Dinslaken. Adnan Köse spielte den Arzt Izzeldin Abuelaish in der Bühnenfassung von „Ich werde nicht hassen“. Ein erschütternder Abend mit Hoffnungsschimmer.

Es ist stockfinster im Saal und alles was man hört, sind die verzweifelten Rufe eines Mannes. Eines Vaters, der durch sein von einem Panzer beschossenes, zerstörtes Haus irrt und seine Kinder sucht. Eine Taschenlampe flackert, das Rechteck einer geöffneten Tür leuchtet orange durch die dahinterliegende Beleuchtung. Und mit einer immer verzweifelteren Stimme beschreibt der Mann, was er dort findet: verstümmelte Kinderleichen, unerträgliche Bilder. Es ist kaum zu ertragen, wie Adnan Köse als Regisseur und Schauspieler am Volkstrauertag das Publikum im gut besuchten Dachstudio in dieser vorletzten Szene von „Ich werde nicht hassen“ fordert.

Und trotzdem ist das Kopfkino, das in der Dunkelheit bei den Zuschauern in Gang gesetzt wird, doch kaum eine Ahnung von dem, was der palästinensische Gynäkologe Dr. Izzeldin Abuelaish am 16. Januar 2009 selbst durchmachen musste. Den Tod der vier Mädchen, drei seiner Töchter und einer Nichte nur zwei Monate nach dem Leukämietod seiner Ehefrau hat er wirklich so erleben müssen.

Der Wunsch zu helfen und zu heilen

Und doch: Abuelaish, aufgewachsen im Flüchtlingscamp, hochbegabt und von Menschen, die sich wie er von Menschlichkeit und dem Wunsch zu helfen und zu heilen leiten ließen, 1998 zum ersten palästinensischen Arzt an einem israelischen Krankenhaus berufen, ließ sich durch den Schicksalsschlag nicht brechen. „Ich werde nicht hassen“, lautet seitdem seine Botschaft, sie wurde zum Titel der Bühnenfassung seiner Geschichte, die Adnan Köse anlässlich des Volkstrauertags im Dachstudio Dinslaken auf die Bühne brachte. Köse führte Regie, übernahm jedoch auch die Rolle Abuelaishs in dem Ein-Personen-Stück. Ein Kraftakt, der gelang.

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Abuelaish, der heute in Kanada lebt, ist ein Versöhner zwischen den Völkern. Sein heilsames Rezept: Er pauschalisiert nicht. Und so begegnen ihm die israelischen Ärzte und Professoren auch auf Augenhöhe, setzen sich für ihn ein, so wie er Gewalt von palästinensischer Seite scharf verurteilt. „Es ist Zeit, dass wir uns hinsetzen und endlich miteinander reden.“ Mit diesen Worten endet „Ich werde nicht hassen“, nur Sekunden nach der verstörenden Darstellung des Todes der Kinder.

Erschütternder Abend bringt auch einen Hoffnungsschimmer

Unvorstellbares Leid. Es war auch das Thema des Kurzfilms „Der Degustator“, den Köse vorab im Dachstudio zeigte. Regie führte Jochen Isensee, die Story stammt von Köse, der auch die Hauptrolle spielt.

Der Jude Leonard Trautmann hat nach jahrzehntelanger Suche endlich den Mann aufgespürt, der als NS-Sturmbannführer für den Tod seiner Großeltern, seines Vaters und seines gerade erst geborenen Bruders verantwortlich ist. Ein eiskalter Typ, der über die genussvolle Verkostung von Rotwein spricht, während Leonard ihn wegen der schrecklichsten Gräueltaten versucht, zur Rede zu stellen. Aber im Wein ist Wahrheit und „Der Degustator“ ist eine fiktionale Geschichte. Und so ist Leonards Rache süß – eben weil sie völlig geruch- und geschmacklos daherkommt. Der Film wurde bei den Canada Shorts ausgezeichnet.

Rache oder Vergebung? Es war vielleicht der Hoffnungsschimmer des erschütternden Abends, dass die fiktive Figur auf Rache sann, der um Frieden und Versöhnung ringende Arzt jedoch Wirklichkeit ist.