Dinslaken. Bei Reise durch 50 Jahre Rockgeschichte war Tom Jones selbst der „Reiseleiter“. Er spielte beim Fantastival ein mehr als würdiges „Finale“.
Es war eine Reise durch 50 Jahre Rockgeschichte: Vom Rock ‘n’ Roll zu Soul und Funk und zurück zu Gospel und Blues. Der kundige Reiseleiter im dunkelblauen Jackett: Tom Jones persönlich. Im ausverkauften Burgtheater bereitete er 2300 Fans und nicht zuletzt auch dem großen, ehrenamtlichen Team der Freilicht-AG einen grandiosen Abschluss des Fantastivals im 20. Jubiläumsjahr. Jones (79) und seine hervorragende Band zeigten der Jugend mal, was richtiger Rock ‘n’ Roll bedeutet und ließen es immer wieder krachen, während auf der für Fantastival-Verhältnisse riesigen Videoleinwand Funken schlugen, Flammen loderten und Blitze zuckten.
Es ist schon etwas Besonderes, Lieder, die einen ein ganzes Leben – oder bei den Gleichaltrigen zumindest seit der Jugend – begleiten, im Original zu hören. Sir Tom – so die korrekte Anrede des Thomas John Woodward, der einst als „Tiger Tom“ in den Waliser Kneipen seine Live-Karriere begann – erfüllt alle Erwartungen: „It’s not unusual“ darf ebensowenig fehlen wie „Pussycat“, das er in kleiner Besetzung nur mit Gitarre, Akkordeon und Kontrabass singt, während sich auf der Videoleinwand ein Karussell zum Dreivierteltakt dreht.
BHs wurden nicht auf die Bühne geworfen, dafür aber ein Hut
Seit 51 Jahren zückt Jones zum Entzücken der Fans das Messer gegen „Delilah“, seine ursprüngliche Befürchtung, das es Ärger bedeutete, wenn es ihm Peter Alexander in der deutschen Version gleichtat, habe sich ja nicht erfüllt. Das Akkordeon spielt und das Publikum schwelgt. Den Mega-Hit „Sexbomb“ von 1999 kombiniert der Sänger, dem im Burgtheater wohl zu „you can leave your hat on“ ein Hut, aber kein BH auf die Bühne geworfen wurde, mit „Fever“.
Denn Tom Jones der als 15-Jähriger den Rock ‘n’ Roll als Lehrling im Werksradio hörte und verinnerlichte, wie er am Dienstag erzählt, hat auch immer Coverversionen mit seiner Stimme veredelt und so manches erst richtig zum Hit gemacht. Es begann mit „Green green Grass of Home“, das so heimelig klingend, aber tatsächlich in der Todeszelle gesungen wird, bis zu „Kiss“, das er dem „late, great“ Prince widmete.
Jones’ Auftritt war mehr als ein würdiges Finale
Klar, da kommt auch Wehmut auf. Ebenso wenn er Cohens „Tower of Song“ singt, wenn er von seiner Zeit in Las Vegas erzählt. Der „Tiger“, und der „King“ hätten nächtelang Gospels gesungen. Heute greift er diese Lieder wieder auf: Back to the Roots. Und das sind vielleicht die stärksten Momente dieser gut 100 Minuten im Burgtheater. Wenn Jones mit seiner einmaligen Stimme den Blues hat, wenn er auf schwerste Bässe „What is the Soul of a man“ in die Nacht hinaus ruft.
Sir Toms Konzert war ein mehr als würdiges „Finale“ des Fantastivals. Übrigens, wie wäre es zum 25. Jubiläum mit einem weiteren Auftritt von Tom Jones? „Wir sind seit vielen Jahren auf Tour und hoffen, noch viele zu machen“, versprach der zumindest unter großem Applaus.
>> JUNGE STIMME IM VORPROGRAMM
- Die nächste Generation steht bereit: Auch auf dem Vorprogramm zu Tom Jones stand Souliges aus den 60er-Jahren. Die stimmstarke Sängerin war Daria Assmus, die in Rotterdam Gesang studiert.
- Die Bonnerin ist in Dinslaken keine Unbekannte: 2018 trat sie mit Brasssonanz in St. Vincentius auf. Der Kontakt zur Freilicht-AG kam über Cesare Siglarski, bei dessen Acoustic Lounge sie ebenfalls zu Gast war.