Kreis Wesel. In der Corona-Krise ist wieder mehr erlaubt. Doch es gibt eine Grenze für Neuinfektionen: Wie gefährdet ist der Kreis Wesel?

Die vergangene Woche war die Woche mit den wenigsten Neuinfektionen mit dem Coronavirus seit Beginn der Pandemie. Das bestätigt der Kreis Wesel auf Anfrage der NRZ. Vom 5. bis 11. Mai wurden im Kreis Wesel 26 Neuinfektionen mit dem Coronavirus registriert. Das sind 5,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche (7-Tage-Inzidenz). Bei 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche würde eine Verschärfung der Corona-Regeln drohen. Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt.

Die 7-Tage-Inzidenz gibt an, wie viele Neuinfektionen innerhalb der letzten sieben Tage bezogen auf jeweils 100.000 Einwohner gemeldet wurden. Im Kreis Wesel leben rund 460.000 Einwohner. „Die 7-Tage-Inzidenz von 50 wird bei mehr als 230 Neuinfektionen in sieben Tagen überschritten, das wären im Schnitt etwa 33 Neuerkrankungen pro Tag über eine Dauer von sieben Tagen“, so Landrat Dr. Ansgar Müller. „Glücklicherweise“, so Müller, wurde diese Marke seit Beginn der Pandemie noch nicht erreicht.

Die bislang höchste Zahl an labordiagnostisch bestätigten Neuinfektionen innerhalb einer Kalenderwoche lag bei 93, so Kreis-Vorstandsmitglied Michael Maas: In der Woche vom 7. bis 13. April lag die 7-Tage-Inzidenz somit bei 20,2, so Maas. Also ebenfalls weit von der Grenze von 50 entfernt. Die Woche vom 5. bis 11. Mai war die Woche mit der niedrigsten 7-Tage-Inzidenz (5,7).

Keine Änderung der Testpraxis

Wer viel testet, erhält auch mehr positive Ergebnisse – ist somit der Ehrliche der Dumme? Und hat das Auswirkungen auf die Testpraxis? Michael Maas verneint: „Aus Sicht der Kreisverwaltung Wesel gibt es keine Grundlage, die bestehende Testpraxis zu ändern beziehungsweise zu reduzieren.“ Im Gegenteil. Als Folge der Lockerungen müssten die Testzahlen „sogar erhöht werden.“

Außerdem seien die Indikatoren, bei denen Tests angeordnet werden, in allen Landkreisen gleich. Sie beziehen sich auf die jeweils aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und „gelten bundesweit“, so Maas. Zwar könne es, wie nun geschehen, „aufgrund von Sondersituationen wie durch die flächendeckende Testung von Mitarbeitenden in fleischverarbeitenden Unternehmen, die in Wohnunterkünften untergebracht sind, theoretisch zu einem drastischen Anstieg der Infektionszahlen kommen.“ Das aber habe mit den sonstigen Indikatoren „nichts zu tun“.

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Wann sich die Lockerungen – geöffnete Geschäfte, Restaurants und Schulen – bei den Infektionszahlen bemerkbar machen, sei schwer abzuschätzen, so Michael Maas. Generell liege die Inkubationszeit des Coronavirus bei bis zu 14 Tagen. „Ob jemand seinen Hausarzt aufsucht und getestet wird, hängt jedoch stark von der jeweiligen Person ab und davon, ob und wie stark jeweils Symptome auftreten. Eine Einschätzung gestaltet sich also als schwierig.“

Die Konsequenzen sind unklar

Ebenso unklar sind die Konsequenzen, falls der Kreis Wesel doch noch die kritische Zahl von 230 Neuinfektionen in sieben Tagen erreichen würde. Droht dann ein erneuter Lockdown? Oder Einzelmaßnahmen? Landrat Ansgar Müller bliebt vage: „Das kommt jeweils auf die einzelne Situation an und kann nicht verallgemeinernd beantwortet werden.“