Dinslaken. Die Stemmermann-Chöre, darunter die Chöre „Wie im Himmel“ und „Lohberg Voices“ aus Dinslaken, proben in Zeiten von Corona online weiter.
Chorkonzerte unter der Leitung von Rainer Stemmermann sind besondere Gemeinschaftserlebnisse. Davon weiß jeder der schon einmal bei einem dabei war, wenn nicht ein Lied, so zumindest ein „doobidoo“ zu singen. Spätestens nach dem zweiten Refrain dreht er sich zum Publikum und lässt es mit einstimmen.
Doch derzeit ist nicht einmal das gemeinsame Proben der Chormitglieder selbst möglich. Gesungen wird trotzdem, das Stimmtraining findet, wie so vieles in diesen Tagen, zu Hause statt, Rainer Stemmermann versorgt seine Dinslakener Chöre „Wie im Himmel“ und „Lohberg Voices“, die „DC Voiceband“ und „Young People Chor & Band“ aus Essen mit kleinen Videos und Audio-files und, was mindestens so wichtig ist, mit dem Gefühl, dass es weiter geht und dass der Kontakt nicht abreißt.
Erinnerungen
Auch Rainer Stemmermann spricht über die Zeit „davor“, vor dem 12. März, als es mit den Konzertabsagen Schlag auf Schlag ging und schließlich alle öffentlichen Veranstaltungen verboten wurden, als läge diese Zeit weit in der Vergangenheit. „Es kam zu plötzlich“, erklärt er sich dieses Phänomen. „Es war ja noch eine ganz normale Probewoche, der andere folgen sollten. Wir hätten uns doch ganz anders von einander verabschiedet, wenn wir gewusst hätten, dass wir uns auf unbestimmte Zeit nicht mehr sehen können.“ Es ist gerade diese Unbestimmtheit, die Chöre und auch Ensembles im Moment so belastet. Reguläre Pausen oder Chorferien – auch jetzt wird es bei den Stemmermann-Chören über Ostern keine Online-Proben geben, sind normal und nach einer klar definierten, absehbaren Zeit vorbei. Das Versammlungsverbot dagegen ist mit Ungewissheit belastet.
Klare Ziele gesetzt
Der Chorleiter zeigt sich im Gespräch auch sehr realistisch, was ein verantwortungsvolles Handeln zur Eindämmung der Infektionsgefahr angeht: Er rechnet mit einer Normalisierung nicht in Wochen, sondern erst in Monaten. Aber gerade in dieser Einschätzung liegt eine Stärke: Stemmermann setzt seinen Chören klare Ziele dagegen, auf die sie hinarbeiten können. Er erarbeitet mit ihnen konkrete Konzertprogramme und hält ihnen so eine Vision vor Augen, die es zu verwirklichen gilt.
Die Strecke dorthin gilt es nun sinnvoll zu überbrücken, wenn auch die Mittel eingeschränkt sind. Denn Videokonferenzen über Zoom können keine Chorprobe ersetzen, schon technisch ist ein echtes gemeinsames Singen, die klangliche Mischung von einzelnen Stimmen zu einem Klangkörper mit eigener Charakteristik, Timbre und Dynamik nicht möglich. Aber das Hinarbeiten auf ein Programm, das in der „Zeit danach“ vor und mit echtem Publikum das Gemeinschaftsgefühl in der Musik feiern wird, macht stark und verbindet. Dafür vernetzt sich Reiner Stemmermann derzeit mit Kolleginnen und Kollegen, erarbeitet Übungsmodule, probiert unterschiedliche Plattformen und Programme aus.
Strukturen
Selbst die Uhrzeiten der Chorproben gelten auch in der digitalen Welt. Pünktlich zum regulären Beginn versendet Stemmermann aus seinem heimischen Arbeitszimmer eine Begrüßungsmail. MP3 mit Übungen zur Stimmerhaltung und zum Stimmaufbau sowie Audio Coaches und Midifiles sowie die Gelegenheit zur Videokonferenz folgen.
Auch besteht die Möglichkeit, sich selbst aufzunehmen und vom Chorleiter Tipps, Anleitungen und Korrekturen zu erhalten. Ein besonderes Projekt geht jetzt zunächst der Essener Gospelchor „Young People“ an, die anderen Chöre wissen allerdings auch schon für sich selbst davon: Reiner Stemmermann hat ein Programm gekauft, mit dem aus vielen einzelnen Videos ein Film geschnitten wird, in dem kleine Bilder zu einem großen zusammengefügt werden. Dieses gemeinsame Chorstück aus separat aufgenommenen Einzelstimmen soll auf Youtube hochgeladen werden.
Und, den Wunsch haben Chormitglieder schon geäußert, auf einer Leinwand gezeigt werden, wenn das erste gemeinsame Konzert nach dem Shut-down die Sängerinnen, Sänger und ihren Chorleiter auf der Bühne zusammenbringt.
Chancen
Und so kann Reiner Stemmermann der derzeitigen Situation auch Chancen abgewinnen. „Jeder einzelne lernt, sich besser zu beobachten, Und wir schaffen neue Strukturen des Lernens, des Austausches, der Vernetzung und der Nutzung technischer Möglichkeiten.“ Auch wenn kein digitales Format je das echte, gemeinsame Singen im Chor ersetzen kann.
Wenn die Kontakteinschränkungen noch lange dauern, werden unter Umständen noch der Chor „NRW-Tune Up“ und vielleicht auch Rainer Stemmermanns Schulchor an der Waldorfschule hinzukommen.
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