Voerde. Etwa 500 Menschen setzten bei der Demo „Voerde zeigt Flagge“ ein Zeichen gegen Hass. Vier Jugendliche berührten die Teilnehmer ganz besonders.

„Voerde zeigt Flagge“ – diesem Aufruf des Stadtrats sind am Samstag rund 500 Menschen gefolgt. Menschen aller Generationen und Parteien, Vertreter der Kirchen und der muslimischen Gemeinde, des Bündnisses für Demokratie und Toleranz im Kreis Wesel, der Friedensgruppe, der Landrat, der Voerder Bürgermeister und seine beiden Amtsvorgänger, die Bürgermeister aus Duisburg, Hamminkeln, Schermbeck, Sonsbeck, Alpen, und der stellvertretende Bürgermeister aus Dinslaken – sie alle waren zur Kundgebung auf den Voerder Rathausplatz gekommen, um ein Zeichen für Demokratie und gegen Hass und Ausgrenzung zu setzen. Es wurde ein Ausrufezeichen.

Das war der Anlass für die Kundgebung

Anlass der Kundgebung war, so erinnerte Heiko Dringenberg, ehemaliger Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Götterswickerhamm, eine AfD-Veranstaltung in der Voerder Gaststätte „Jedermann“ in der vergangenen Woche. Das, so betonte Dringenberg im Namen der Veranstalter, war aber nur „ein Anlass, nicht mehr“. Der Grund, warum Voerde Flagge zeigen müsse, liege „in der traurigen Erkenntnis, wohin Hass und Hetze geführt haben, im tiefen Erschrecken über die Radikalisierung und den Terror im Land“. Elf Namen verlas Dringenberg, die Namen der Menschen, die bei dem Anschlag eines Rechtsradikalen in Hanau gestorben sind. Stille auf dem Rathausplatz.

ie Rechtsnationalen würden versuchen, „diese Mordtaten als Ergebnis einzelner verwirrter Menschen darzustellen. Das ist nicht nur falsch, das ist auch heuchlerisch“, rief Dr. Ulrich Krüger, früherer Voerder Bürgermeister und Bundestagsabgeordneter. Es gehe um die Frage, „wer hat das Klima vorbereitet, dass etwas derartiges überhaupt geschehen konnte“.

Demo Voerde zeigt Flagge gegen Rassismus

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    Das sagte Bürgermeister Haarmann zur AfD-Versammlung in Voerde

    Hanau, mahnte Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann, „war nur die Spitze.“ Auch in Voerde sei eine „stetige und beängstigende Durchsetzung unserer Gesellschaft mit extremistischem Gedankengut“ zu beobachten. Angesichts der „Tatsache, dass antidemokratische Kräfte unter dem Deckmantel der selbsternannten Bürgerlichkeit nun in Voerde versuchen, Fuß zu fassen“, sei es Zeit, dass die Menschen in Voerde „ein deutliches Zeichen setzen“.

    Bürgermeister Dirk Haarmann rief zum „Aufstand der Anständigen“  auf.
    Bürgermeister Dirk Haarmann rief zum „Aufstand der Anständigen“ auf. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

    Vor allem auf Facebook würden die „Hemmschwellen sinken“. Diese Erfahrung musste auch der Bürgermeister selbst machen, als er per Facebook-Botschaft die AfD-Veranstaltung in Voerde kommentierte. „Verschwörungstheorien“ seien verbreitet worden, „ich oder jemand in meinem Umfeld hätten die Wirtin der Gaststätte unter Druck gesetzt, sich in dem von ihr veröffentlichten Video von der AfD zu distanzieren.“ Der Gipfel sei eine angekündigte Strafanzeige gegen Haarmann und übrigens auch gegen die Wirtin gewesen. Dazu dürfe nicht geschwiegen werden, forderte Dirk Haarmann: „Wir brauchen einen Aufstand der Anständigen.“ Er betonte: „Wir respektieren das Hausrecht von Gastwirten und sprechen uns gegen eine Diffamierung dieser aus, auch wenn uns deren Entscheidungen nicht gefallen.“

    Erinnerung an die Proteste gegenFlüchtlingsunterkünfte

    „Hass und Rassismus sind auf dem Vormarsch und wir Demokraten müssen uns dem entgegenstellen“, forderte Dorothee Dicke von der Friedensgruppe Voerde und erinnerte an die Proteste von Voerder Bürgern vor fünf Jahren Bürgern gegen die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften in ihrer Nähe.

