkte verständigt. Schulleiterin Ursula Reinartz stellte diese im NRZ-Gespräch nun mit Stephan Devriel (Ansprechpartner gymnasiale Oberstufe) und Karim Rahman (Abteilungsleiter der Stufen 8 bis 10) vor.

Digitales Lernen

„Wir möchten in der Oberstufe flächendeckend mit iPads arbeiten und eine neue, sehr viel effektivere Form des Lernens schaffen“, sagt Reinartz. Die digitale Infrastruktur in dem Oberstufengebäude (mehr Info siehe unten) sei hierfür gegeben: Alle Kursräume verfügen über Smartboards und Computer, im gesamten Gebäude gibt es Wlan.


„Wir gehen davon aus, dass die Schüler sich die iPads selbst anschaffen“, sagt Reinartz. Eine Unterstützung bei sozial schwächeren Schüler sei aber natürlich möglich. Die Schüler hätten schon jetzt alle eine schulische Mailadresse und seien bereits in der Zeit des harten Lockdowns auf „IServ“ geschult worden – das ist die Serversoftware, die alle Schulen in Voerde künftig nutzen. „Wir haben also viele Grundsteine schon gelegt“, sagt Stephan Devriel.

Tutorensystem

Statt mit Stufenleitern möchte die Comenius-Gesamtschule mit Tutoren arbeiten, „die ganz nah dran an ihrer Lerngruppe sind und die Schüler begleiten“, sagt Abteilungsleiter Karim Rahman. Angedacht ist ein Tutor je etwa 25 Schüler.

Die Tutoren sollen regelmäßige Beratungsgespräche und Feedbackrunden anbieten – über die Schullaufbahn, aber auch im Bereich der Studien- und Berufsorientierung. „Wir finden, dass man da gerade bei einer Schule im Aufbau einen Schwerpunkt setzen sollte“, sagt Stephan Devriel. Auch begleite eine Gesamtschule ihre Schüler meist enger als beispielsweise ein Gymnasium.

Leistungsschwerpunkte

Die Comenius-Gesamtschule plant, die Leistungsschwerpunkte „Sprache und Kultur“, „Natur und Gesellschaft“ sowie „Sport und Gesundheit“ anzubieten. Als Fremdsprachen werden in der Oberstufe neben Englisch auch Italienisch und Spanisch angeboten, Niederländisch hingegen entfällt dann. Welche Kurse schlussendlich als Leistungskurse (LK) gewählt werden können sollen, ist noch offen. „Das dauert ja noch ein bisschen und wir wollen gerne noch abwarten, was unsere Schüler sich wünschen“, erklärt Lehrer Devriel.


Durch eine Kooperation mit dem Gymnasium Voerde – die ist bei einzelnen Kursen weiterhin angedacht, Näheres steht allerdings noch nicht fest – könnten möglicherweise weitere Fächerwahlen möglich werden, so Reinartz. „Wir werden auf jeden Fall alles nutzen, was unseren Schülern erweiterte Lernmöglichkeiten gibt“, sagt sie.

Außerdem wird es Projektkurse geben. Jeder Schüler kann dabei produktorientiert und interessengeleitet einen auswählen. „Wir sind noch in der Findung, könnten uns aber zum Beispiel vorstellen, dass wir Projektkurse zu den Themen Nachhaltigkeit, Umwelt, Demokratie, Europa oder Gesundheit anbieten“, sagt Devriel. Mittels der Kurse wolle man den Schülern ermöglichen, „wirklich mal in die Handlung zu kommen und ihre Interessen und Profile zu schärfen“.


>> OBERSTUFE KOMMT IM „GRÜNEN GEBÄUDE“ UNTER


Ein eigenes Gebäude bekommt die Oberstufe auf dem Schulgelände an der Allee. Sie wird in dem „grünen Gebäude“, das ehemals als Ersatzbau der Realschule diente, untergebracht. Hier gibt es zehn Kursräume sowie weitere Fachräume, die alle über digitale Infrastruktur verfügen. „Mit dem Gebäude sind wir wirklich sehr gut aufgestellt“, sagt Lehrer Stephan Devriel.


Die Gesamtschule geht davon aus, dass von den derzeit knapp 175 Zehntklässlern etwa 75 Schüler in die Oberstufe übergehen werden. „Das wäre ein tolles Ergebnis“, sagt Schulleiterin Ursula Reinartz.