Dinslaken. In Dinslaken sollen in diesem Jahr 17 weitere Stolpersteine verlegt werden. Auch sieben Bewohnern des Israelitischen Waisenhauses wird gedacht.
Etwa 110 Stolpersteine erinnern bisher in Dinslaken an die Opfer des Holocaust. 110 Menschen, Bürger aus Dinslaken, die von den Nationalsozialisten aus ihren Leben gerissen, gefangen genommen und meist in Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet wurden. 17 weitere Stolpersteine an fünf Stellen im Stadtgebiet sollen in diesem Jahr hinzu kommen. Künstler Gunter Demnig will auf Initiative des Vereins Stolpersteine Dinslaken am 20. Juni nach Dinslaken kommen und sie verlegen.
Sieben neue Stolpersteine sollen an die Bewohner des Israelitischen Waisenhauses an der Neustraße 43 erinnern. Die Kinder des Waisenhauses wurden am 10. November 1938 aus dem Haus vertrieben und durch die Stadt getrieben.
Auch die Polizei wollte nicht helfen: Juden stünde kein Schutz zu, hieß es. Die Kinder konnten erst nach Köln und dann nach Belgien gebracht und – vorübergehend – gerettet werden. Nur die Hälfte der Kinder des Waisenhauses überlebte.
Die Geschwister Franziska und Regine Garbownik waren bei dem Pogrom 14 und 16 Jahre alt. Sie wurden 1942 nach Auschwitz deportiert. Heinz Eschwege gehörte zu den Kindern des Waisenhauses, die am 20. Dezember 1938 mit dem ersten Kindertransport nach Belgien gelangten. Er wurde von dort 1944 nach Auschwitz deportiert, überlebte die Zwangsarbeit in Monowitz bei der I.G. Farben. „Er musste sich mit Tausenden Häftlingen von Auschwitz aus am 17. Januar 1945 auf einen Todesmarsch Richtung Westen begeben und starb am Tag seiner Ankunft am 29. Januar 1945 im Krankenbau des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora“, berichtet Anne Prior, Vorsitzende des Vereins Stolpersteine Dinslaken.
Die Geschwister Max und Oskar Steuer, die bei dem Pogrom gerade einmal acht bzw. sieben Jahre alt waren, gelangten von Belgien aus in die Niederlande zu ihrer Mutter. Sie wurden alle drei von Westerbork aus deportiert und am 17. September 1943, mit 13 bzw. zwölf Jahren, in Auschwitz ermordet. Ruth und Lieselotte Frohmann waren Zwillinge. Sie lebten, nachdem sie 1937 aus dem Waisenhaus fortzogen, in einem Hachschara-Lager in Steckelsdorf. „Von dort wurden sie vermutlich nach Auschwitz deportiert“, so Anne Prior.
An der Bahnstraße 3 sollen vier Stolpersteine an Sally Stahl sowie seine Ehefrau Sofie und die Töchter Gerda und Ilse erinnern. Sally Stahl hatte dort eine Metzgerei. Ilse Stahl starb in Auschwitz. Der Rest der Familie überlebte und flüchtete in die USA: An der Wielandstraße 1a lebte Lehrer Mendel Heilbronn. Er war ab 1927 Lehrer an der jüdischen Volksschule in Dinslaken und geriet 1933 in die Mühlen der NS-Behörden. Er wurde mutmaßlich ein Opfer der NS-Euthanasie.
An der Wilhelm-Lantermann-Straße 51 soll ein Stolperstein an Sara Mahnke erinnern. Sie war mit einem Christen verheiratet, der sich scheiden ließ. Danach war sie „völlig schutzlos“, sagt Anne Prior. Sie wurde in Kulmhof ermordet.
An der Wilhelm-Lantermann-Straße 56 lebte der Viehhändler Benjamin Isaacson mit Ehefrau Emma sowie Hedwig und Anita. Benjamin und Emma wurden 1942 ins Ghetto Izbica deportiert und ermordet. Hedwig konnte nach Großbritannien, Anita in die USA flüchten. Beide überlebten.
>>Hintergrund:
Die ersten Stolpersteine zur Erinnerung an die nationalsozialistischen Opfer in Dinslaken verlegte Gunter Demnig am 7. Februar 2012.
Informationen zu Opfern aus Dinslaken und bereits verlegten Stolpersteinen stehen auf der Homepage des Vereins Stolpersteine Dinslaken: https://www.stolpersteine-dinslaken-ev.de/