Dinslaken. Wilhelm Krechter, Geschäftsführer der Wohnbau Dinslaken, erklärt, warum sozialer Wohnungsbau für Unternehmen wirtschaftlich unattraktiv ist.
In den vergangenen zwei Wochen haben wir die Ergebnisse des NRZ-Bürgerbarometers 2020 vorgestellt. Unter anderem ging es bei den durchgeführten Interviews um das Thema Wohnen. Herausgekommen ist bei der repräsentativen Umfrage, dass die Dinslakener den Mangel an bezahlbarem Wohnraum kritisieren. Häufig wird damit der soziale Wohnungsbau verbunden. Doch was steckt hinter diesem Begriff. Darüber hat sich die Redaktion mit dem Geschäftsführer der Wohnbau Dinslaken, Wilhelm Krechter, unterhalten.
Was heißt sozial geförderter Wohnungsbau?
Als sozial geförderten Wohnungsbau bezeichnet man die staatliche Förderung sowie weitere Maßnahmen für Haushalte bzw. Personengruppen, die ihren Bedarf auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt nicht aus eigener Kraft decken können.
Warum sind einige Haushalte auf sozial geförderten Wohnraum angewiesen?
Hintergrund ist oftmals, dass in den Haushalten entweder das Einkommen zu niedrig ist oder auch der regionale Wohnungsmarkt durch einen enormen Nachfrageüberhang preislich stark überhöht ist. Zudem haben es kinderreiche Haushalte, Alleinerziehende, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung häufig besonders schwer, eine ihren Bedürfnissen angemessene Wohnung zu finden.
Wer hat Anspruch auf eine sozial geförderte Wohnung?
Im Rahmen der Förderung von Mietwohnraum werden Belegungs- und Mietpreisbindungen begründet. Der Vermieter einer sozial geförderten Wohnung darf nur an solche Haushalte vermieten, die über einen Wohnberechtigungsschein (WBS) verfügen. Einen WBS erteilt das örtliche Wohnungsamt, wenn die jeweils maßgeblichen Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Im WBS ist auch die zustehende Wohnungsgröße festgelegt, die abhängig von der Anzahl der Personen ist, die zu einem Haushalt gehören.
Welche Anforderungen und Mindeststandards gelten für sozial geförderte Wohnungen?
Bei der Planung sind städtebauliche Qualitäten, barrierefreies Wohnen und Wohnflächenobergrenzen umzusetzen. Bei einer barrierefreien Drei-Zimmer-Wohnung liegt die Obergrenze beispielsweise bei 77 m², mit zusätzlicher Badewanne bei 82 m² und bei Rollstuhlnutzung bei 87m².
Warum rentiert es sich für Wohnungsunternehmen derzeit nicht, sozial geförderten Wohnraum anzubieten?
Die Bauqualität und damit die Herstellungskosten pro Quadratmeter Wohnfläche unterscheiden sich kaum von frei finanzierten Wohnungen. Der wesentliche Unterschied liegt in der Miethöhe. Für geförderte Flächen ist die Miete hier in unserem Gebiet auf 5,80 Euro/m² begrenzt, während sich die Marktmiete zwischen 9 und 10 Euro/m² bewegt. Ein Förderdarlehen ist zwar zinsfrei, ein Darlehen bei einer Bank ist allerdings derzeit auch schon für circa ein Prozent Zinsen zu bekommen. Da nehmen viele Investoren lieber das Darlehen von einer Bank und vermieten die Wohnungen zum höheren Preis.
Muss die Wohnbau Dinslaken eine Mindestprozentzahl an sozial geförderten Wohnungen zur Verfügung stellen?
Nein. Im Unternehmensleitbild der Wohnbau Dinslaken GmbH ist die Wohnungsversorgung für breite Bevölkerungsschichten aber verankert. In einem verträglichen Maße sind auch solche Wohnungssuchende zu berücksichtigen, die als sozial schwächer gelten. Derzeit sind von unseren circa 6000 Bestandswohnungen rund 22 Prozent, also circa 1300 Wohnungen, öffentlich gefördert. Eine immer wieder diskutierte einheitliche Quote für geförderte Wohnungen bei Neubauvorhaben halte ich nicht für zielführend. Mein Anliegen ist es, in jedem einzelnen Gebäude, Quartier und Stadtteil Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten bereitzustellen, um eine soziale Durchmischung zu erreichen. Damit stabilisieren wir die Stadtgesellschaft und verhindern soziale Ghettos.
Warum ist es in Dinslaken derzeit schwierig, sozial geförderte Wohnungen zu errichten?
Bauland ist auch hier knapp. Das treibt die Grundstückspreise in die Höhe. Unser Ziel, eine soziale Durchmischung in allen Stadtteilen zu erreichen, scheitert immer wieder daran, dass wir insbesondere in gefragteren Quartieren mit anderen Investoren konkurrieren, die bedingt durch höhere Mieteinnahmen höhere Grundstückspreise finanzieren können. Die Stadt Dinslaken steuert bei eigenen Grundstücksflächen dagegen. Für unser letztes Bauvorhaben mit einem Anteil geförderter Wohnungen an der Helenenstraße wurde uns das Grundstück zu einem günstigen Erbbauzins zur Verfügung gestellt. Für das Gelände der Trabrennbahn werden ähnliche Modelle diskutiert.
Die Fragen stellte Dennis Freikamp