Voerde. Kita-Eltern klagen über die Betreuungssituation in Voerde und starteten Petition. Unterschriften waren schnell zusammen. So reagiert die Stadt.

An den Kindergärten in der Stadt gibt es massive Personalprobleme. Dieser Ansicht sind mehrere Eltern in Voerde. Stellvertretend für sie hat Nina Hähnel am 11. Dezember des vergangenen Jahres eine Online-Petition ins Leben gerufen – und hohe Resonanz erhalten: Etwa einen Monat später, genauer am 13. Januar, hat sie die erforderlichen 915 Unterschriften gesammelt und kann die Petition vorzeitig beenden.

Am vergangenen Montag hat sie die Unterschriftensammlung gemeinsam mit Manuela Ehmke (1. Vorsitzende des Jugendamtselternbeirates (JAEB) Voerde) und Vanessa Hüsken (Elternbeirätin an der Kita Brunnenweg) an Bürgermeister Dirk Haarmann, den für unter anderem die Kindergärten in der Stadt zuständigen Beigeordneten Jörg Rütten und André Heller (Fachbereichsleiter Soziales und Jugend) übergeben.

„Ich habe die große Hoffnung, dass das Thema nun diskutiert und das Personal aufgestockt wird. Den Erziehern in Voerde muss endlich der Rücken gestärkt werden“, sagt Nina Hähnel.

Das sind die Forderungen

An allererster Stelle wünschen die Kita-Eltern sich natürlich mehr Personal. Denn auch, wenn der Personalschlüssel in Voerde auf dem Papier zwar die vorgegebenen Mindeststandards erfüllt, führten schon kurze Krankheitsausfälle zum Versagen des Systems – immer häufiger würden Notgruppen eingerichtet oder Eltern gefragt, ob sie aushelfen oder ihre Kinder nicht gleich besser Zuhause betreuen könnten.

„Der Stellenbemessungsschlüssel ist schlichtweg nicht realistisch“, kritisiert Nina Hähnel. Die Dokumentationsarbeit in den Kitas sei in den vergangenen Jahren mehr und mehr angestiegen, die steigende Betreuung von Kindern unter drei Jahren (U3) lasse das Arbeitspensum ohnehin schon ins Unermessliche steigen.

„Unsere Erzieher sind am Leistungsmaximum angelangt. Sie stehen so sehr unter Druck. Das ist für sie selbst nicht förderlich und für unsere Kinder auch nicht. Die eigentliche Kindergartenarbeit fällt oft hintenüber. Und unsere Kinder sind es, die dann schlussendlich darunter leiden. Das kann so nicht weitergehen!“

Nina Hähnel ist mit ihrer Ansicht nicht alleine. Für das NRZ-Gespräch über die Kita-Situation in der Stadt hat die Mutter, die ihre beiden Kinder an der vom Träger „Pro Jugend“ betriebenen Kita Brunnenweg betreuen lässt, auch drei Mütter anderer Kindergärten mit anderen Trägern gewinnen können.

Sie alle teilen ihre Ansicht, wollen die Situation auch nicht mehr hinnehmen. Darunter ist auch Theresa Mintjalla, deren Kind die katholische Kita St. Peter besucht. Sie ist selbst Erzieherin, arbeitet an einer Kita in Hünxe und sagt: „Da haben wir diese Personalprobleme nicht.“

Denn auch wenn es den Erziehermangel natürlich gebe, bekämen es andere Kommunen offenbar besser hin, Personal zu gewinnen. Es sei schon mehrmals vorgekommen, dass Erzieher aus Voerde an Kitas in anderen Kommunen gewechselt hätten. „Weil dort die Vergütung und die Arbeitsbedingungen attraktiver sind oder, weil sie sich hier von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln mussten.“ Hier, so glaubt Mintjalla, könne man ansetzen. Sie schildert ein Beispiel einer Jahrespraktikantin, die „unglaublich geeignet ist für den Job“. „Wenn man ihr nur eine zeitnahe Aussicht auf eine Übernahmen geben könnte...“

Das sagt die Stadt

Die Stadtspitze hat bei der Übergabe der Petition das Gespräch zu Initiatorin Nina Hähnel und den anderen Eltern gesucht. „Wir werden uns jetzt natürlich weiter damit befassen“, sagt Bürgermeister Dirk Haarmann den Eltern zu und gibt auch zu: „Dass wir grundsätzlich gut beraten wären, den Betreuungsschlüssel zu erhöhen, ist kein Geheimnis.“ Dies sei aufgrund der klammen Haushaltslage in Voerde aber nicht einfach so möglich – und eine Erhöhung der Kita-Beiträge sei, so betont Haarmann, „keine Option“.

Die Stadt versuche schon jetzt, die Situation mit zusätzlichen Leistungen zu verbessern. So habe man in der Vergangenheit unter anderem die Kita-Leitungen von der Betreuung in den Gruppen freigestellt oder die Stundenanzahl der Küchenkräfte erhöht. Auch stelle man regelmäßig Praktikanten ein. „Das sind alles freiwillige Leistungen, die wir nicht refinanziert bekommen“, erklärt der Beigeordnete Jörg Rütten.

Das Thema „Personalnot in den Kitas“ würde nun in den zuständigen politischen Gremien behandelt (mehr Info siehe unten). „Sobald wir ein vollständiges Bild davon haben, was die zum 1. August anstehende Änderung des KiBiz mit sich bringt“, sagt Bürgermeister Haarmann.

Die Reform des NRW-Kinderbildungsgesetzes hatte der Landtag bekanntlich Ende des vergangenen Jahres beschlossen und will so beispielsweise ein zweites kostenloses Kitajahr ermöglichen. Haarmann kritisiert die Entscheidung. Er hätte sich stattdessen gewünscht, das dafür ausgegebene Geld in die Verbesserung der Betreuungsqualität zu investieren.

>> SO GEHT ES WEITER

  • Die Stadt hat die Eltern nun darum gebeten, die Personalsituation in der nächsten Sitzung des Jugendamtsbeirates zu thematisieren und ein umfassendes Bild aus allen Kitas in der Stadt zusammenzutragen. „Auf der Grundlage werden wir das städtischerseits dann bearbeiten“, sagt Bürgermeister Dirk Haarmann.
  • Anschließend sollen die Themen „Personalsituation“ und „Kita-Reform“ im Jugendhilfeausschuss diskutiert werden. Die Verwaltung geht aktuell davon aus, dass die Themen in der zweiten Sitzungsfolge, also Ende Mai, behandelt werden. Die Petition wird zudem an den Petitionsausschuss des Landtags weitergegeben.