Dinslaken. Woher kommt das Fleisch hiesiger Metzger? Das wollen spätestens seit dem Tönnies-Skandal auch viele Kunden wissen. Wir haben nachgefragt.

Die Corona-Pandemie hat den Blick der Politik, aber vielleicht noch viel mehr den der Verbraucher auf die industrielle Fleischproduktion gelenkt. Aber hat sie wirklich zum Umdenken bei den Verbrauchern geführt? Würden die Verbraucher tatsächlich mehr Geld für Fleisch ausgeben, wenn sie wüssten, dass bei den Herstellern von Fleisch- und Wurstwaren das Tierwohl und die gute Verarbeitung an erster Stelle steht? Und wo kommt das Fleisch der örtlichen Metzger her? Wir haben bei einigen nachgefragt.

Verändertes Verhalten

„Wir haben schon vor der Pandemie und den Skandalen um Tönnies und Westfleisch ein verändertes Verhalten der Verbraucher gespürt“, sagt Fleischermeister Dirk Caniels. Sicherlich hätten die Skandale bei noch mehr Menschen einen Denkprozess in Gang gesetzt. „Seit zwei, drei Jahren wird bereits seitens der Kunden mehr Wert auf Klasse statt Masse gelegt“, darin sind sich die Metzgereien Caniels in Dinslaken und Thomas Mölleken aus Hiesfeld einig.

Der Kunde frage vermehrt, woher das Fleisch komme, achte auf Qualität und auf Regionalität. „Wir beziehen unser Rindfleisch beim Bauern Reeh in Ork“, berichtet Dirk Caniels, „der hat sich auf Rinderzucht spezialisiert und auf seinen Weiden grasen für jeden Spaziergänger am Rhein sichtbar rund 150 Rinder.“ Ein bis zwei Rinder bezieht Caniels pro Woche, dazu kommen rund 15 Schweine, die er von anderen Bauern in Voerde einkaufe. „Zum Schlachten nach Rockhoff in Eppinghoven sind es von Ork aus rund fünf Kilometer, also kein großer Transport“, sagt er weiter. Als Metzger lege er sowohl auf das Tierwohl als natürlich auch auf gutes Fleisch Wert.

Kein Fleisch aus der Massentierhaltung

In der Schlachterei Rockhoff, der einzigen in der nahen Umgebung, können sich die Tiere nach dem kurzen Weg erst einmal ausruhen, noch einmal grasen bevor sie einzeln zum Schlachten geführt würden. Dort werden sie auch von Profis verarbeitet und schließlich finden die Rinderteile ihren Weg zum Metzger. „Wir verarbeiten 90 Prozent unserer Fleischwaren selbst, alles kann verwertet werden.“ Es sei kein Bio-Fleisch, stellt er klar, aber auch kein Fleisch aus Massentierhaltung.

Fleischermeister Dirk Caniels zeigt ein Tomahawk Steak aus seinem Dry-Aged-Schrank – die Herkunft des Fleisches ist jederzeit nachvollziehbar. Und die Wege zum Schlachter sind kurz.
Fleischermeister Dirk Caniels zeigt ein Tomahawk Steak aus seinem Dry-Aged-Schrank – die Herkunft des Fleisches ist jederzeit nachvollziehbar. Und die Wege zum Schlachter sind kurz. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Auch bei den Schweinen legt Caniels Wert auf eine artgerechte Haltung, wenn dies auch angesichts der drohenden afrikanischen Schweinepest ein wenig schwierig sei. „Die Bauern halten ihre Tiere derzeit im Stall, allerdings auf Stroh und mit Laufmöglichkeit. Einsehen können Fremde dies nicht, denn steckt sich ein Tier an, müssen alle sofort getötet werden“, so Dirk Caniels.

So erkennt man gutes Fleisch

Thomas Mölleken aus Hiesfeld kann die Angaben nur bestätigen. „Ich übe meinen Beruf seit 1979 aus und bin immer noch mit Liebe dabei, sonst würde ich auch etwas falsch machen“, sagt er. Würden Tiere gut versorgt, gäbe es keine Tiertransporte und sei die Schlachtung so stressfrei wie möglich, sähe man das dem Fleisch an. „Es ist dunkler, zarter, trockener und schmeckt besser“, so Mölleken. Er kauft seine Rinder u.a. bei einem Bauern in der Eifel ein. Auch aus Warendorf, Oberhausen, Neukirchen-Vluyn kommen die Tiere. „Alle stammen von kleinen Betrieben, werden dort vor Ort geschlachtet und mir in Teilen zugeliefert. Sie können sich nicht auf nur einen Erzeuger stützen, denn die meisten Bauern, von denen wir kaufen, halten nur wenige Tiere, diese dafür artgerecht.“

Auch er verarbeitet zu 95 Prozent alles selbst. Dabei spiele weniger die Rezeptur für beispielsweise Wurst eine Rolle, sondern die Qualität des Fleisches. „Nur mit einem guten Rohstoff, kann ich gute Ware erzeugen. Die Gewürzzugabe spielt eher in der Massenverwertung eine Rolle, damit der Geschmack ans Fleisch kommt. Bei uns Metzgern ist es das Fleisch selber, das wirkt.“

Ganze andere Kostenlage

Mölleken schlägt aber auch eine Bresche für die Verbraucher. „Immer wieder gibt man den Kunden die Schuld für den Preiskampf bei Lebensmittel. Sie können aber das Handwerk eines Metzgers nicht mit den Schlachtbetrieben und Discountern vergleichen. Bei uns ist alles Handarbeit, dadurch sprechen wir aber von einer ganz anderen Kostenlage für unsere Produkte. Die aber wiederum können sich viele Menschen gar nicht leisten. Nach Abzug aller Abgaben bleibt vielen nicht mehr ausreichend Geld in der Börse, woher also nehmen“, fragt er sich. Dennoch sieht auch er mit Freude derzeit viele fremde Gesichter in seiner Metzgerei. Vielleicht gibt es ja wirklich ein Umdenken, meint er.

Auch die Fleischerei Oberfohren bezieht ihr Fleisch von hiesigen Bauern aus dem Umkreis bis Brünen – seit 84 Jahren, wie Silke Oberfohren betont. Schon ihr Vater und Großvater hätten großen Wert auf Qualitätsfleisch gelegt. Vor allem jüngere Kunden würden sich vermehrt nach der Herkunft erkundigen und ein paar Kunden seien seit dem Tönnies-Skandal auch hinzu gekommen.

Mittagessen für 200 Kindergartenkinder

„Kein Tönnies, keine Großbetriebe“ liefern das Fleisch für seinen Betrieb, sagt Heinz Engelbrecht – sondern die Landschlachterei Krechter aus Schermbeck und eine weitere kleine Schlachterei. In seinem Betrieb, betont Engelbrecht, würden täglich noch drei Mitarbeiter selbst wursten. Weil die Fleischerei Engelbrecht neben ihrer Kundschaft auch etwa 200 Kindergartenkinder mit Mittagessen versorge, sei die Qualität der Waren ganz besonders wichtig, betont Engelbrecht. Das betreffe im übrigen nicht nur das Fleisch – sondern auch das Gemüse. Auch dort gebe es Qualitätsunterschiede.