Dinslaken. Dirk Nickel bekam ein Knöllchen, weil er ohne die grüne Feinstaub-Plakette in der Umweltzone Dinslaken parkte – mit einem Elektro-Auto.
Als Familie Nickel sich ein Elektroauto zugelegt hat, war das eine bewusste Entscheidung. Ein E-Auto sei gut für die Umwelt, sparsam im Verbrauch – und außerdem kann man damit in Dinslaken bis zu vier Stunden kostenlos in der Innenstadt parken. Dachten jedenfalls die Nickels jüngst vor dem Kinobesuch – und staunten danach sehr, als an der Windschutzscheibe des E-Autos ein Knöllchen der Kreispolizei pappte – weil das E-Auto keine grüne Umweltplakette an der Scheibe hatte.
„Das Auto hat ja noch nicht einmal einen Auspuff“
„Wir dachten zunächst an einen Scherz“, seufzt Dirk Nickel. Schließlich dient die Umweltplakette als Nachweis, dass der Wagen einen geringen Schadstoffausstoß hat. Das Elektroauto der Nickels hat naturgemäß keinen Schadstoffausstoß. Es ist ein reines E-Auto und kein Hybridfahrzeug. „Das hätte man leicht sehen können, denn es hat ja noch nicht einmal einen Auspuff“, sagt Dirk Nickel.
Dennoch sollten die Nickels 80 Euro berappen. „Was alles noch viel ärgerlicher macht“, so Dirk Nickel: „Bei der Zulassung des Wagens hat uns der Sachbearbeiter in der Zulassungsstelle auf ausdrückliche Nachfrage versichert, dass eine Umweltplakette nicht notwendig sei.“ Wohlgemerkt: Es handele sich „mit dem Landrat des Kreises Wesel um dieselbe Behörde, die nunmehr eine Bußgeldandrohung verschickt hat.“
So ist die Gesetzeslage
Die Kreispolizeibehörde bestätigte auf Anfrage der NRZ den Vorgang – und auch dessen Richtigkeit. Auch Elektroautos seien plakettenpflichtig. Dass die Zulassungsstelle andere Auskunft gebe, könne man sich nicht vorstellen, so die Pressestelle des Kreises Wesel.
„Nach dem derzeitigen Bußgeldkatalog zur Straßenverkehrsordnung beträgt das Bußgeld beim Befahren einer Umweltzone ohne Umweltplakette 80 Euro. Da es sich bei der StVO und dem Bußgeldkatalog um bundeseinheitliche Regelungen handelt, ist diese natürlich auch in Dinslaken anzuwenden getreu dem Grundsatz des höherrangigen Rechts“, bestätigt auch Marcel Sturm, Dinslakener Stadtsprecher.
Dirk Nickel schlägt Änderung der städtischen Allgemeinverfügung vor
„Es mag sein, dass die Gesetzgebung hierfür keine Ausnahmeregelung vorgesehen hat“, findet Dirk Nickel. Aber „der gesunde Menschenverstand ist aber weit davon entfernt, bei einem reinen Elektroauto die Notwendigkeit einer Umweltplakette zu erkennen.“ Denn Ausnahmen von der Regel seien durchaus möglich und sind in einer Allgemeinverfügung der Stadt Dinslaken genannt: Schausteller und Beschicker von Wochenmärkten benötigen keine Plakette, ebenso bestimmte landwirtschaftliche Fahrzeuge und Oldtimer, auch Handwerker können eine Befreiung beantragen.
Dirk Nickel schlägt nun vor, dass die Stadt Dinslaken sein Beispiel zum Anlass nimmt, diese Allgemeinverfügung zu ändern und „um den Ausnahmetatbestand Elektrofahrzeuge“ zu ergänzen“. Dabei geht es ihm ums Prinzip – nicht um die Plakette für fünf Euro und auch nicht um das 80-Euro-Knöllchen. Das hat der Kreis Wesel nämlich nach der Presse-Anfrage zurückgenommen.
>>Hintergrund
Die „Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung“ wurde vom Bundestag 2006 verabschiedet. Die Autos werden in vier Schadstoffgruppen unterteilt.
Die Umweltzone Dinslaken gilt seit Juli 2011. Der Geltungsbereich ist auf der Homepage der Stadt Dinslaken auf einer Karte einzusehen: dinslaken.de/de/dienstleistungen/umweltzone-dinslaken.
Seit Oktober 2012 dürfen in Dinslaken nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette fahren. Ausnahmen werden in der Allgemeinverfügung geregelt, die auf der städtischen Homepage kurioserweise unter dem Titel „Allgemeinverfügung Tschechien“ firmiert.
Die Feinstaubplakette ist beim Kreis Wesel für fünf Euro (plus Versand) zu bekommen. Weitere Infos gibt es auf www.kreis-wesel.de/Feinstaub. Auch TÜV und Dekra verkaufen die Plaketten. Der Aufkleber muss an der Windschutzscheibe vorne rechts angeklebt werden.