Dinslaken. Hohe Verluste für die großen, satte Gewinne für die kleinen Parteien - und eine starke Herausforderin. So war die Wahl, so geht es weiter.
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Das gilt jedenfalls für den Dinslakener Bürgermeister Michael Heidinger (SPD) und seine von CDU und Grünen gestützte parteilose Herausforderin Michaela Eislöffel. Heidinger stürzte im Vergleich zur Kommunalwahl 2014 um 19 Prozent ab – von 60,76 auf 41,41 Prozent. Michaela Eislöffel erreichte aus dem Stand 37,22 Prozent. Wer von beiden künftig die Verwaltung führt, wird die Stichwahl in zwei Wochen entscheiden. Im Stadtrat ließen die großen Parteien Federn, die ehemals kleinen legten hingegen kräftig zu.
Die Wahlbeteiligung lag bei 49 Prozent – ähnlich wie 2014. Die langen Schlangen vor den Wahllokalen waren Pandemiebedingt: Es gab weniger Wahlkabinen, umständlichere Abläufe.
Das sagt Bürgermeister Heidinger
Eine Party wollte die SPD aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin nicht schmeißen, nur eine Zusammenkunft im Meta-Dümmen-Haus sollte es sein. Die Ergebnisse hätten eh zum Stimmungskiller gereicht. Michael Heidinger steht draußen im leisen Gespräch mit der Dezernentin. Routiniert kommentiert der Verwaltungschef das Wahlergebnis und wirkt dennoch getroffen: „Es war die erwartet schwierige Wahl.“ In den vergangenen sechs Jahren und vor allem noch einmal in den Wochen vor der Wahl seien schwierige, konfliktbeladene Themen in Dinslaken diskutiert worden – Holzenergiezentrum, Logistikpark Barmingholten, auch das Freibad Hiesfeld spiele weiterhin eine Rolle, „diese Themen haben sich natürlich auf die Wahl niedergeschlagen.“ Das Ergebnis sei „erwartbar“ gewesen, vielleicht nicht in der Höhe. 29,28 Prozent bei der Ratswahl – das sind minus 14 Prozent! Nun gelte es, noch einmal „zu mobilisieren und alles zu geben“. Das sei umso wichtiger angesichts zu befürchtender sinkender Wahlbeteiligung. Heidinger erwartet eine „ernste Herausforderung“.
Das sagt Herausforderin Eislöffel
Auch Michaela Eislöffel klingt, als könne sie das Ergebnis noch nicht glauben – nur glücklicher. „Ich freue mich sehr“, sagt sie, mit einem so großen Zuspruch habe sie nicht gerechnet. „Ich hatte ein gutes Gefühl denn ich habe ja in allen Ortsteilen Wahlkampf gemacht und habe viele Gespräche geführt.“ Aber 37,22 Prozent? „Das hätte ich mich nicht getraut, zu denken.“ Nun starte sie motiviert in den Kampf um die Stichwahl.
Das sagt die CDU
Das Ergebnis zeige, dass die CDU mit Verstärkung in der Lage sei, „dem Bürgermeister seinen Posten streitig zu machen“, frohlockt CDU-Fraktionsvorsitzender Heinz Wansing über Michaela Eislöffel. „Das kann nur mit einem Partner gelingen. Für die CDU allein, egal mit welchem Kandidaten, wäre es nicht möglich gewesen.“ Jetzt, so Wansing, „wird es eng für den Bürgermeister“. Die Verluste, die die SPD bei der Ratswahl eingefahren hat, trösten ihn ein wenig über das schwache Ratswahl-Ergebnis seiner Partei hinweg: 22,61 Prozent holte die CDU, noch einmal sieben Prozent weniger als 2014: „Zufriedenstellend ist das nicht.“
So feiern die kleinen Parteien
Bei den kleinen Parteien herrschte Partystimmung: „Was sagen wir zu diesem Ergebnis?“ ruft Beate Stock-Schröer, Spitzenkandidatin der Grünen in die Runde. Und das Wahlkampfteam bricht in lauten Jubel aus. 19,14 Prozent sind ein historischer Wert für die Grünen. „Ein traumhaftes Ergebnis“, so Beate Stock-Schröer. „Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht und eine starke Truppe. Und die Themen, die wir zu den Leuten gebracht haben, scheinen die die Themen zu sein, die überzeugt haben.“ Michaela Eislöffel habe es in die Stichwahl geschafft – „das ist auf jeden Fall ein „Teilerfolg“, so Grünen-Sprecher Niklas Graf.
„Die Partei“ ist nun Ratspartei
„Hurraaaaa“ brüllt auch „Die Partei“ bei der internen Wahlparty hinter der Kuka angesichts von 4,49 Prozent. „Der Rat muss wohl mit einer neuen Fraktion rechnen“, freut sich der Vorsitzend Ben Perdighe. „Die Partei“ hat vor der Wahl ein Tippspiel veranstaltet: Zwischen zwei und sechs Prozent, tippten die Mitspieler, werde die Partei erreichen. Wer am nächsten dran ist, darf sich ein Fantasie-Amt in der Partei aussuchen: „Betonbeauftragter“ etwa. Externe bekommen fünf Jahre Mitgliedschaft bezahlt.
Giezek unterstützt nun Eislöffel
„Wir haben uns verdoppelt“, freute sich Ulrich Kemmerling, Vorsitzender der Wählergemeinschaft UBV, angesichts von 12,07 Prozent. Nur dem UBV-Bürgermeisterkandidaten Thomas Giezek hätte er mehr Stimmen gewünscht. Der hingegen nahm es gelassen. Mit 17 Prozent habe er gerechnet, 15,32 sind es geworden. „Ich unterstütze bei der Stichwahl Michaela Eislöffel“, kündigt Giezek schon jetzt an.
Auch die FDP ist wieder im Rat vertreten: 4,19 Prozent bedeuten drei Sitze. „Das Wahlergebnis zeigt,dass die Bürger mit der bisherigen Politik nicht zufrieden sind. Wir möchten im nächsten Rat die liberale Stimme der Vernunft sein. Wir freuen uns, dass wir noch mehr Wähler als zuvor gewinnen konnten“, so Vorsitzender Gerald Schädlich. Auch die Linke ist mit vier Sitzen im Stadtrat vertreten, angesichts eines etwas schwächeren Ergebnisses als 2014 ist Bürgermeisterkandidat Gerd Baßfeld damit zufrieden.