Dinslaken/Voerde/Hünxe. Die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz und das Timing der SPD-Spitze sind bei der SPD-Basis in Dinslaken, Voerde und Hünxe nicht unumstritten.
Die SPD will bei der Bundestagswahl mit Finanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen. Dass die Wahl auf ihn fiel, kommt nicht überraschend, ist innerhalb der Partei aber nicht unumstritten. Und so fallen auch die Reaktionen an der Basis in Dinslaken, Voerde und Hünxe unterschiedlich aus.
SPD-Vorsitzender aus Dinslaken: „unnötig früh“
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Reinhard Wolf, Stadtverbandsvorsitzender der SPD Dinslaken hat nicht die Person, wohl aber der Zeitpunkt der Nominierung überrascht: „Einen wirklich anderen haben sie ja nicht, nach den Diskussionen der Vergangenheit lief es auf Scholz hinaus.“ Durch sein Amt in der Bundesregierung stehe Scholz derzeit im Fokus – das treffe aber etwa auch auf Hubertus Heil zu. Beide seien in der Coronakrise fachlich gefordert, beide hätten „einen guten Job gemacht“.
Den Zeitpunkt der Nominierung allerdings hält Wolf für „unnötig früh“. Zum einen, weil die Bundestagswahl erst in einem Jahr anstehe, zum anderen fürchtet er, dass Scholz der Wirecard-Skandal noch negativ ausgelegt werden könnte. „Alles, was Scholz ab heute macht, daran wird man ihn als Kanzlerkandidat messen. Kann der Kanzler? Diese Frage wird sich nun immer stellen und sie wird seine Arbeit nicht leichter machen.“
Mit der Kandidatur von Scholz werde es „keinen Hack-Ruck-Effekt“ geben, glaubt Wolf. Aber seiner Ansicht nach komme die SPD ohnehin erst „aus dem Tal der Tränen, wenn die CDU mit einem einem Kandidaten antritt, der nicht Angela Merkel ist“.
SPD-Chef aus Voerde: „der richtige Mann zur richtigen Zeit“
Für Voerdes SPD-Chef Stefan Weltgen ist Olaf Scholz als Kanzlerkandidat „der richtige Mann zur richtigen Zeit“. Der Sozialdemokrat sieht in dem Bundesfinanzminister einen unaufgeregten, klugen Politiker, der über viel Erfahrung – auch auf dem internationalen Parkett – verfüge und in seinem Handeln auch ein gutes Augenmaß für die Lebensverhältnisse der Menschen vor Ort und die Belange der Kommunen habe. Olaf Scholz sei der erste, der das Thema Altschulden-Erlass für die Städte und Gemeinden angepackt habe. Da, wo er tätig gewesen sei, habe er eine solide Arbeit gemacht. „Er hat keine Entertainer-Qualitäten, aber ich will ja auch keinen Thomas Gottschalk, sondern einen ordentlichen Bundeskanzler“, konstatiert Weltgen mit Blick auf das eher nüchterne Auftreten des Ministers. Scholz habe im Auge, was im „vermeintlich linken Parteienspektrum passiert“, und zugleich sei mit ihm eine Koalition mit der CDU machbar. Und noch etwas schätzt der Voerder SPD-Vorsitzende an seinem in Berlin tätigen Parteifreund – auch in Abgrenzung zu anderen möglichen Kanzlerkandidaten: „An einigen Stellen gibt es so viel Überhitzung, da ist es, glaube ich, nicht schlecht, jemanden mit einem kühlen Kopf dabei zu haben.“
SPD-Vorsitzender aus Hünxe: „jetzt Klarheit geschaffen“
Auch Jan Scholte-Reh, SPD-Chef aus Hünxe, sieht die Kandidatur positiv: Olaf Scholz habe sich in der Corona-Pandemie „als erfahrener und verlässlicher Krisenmanager“ gezeigt, der gemeinsam mit Hubertus Heil und Franziska Giffey auch darauf achtete, dass niemand in der Gesellschaft „unter die Räder kommt“. Als Finanzminister habe er „die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt, um die schlimmsten Auswirkungen vorerst abzufedern“, so Scholte-Reh: „Gerade jetzt können wir diesen Stabilitätsanker gut gebrauchen.“
Auch er übt allerdings leise Kritik am Timing: „Sicherlich hätte man mit der Nominierung noch warten können. Andererseits hat die SPD damit jetzt Klarheit geschaffen, während die Führungsfrage bei anderen für die Zeit nach Merkel noch völlig offen ist.“