Dinslaken. Vor genau 30 Jahren verließ die letzte Ente das Werk. Thomas Beerwerth machte aus grüner Sausss-Ente ein Hoffmann-Cabrio in Französisch-Rot.
Sie ist ein Cabrio in Französisch-Rot, hat zwei Zylinder, 600 Kubikmeter, 29 PS und kommt auf eine Leistung von 110 km/h. Dann allerdings hebt sie ab, fliegt – die Ente oder fachlich der Citroen 2 CV. Auf der Autobahn wird sie selbst von einem langsam fahrenden Lkw überholt und dennoch ist sie für ihren Besitzer Thomas Beerwerth eines der schönsten Autos der Welt. Am 27. Juli 1990, vor genau 30 Jahren, verließ die letzte Ente ihr Werk. Seitdem wird sie nicht mehr hergestellt, dabei war sie einst, zumindest in Deutschland, das Kultauto einer ganzen Generation.
Konzipiert war der Citroen 2 CV ursprünglich für die französische Landbevölkerung, der Anschaffungspreis des 2 CV war niedrig und dank der einfachen Technik waren auch die Unterhaltungskosten relativ gering. So wurde das Auto vor allem bei Studenten in den 1970er Jahren äußerst beliebt und galt für viele als Ausdruck einer nonkonformistischen und konsumkritischen Lebenshaltung der jungen Leute jener Tage.
Preisgünstige Alternative
Thomas Beerwerth, geboren 1963, war in den 1970er Jahren noch zu jung, um dem Kult zu frönen. Erst 1990 fand er im Sondermodell „Charleston“ seine erste Ente. „Mein erstes Auto war ein R 4, das allerdings im Urlaub zusammenbrach“, erzählt Thomas Beerwerth. Auch einen Käfer nannte er schon sein Eigen, der ganze Stolz aber war schließlich in seiner Studentenzeit ein BMW 1802 Z, der allerdings mit seiner Heirat verkauft wurde. Ihm trauert Beerwerth noch heute nach. „Ich war schon im Beruf, als wir als zweites Auto die Charleston-Ente als preisgünstige Alternative zu einem anderen Zweitwagen kauften“, erinnert sich Beerwerth. Aber auch sie wurde eines Tages aufgegeben, das entenlose Leben begann.
Bis – ja, bis vor acht Jahren Sohn Max seinen Vater bat, doch mit ihm ein Auto zu bauen. Ein Ford Mustang sollte es sein. Das aber traute sich der Diplom-Ingenieur und frühere Reviersteiger von Lohberg nicht zu. Ein Freund riet ihm zur leichteren Alternative – der Ente. „Wir legten uns also eine grüne Sausss-Ente zu und bauten sie zu einem Hoffmann-Cabrio um“, erzählt Beerwerth. Einfach sei dies nicht gewesen. Wie das so ist mit Oldtimern – nichts ist so, wie es aussieht. Kleine Schweißarbeiten sollte eine Werkstatt vornehmen, doch dort schüttelte man nur den Kopf. Also bauten Thomas Beerwerth und Sohn Max die Ente erst einmal komplett auseinander, Schraube für Schraube, Blech für Blech bis letztendlich nur ein „Schrotthaufen übrig blieb“. Selbst die Originalfarbe, der grau-blaue Ton, kam recht bald zum Vorschein.
Inzwischen fanden auch die Söhne Simon und Phillip Spaß an der Sache und halfen tatkräftig mit. Zwei Jahre haben Beerwerth und seine Söhne an dem Auto gewerkelt, Motor und Getriebe wurden gereinigt, das Dach des Fahrzeugs hier weggesägt, die hinteren Türen unter einem Bezug versteckt. Das Auto wurde in Französisch-Rot gespritzt, die Sitze wurden neu bezogen, hier und da neue Teile eingebaut. So sind die Scheinwerfer des Cabrios rund und „nicht viereckig wie im Original“, sagt Beerwerth.
Dinslakener schwärmt von wundervollem Fahrgefühl
Dann endlich war es fertig und Söhne und Frau stellten fest – „nein, damit können wir gar nicht fahren“. Tja, die alte Gangschaltung, eine H-Schaltung, bei der der erste Gang nicht vorn, sondern dort liegt, wo sonst der zweite Gang zu finden ist, und ein Wagen ohne technischen Schnickschnack sind halt nicht für jeden geeignet. „Dabei macht genau dies das wunderbare Fahrgefühl aus“, schwärmt Thomas Beerwerth. Die Ente macht zwar Krach, ist auch nicht gerade klimafreundlich und verbraucht mehr Sprit als ein modernes Auto, dafür mache das Fahren aber mehr Spaß. Bei kleineren Touren und schönem Wetter wohlgemerkt.
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Über die Autobahn fährt Beerwerth mit seiner Ente nicht. Die Reparaturen halten sich daher in Grenzen. Dafür hat der Dinslakener schon einen fünfstelligen Betrag in den Bau der Ente gesteckt. „Es war teurer, als ich erwartet habe“, gesteht er. Dafür ist er aber jetzt auch ein Prunkstück, das bei jeder seiner Fahrten bewundernde Blicke auf sich zieht. Gut, die Schräglage beim Sitzen im Auto ist gewöhnungsbedürftig, die Federung, na ja, aber im Gegensatz zu einem hier nicht genannten anderen Auto der späteren Jahre, ist eine Ente noch nie umgekippt. Und Ersatzteile, die gibt es auch heute noch in Massen zu kaufen. Wie es auch immer noch unzählige Entenfreunde wie Thomas Beerwerth gibt.
Seine geliebte Ente würde er nie mehr verkaufen, dennoch sei ihm ein Traum gestattet. „Ich würde gerne zusätzlich noch einen amerikanischen Schlitten aus den 1960er Jahren, am liebsten Baujahr 1963, zusammenbauen“, verrät der Dinslakener.
>>Info: Erste Prototypen kamen 1939 heraus
Bereits 1934 erteilte Citroen-Direktor Pierre-Jules Boulanger den Auftrag, einen Kleinwagen zu entwickeln, der „Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein bietet“. 1939 kamen die ersten Prototypen heraus, der Krieg allerdings zwang zur Pause, die Pläne fürs Auto wurden vor den Deutschen versteckt.
Bei der Pariser Autoausstellung am 7. Oktober 1948 wurde die erste – überarbeitete – Ente enthüllt und als „Konservendose, Modell freies Campen für vier Sardinen“ von der Presse verhöhnt. Da lag die satirische Wochenzeitung wohl damals total falsch, denn noch heute ist die Ente bei ihren Fans in aller Welt Kult.
So natürlich auch beim 2 CV Fliegerclub Dinslaken, der alljährlich in Hünxe-Bruckhausen Entenfans von Nah und Fern begrüßt. Wegen Corona musste allerdings das Treffen in diesem Jahr ausfallen. Doch wer Tipps rund um die Ente finden möchte, ist beim Fliegerclub richtig. Infos unter www.2cvfliegerclub.de.