Dinslaken. Das Jazz Hopping zog coronabedingt von Dinslakens Kneipen ins Burgtheater und weckte so Erinnerungen ans erste Dinslakener Jazz Festival 1964.
Zwischen den Kneipen zwischen zwei Konzerten hin und her hüpfen oder mit der Bimmelbahn herumtuckern: Es machte in den vergangenen Jahren den besonderen Reiz des Jazz Hoppings aus und konnte natürlich bei der diesjährigen CoronaSpezialEdition nicht ersetzt werden. Als kleine Unterstützung ihrer Partner vergab die Jazz Initiative am Samstagabend Gutscheine für die Partnergaststätten vom Ba’re:se bis zum Schnierstrax, die Gewinnerlose waren in den Flyern versteckt, die beim Einlass an die knapp 200 Jazzfreunde verteilt wurden.
Diese erlebten unter dem Titel „Jazz Hopping“ ein echtes „Back to the roots“. Denn die musikalische Kneipentour begann ursprünglich als Vorabend zu einer Konzertreihe im Burginnenhof, deren Titel „Jazz an der Burg“ an das legendäre Festival von 1964 im Burgtheater Dinslaken erinnern sollte. Drei Jazzformationen auf der Bühne im Burgtheater – was anderes als ein wahrhaftes „Jazz an der Burg“ war es sonst, was der, aus der Coronanot geborene und nun so viel Charme entwickelnde „Kultursommer“ jetzt auch für die Jazzer hervorbrachte.
Die Dusty Lane Jazzband ist seit 60 Jahren im Geschäft
Als 1964 besagtes „Jazz an der Burg“ stattfand, war die Dusty Lane Jazzband bereits seit vier Jahren im Geschäft. Und sie ist es bis heute. Mit einem Sound, der von dem inzwischen verstorbenen Pianisten und Arrangeur Hans Peter bis heute geprägt wird: „Louisiana“ spielte die Band in Erinnerung an ihn.
Vom St. Louis Blues bis „When it’s sleepy time down South“ in der Version von Louis Armstrong, dessen stimmliches Timbre Schlagzeuger und Sänger Werner Towet trifft, die Dusty Lane Jazzband swingt. Und dies bezieht sich nicht nur auf 60 Jahre Bandgeschichte, sondern auch auf ihren traditionellen Stil – in alter Frische. „Über alle Maßen lieb’ ich Jazzmusik “ ist Programm.
Offen für den Blick weit über den Tellerrand
Matthias Strucken gehört einer ganz anderen Generation von Jazzern an. Offen für den Blick weit über den Tellerrand, voller Spielfreude und voller innovativer Ideen. Thomas Termath knüpfte für die Jazz Initiative den Kontakt online, als der singende Vibraphonist und Schlagzeuger während des Lockdowns 100 Tage in Folge Songs von daheim streamte.
Dabei gehört er quasi zu einer Dinslakener Familie: der von Ronny Schneider. Matthias Strucken und Jan Schneider lernten sich im Studium kennen, seitdem treten sie nicht nur gemeinsam auf, sondern es verbindet sie auch eine persönliche Freundschaft. Mehrfach erlebte man die beiden auf der Bühne von „Jazz im Pfarrgarten“. Da dieser Abend aber wegen der bekannten Gründe dieses Jahr entfällt, war es eine schöne Gelegenheit, Matthias Strucken (samt Marimba und Glockenspiel), Jan Schneider (Trompete, Flügelhorn, Gitarre) und Jochen Schaal am Kontrabass als Jazz hoch Drei im Burgtheater zu erleben.
Ein Moment, der unter die Haut ging
Ungestüme Spielfreude und eine federleichte Lässigkeit verbindet das Trio. Doch gab es einen Moment, der unter die Haut ging. Jan Schneider spielte früher in der Swinging Monday Big Band. Mit „Sermonette“ erinnerte er an den verstorbenen Harro Düx, der auch Mitglied der Jazz Initiative war.
Und dann wurde das Burgtheater mit brandneuen, teils noch unveröffentlichten Songs in die späten 50er katapultiert. The Bluesanovas eroberten mit Haartollen, schrillen Anzügen und waschechtem Blues und Rock’n’Roll die Bühne und ließen, wie es Thomas Termath 100-pozentig treffend ankündigte, „die Sau raus“. Die Münsteraner mit dem aus Dinslaken stammenden Melvin Schulz genannt Menningmann holen den altmodischen Ausdruck „fetzig“ auf die Bühne zurück, wie man einen alten PS-starken Pick-up aus dem Schuppen holt: generalüberholen, auf Hochglanz bringen und neu auftanken. Ein rauer Bariton am Mikro, Filipe Henrique an der Rock’n’Roll-Gitarre und ein Nico Dreier, der aufs E-Piano hämmert, als wolle er den Saal zerlegen. Was für ein Finale an einem Samstagabend an der Burg.
>>Info: Jazz Initiative legt nach
Das Jazz Hopping weckte Erinnerungen an „Jazz an der Burg“, das Konzert von Quadro Nuevo am 12. August an die frühere FantastivalJazzNight. Auf der großen Bühne im Burgtheater wird die in Dinslaken äußerst beliebte Gruppe ihr Publikum mit „Wunder-Welt-Musik“ verzaubern. Tickets auf www.reservix.de.