Dinslaken/Kambodscha. Das Friedensdorf Dinslaken/Oberhausen unterstützt den Bau von Gesundheitsstationen in Kambodscha. NRZ-Reporter begleiteten das Team vor Ort.

Der Bürgermeister von Choam blinzelt vergnügt hinter den dickwandigen Brillengläsern. Moeuk Nog ist guter Dinge, weil es ab heute für die 6100 Menschen in seinem Bezirk eine nahegelegene Gesundheitsversorgung gibt. „Die Bevölkerung freut sich unendlich“, kommentiert er die Eröffnung der kleinen Basisgesundheitsstation, vor der er steht. Es ist schon die 35. Einrichtung dieser Art, die das Friedensdorf International in Kambodscha errichtet hat.

Katastrophale Hygiene

Provinz Tbong Khmum im Südosten Kambodschas, an der Grenze zu Vietnam. Hier draußen auf dem Land ist der gewaltige Fortschritt noch nicht angekommen, den das südostasiatische Land in den vergangenen Jahren gemacht hat. Die kleinen Dörfer scheinen in die sattgrüne Natur hineingewachsen, filigrane Holzhütten auf Stelen, Ziegelsteinbauten. Wer hier lebt, lebt langsam, ohne die lärmende, brodelnde Hektik der Hauptstadt Phnom Penh.

Eine kleine Wellblech-Basisgesundheitsstation im Distrikt Peam Chor. Die Hütte soll bald abgerissen werden, und dann wird hier die BGS 36 vom Friedensdorf International gebaut.
Eine kleine Wellblech-Basisgesundheitsstation im Distrikt Peam Chor. Die Hütte soll bald abgerissen werden, und dann wird hier die BGS 36 vom Friedensdorf International gebaut. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Was vielen Menschen hier draußen fehlt, ist eine ausreichende Gesundheitsversorgung. Noch immer bringen Frauen vielerorts ihre Kinder unter katastrophalen hygienischen Bedingungen zu Hause zur Welt. „Die Menschen müssen oft viele Kilometer in Kauf nehmen, um das nächste Krankenhaus anzufahren“, erzählt Thomas Jacobs, bis im Sommer diesen Jahres der Leiter des Friedensdorfs International. Er weiht heute mit Vertretern der Provinzregierung die Basisgesundheitsstation ein. Dutzende Menschen haben sich im Gemeindezentrum neben dem Neubau versammelt, neben den Offiziellen auch viele alte Frauen und Männer. Die meisten der Jungen verlassen die Region, wenn sie es können.

Eine Station kostet 70.000 Euro

Jacobs lobt das Projekt, („es ist ja gut ausgefallen“), die Kooperation mit den Behörden und appelliert an die Solidarität. „Wir leben in einer Welt, die immer mehr zusammenrückt.“ In dem sandfarbenen Gebäude mit dem karminroten Dach werden alsbald Pflegende mit einer medizinischen Ausbildung Patienten erstversorgen können. 70.000 Euro kostet eine solche Basisgesundheitsstation, den Betrieb finanziert die Regierung. Für Operationen und kompliziertere Behandlungen müssen die Kranken wie bislang in ein Krankenhaus gebracht werden.

zur Eröffnung der Basisgesundheitsstation 35 im Distrikt Me Mut kamen viele Dorfbewohner
zur Eröffnung der Basisgesundheitsstation 35 im Distrikt Me Mut kamen viele Dorfbewohner © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Vor allem helfen diese Stationen den Frauen und den Neugeborenen. „Die Kinder werden hier nach WHO-Standards geimpft. Das ist ein großer Fortschritt für die Gemeinde“, erklärt Thomas Jacobs. Mitarbeiter der Station gehen in die Dörfer und klären werdende Mütter über Gesundheitsrisiken, Nachsorgeuntersuchungen und darüber auf, dass sie ihre Kinder stillen sollen.

„Die Station ist eine große Erleichterung“

Wenige Kilometer entfernt von Choam zeigt sich, wie die Arbeit in der Praxis funktioniert. Auf einer vom Monsun-Regen schlammigen, roten Feldpiste, die sich durch die Dörfer schlängelt, geht es entlang von Kautschuk- und Pfefferplantagen und Reisfeldern, in denen Wasserbüffel stehen, nach Ruong. Eine große Tempelanlage, aus deren Lautsprechern die Gebete der Mönche klingen. Es ist die Zeit von Chum Bang, dem Fest, an dem die Menschen ihrer Ahnen gedenken. Gegenüber dem Tempel liegt die Basisgesundheitsstation 27, errichtet vor zwei Jahren. Im Haupthaus sechs Räume, darunter eine kleine Apotheke, das Entbindungszimmer, eine Aufnahme, alles einfach eingerichtet. Es riecht nach Desinfektionsmitteln.

Untersuchung bei einer Schwangeren in der Basisgesundheitsstation 29. Hier können die Frauen unter sehr guten Bedingungen ihre Kinder zur Welt bringen.
Untersuchung bei einer Schwangeren in der Basisgesundheitsstation 29. Hier können die Frauen unter sehr guten Bedingungen ihre Kinder zur Welt bringen. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Soung Thavy, 40, ist die Leiterin der Station, sie ist ausgebildete Hebamme. Sie und ihre sieben Mitarbeiter sind für die knapp 10.000 Menschen in den 13 Dörfern im Einzugsbereich zuständig. Im vergangenen Jahr, erzählt sie, wurden in der Station 88 Kinder geboren, in den ersten acht Monaten dieses Jahres waren es schon 75. „Die Station ist eine große Erleichterung für die Bevölkerung“, erzählt Frau Soung, „die Menschen müssen nicht mehr so weit fahren.“

Die Kindersterblichkeit ist gesunken

Das Friedensdorf gibt Kindern in Kambodscha eine Perspektive

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    Die Station ist rund um die Uhr besetzt. Und sie hat den Menschen die Angst vor Impfungen genommen. „Früher hatten sie viele Befürchtungen vor möglichen Nebenwirkungen.“ Jetzt tragen sie hier Sorge dafür, dass die Kinder bis zum fünften Lebensjahr regelmäßig untersucht und geimpft werden.

    Das hat Auswirkungen: Die Kindersterblichkeit in den Regionen, in denen es die Stationen gibt, ist drastisch gesunken. Die Menschen müssen zwar für die Behandlung zahlen, die Kosten sind aber überschaubar. Umgerechnet 25 Cent für eine Schwangerschaftsuntersuchung, fünf Euro für eine Entbindung. Die Dorfbewohner, sagt Frau Suong, vertrauen der Gesundheitsstation.

    Gerade kommt Uk Dany mit ihrer kleinen Tochter Sreynear hinein. Sie lächelt, sie ist stolz auf die Kleine, aber sie glaubt, dass sie krank ist. „Leichtes Fieber“, alles wird gut. Das Friedensdorf baut gerade die 36. Basisgesundheitsstation.

    >>Hintergrund

    Thomas Jacobs und Claudia Peppmüller vom Friedensdorf haben in Kambodscha gemeinsam mit dem Friedensdorf-Partner Chau Kim Heng einige der 35 Basisgesundheitsstationen besucht, deren Bau das Friedensdorf finanziert hat. Sie verhelfen der Bevölkerung in ländlicheren Regionen zu einer medizinischen Grundversorgung, zu Impfprogrammen nach WHO Standard, Geburtsbegleitung, Schwangerschafts- und Hygieneberatung.