Voerde. Hans Martin Seydel regt für Voerde eine Begrünungsrichtlinie an, mit der die Stadt bei Baumaßnahmen mehr auf das Baumvorkommen zu achten hat.

Im vergangenen Sommer hat der Stadtrat mit den Stimmen von SPD und Grünen in Voerde den Klimanotstand ausgerufen – ein ehemaliger, leitender Mitarbeiter der Verwaltung bittet die Politik, sich in diesem Lichte mit der Frage zu beschäftigen, ob die Kommune nicht eine Richtlinie erlassen sollte, die den Erhalt – bei einem Abgang den Ersatz – und bei Baumaßnahmen das Pflanzen von Bäumen im öffentlichen Raum zur Maßgabe macht. Der Verfasser des Bürgerantrags, Hans Martin Seydel, erinnert an den „zweiten Rekord-Hitze-Sommer“ im vergangenen Jahr. Unerträgliche Temperaturen habe es insbesondere dort gegeben, wo Steine und Beton die Wärme „festhielten“.

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Nur im Schatten großer Bäume sei ein längerer Aufenthalt im Freien möglich gewesen. Der frühere Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Baurecht der Stadt Voerde, der seit Sommer 2017 im Ruhestand ist, führt die positiven Eigenschaften von Bäumen an: Sie spenden Schatten, speichern das klimaschädliche Kohlendioxid (CO2) und ihre Verdunstung kühle die Luft. Angesichts dieser Fähigkeiten sollte man meinen, „dass allenthalben in den Städten Bäume gepflanzt werden, um angesichts der Klimaveränderung das Leben im öffentlichen Raum erträglich zu halten und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“. Leider sei häufig das Gegenteil der Fall, bedauert Seydel.

Dabei lenkt er den Blick auf Straßenumbauten. Dort, wo Anlieger an den Maßnahmen finanziell beteiligt werden müssen, sorgten diese dafür, dass „nur das Notwendigste passiert“. Die Interessen der Allgemeinheit gingen unter, wenn Kosten eingespart werden könnten.

Seydel: Nicht fehlende Einsicht bei Stadtplanern führt zu baumfreien Baumaßnahmen

Seydel verweist in dem Zusammenhang auf die Debatte über den Ausbau der Taubenstraße in Dinslaken – oder ähnliche Fälle im Voerder Stadtteil Möllen. Dort könne man hier und da erhöhte Pflasterflächen – zugepflasterte Baumbeete – bewundern, „weil die Anlieger keine Bäume wollten“. Für die Qualität der Straßen „wäre es sicher besser“, wenn diese nicht mehr an den Kosten beteiligt würden, findet Seydel. Es sei nicht die fehlende Einsicht bei den städtischen Planern, die immer wieder zu „,baumfreien’ Baumaßnahmen“ führe. Auf Bäume zu verzichten, spare Kosten und verhindere Konflikte mit den vielen Leitungen, die in den Straßen verlegt seien. Die Städte unterlägen dem Sparzwang und stünden gegenüber den „vielfach allein kostenbewussten Bürgern auf schwachem Posten“.

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Mit der Einführung einer sogenannten Begrünungsrichtlinie hätte die Stadt gegenüber dem Bürger eine Handhabe. Es müssten gute Gründe angeführt werden, der Leitlinie nicht zu folgen. Diese soll folgende Punkte festlegen: Bäume im öffentlichen Raum sind vorrangig zu erhalten und im Falle eines Abgangs zu ersetzen. Bei Baumaßnahmen ist pro etwa 200 Quadratmeter versiegelter öffentlicher Fläche „mindestens ein Laubbaum zu pflanzen“. Ausnahmen davon sollen nur dann möglich sein, wenn Bäume bereits vorhanden sind, die Verkehrsabwicklung einschließlich Zufahrten den gesamten verfügbaren Raum beansprucht oder wenn die Dichte vorhandener Leitungen auch bei einem Einbau geeigneter Schutzmaßnahmen keine Baumpflanzung zulässt. Zudem soll die Richtlinie beinhalten, dass dem Stadtrat regelmäßig über die Umsetzung der darin verankerten Maßgaben berichtet wird.

Anpassungen sollen in Einzelfällen möglich sein

Für Seydel ist es wichtig, bei einer Richtlinie zu bleiben und keine Satzung zu erlassen. In der Form handele es sich um keine unmittelbar bindende Vorschrift. Heißt: Anpassungen in Einzelfällen wären möglich, bürokratischer Aufwand werde vermieden. Die „Begrünungsrichtlinie“ ist nach Ansicht Seydels eine Maßnahme zur Klimafolgenbewältigung und diese passe insofern gut zum ausgerufenen Klimanotstand. Wenn Beschlüsse zu dieser Erklärung des Stadtrates vom vergangenen Sommer ernst genommen werden, dann gehörten Maßnahmen „zur Erhaltung und Verbesserung des Grüns in den Städten ganz sicher dazu“, findet er. (P.K.)