    Michael van Meerbeck hat in seiner Funktion als Caritasdirektor viel mit den Flüchtlingen zu tun. Als Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Toleranz im Kreis Wesel mahnte er: Niemand dürfe „wegen seiner Herkunft, seiner Parteilichkeit, seines Glaubens und seiner Überzeugungen ausgegrenzt und diskriminiert werden. Wir sind in einer bunten Gesellschaft und das ist gut so.“

    Voerde zeigt Flagge

    Demonstration für eine demokratische Gesellschaft.
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    Demonstration für eine demokratische Gesellschaft.
    Demonstration für eine demokratische Gesellschaft. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich
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    Susanne Jantsch, Pfarrerin der evangelischen Gemeinde Spellen-Friedrichsfeld rief auf zum „inklusiven, würdigenden und achtsamen Miteinander in unserer Stadt“.

    Landrat Müller: „Arsch huh“ – aber auch Dialogbereitschaft

    Viele Worte, denen Leonhard Spitzer, früherer Bürgermeister von Voerde, sich anschloss, die er aber nicht wiederholen wollte: „Lassen Sie uns handeln und aufstehen, wenn uns irgendwo etwas auffällt.“ Viel mehr Bürger sollten sich „in die Politik einmischen“, forderte Spitzer. „Arsch huh, Zäng ussenander“, so formulierte es Landrat Dr. Ansgar Müller. Stephan Brandner, der Afd-Bundestagsabgeordnete und Redner bei AfD-Veranstaltung in Voerde und seine Gesinnungsgenossen seien „Brandstifter und diese können nicht Teil der Demokratie sein, weil sie sie vergiften.“ Müller lud alle AfD-Anhänger „ein, wieder an den Tisch der Demokraten zurückzukehren. Ich biete ihnen den Dialog an.“

    Polizei und Staatsschutz waren vor Ort

    Tatsächlich war, wie angekündigt, eine Abordnung der AfD auf dem Rathausplatz, hielt ein Transparent „Entdemokratisierung stoppen“ in die Höhe. Eine Diskussion darüber wollten die AfD-Anhänger nach der Demo aber nicht führen. Sie rollten das Plakat ein und verschwanden. Die Polizei, die mit einer großen Mannschaft und auch mit dem Staatsschutz vor Ort war, musste nicht eingreifen.

    Dazu riefen Schülerinnenaus Voerde auf

    Die Stimmen der Voerder Jugend: Kimi und Jasmin - und dahinter Jasmin und Amira.  
    Die Stimmen der Voerder Jugend: Kimi und Jasmin - und dahinter Jasmin und Amira.   © nrz | aha

    Vier Jugendliche aus Voerde, Jasmin und Amira sowie Kimi und Jasmin schlugen die Brücke zwischen der Vergangenheit und Gegenwart. Jasmin und Amira vom Auschwitz-Projektkurs des Gymnasiums Voerde, berichteten in bewegten und berührenden Worten von ihrem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz, von dem massenhaften Morden, der Entmenschlichung der Mitmenschen durch die Nationalsozialisten: „Wie konnte es soweit kommen, wie konnten Menschen einander so etwas antun?“, frage Jasmin. Auschwitz, so zitierte sie den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, sei nicht vom Himmel gefallen. Der Hass auf Juden sei damals ebenso gesellschaftsfähig geworden wie heute die Hasskommentare in sozialen Medien: „Lassen wir es nie wieder so weit kommen,“ so die GV-Schülerin.

    Und die 15-jährige Kimi rief auf: „Wir sind gegen Rassismus und Hass. Wir alle sind Menschen. Also lasst uns daran glauben, dass wir gemeinsam etwas bewirken können!“ Die rund 500 Menschen auf dem Rathausplatz applaudierten. Darunter war übrigens auch die Wirtin des „Jedermann“.