Dinslaken. Ab Freitag zeigt Reiner Langer in Dinslaken mit dem Mail Art Project „Against War“ 900 Artefakte aus aller Welt zum Thema Krieg und Frieden.
Ist dies das Foyer zum großen Sitzungssaal eines Rathauses, der Gang zum Büro des Bürgermeisters? Bilder, nichts als Bilder, zumeist ungerahmt, von Postkarten- bis Postergröße. Bemalt, beklebt, beschrieben. Bunt in der Gesamtwirkung, klar politisch in der Aussage. Wer derzeit die erste Etage des Dinslakener Verwaltungsgebäudes betritt, wähnt sich eher im Backstagebereich eines soziokulturellen Zentrums – was ja auch nicht völlig falsch ist. Zum einen, weil sich hier tatsächlich ab heute Garderoben fürs Fantastival befinden, zum anderen aber, weil hier tatsächlich eine „Raumumwertung des Rathauses“ stattgefunden hat, wie es Stadtsprecher Thomas Pieperhoff ausdrückt. Am Freitag wird in der „Rathaus-Galerie“ auf der ersten Etage die Ausstellung „Against War“ eröffnet. Eine Ausstellung, in der das Wer von wo und das Warum vielleicht noch wichtiger ist als das Was. 350 Künstler aus der ganzen Welt, vom Kunstprofessor bis zum Kind haben 900 Artefakte – Bilder und Objekte – eingereicht, in denen sie sich mit dem Thema Krieg auseinandersetzen.
Aufruf vor einem Jahr
Vor einem Jahr hat Reiner Langer – nicht zum ersten Mal – einen internationalen Aufruf zu seinem Mail Art Project „Against War“ gestartet. Dies wurde, angesichts der aktuellen Krisen und der Bedrohung der Menschenrechte weltweit, zur größten Mail-Art-Aktion, die es jemals gab – dies bestätigte der internationale Mail-Art-Verband.
„Noch gestern Abend sagte mir jemand am Telefon, Mail-Art- Künstler müssen bescheuert sein“, berichtet Langer. Denn Mail-Art verfolgt keine kommerziellen Interessen. Der Künstler verpflichtet sich, die Arbeiten, die ihm per Post zukommen, nicht zu verkaufen. Und jeder Teilnehmer erhält ein adäquates Kunstwerk im Gegenzug: „Damit bin ich die nächsten vier Jahre beschäftigt “.
Vom syrischen Flüchtling bis zum Jungen aus Köln
Die Einsendungen sind so vielfältig wie ihre Schöpfer. Spannend sind die Geschichten dahinter. Sie reichen vom syrischen Flüchtling, der illegal in Deutschland lebt, und der iranischen Frauenrechtlerin, die beide nur unter falschen Namen teilnehmen können und deren Beiträge über Dritte Reiner Langer zugespielt wurden, bis zum zehnjährigen Henri aus Köln, der unbedingt teilnehmen wollte und dessen Beteiligung Reiner Langer so angerührt hat, dass die Collage aus selbst gemalter Weltkugel und Zeitungsartikeln nun das Profilbild von „Against War“ im Internet ist. Die Bilder selbst entwickeln durch ihre Hängung eigene Querbezüge, die sogar den Raum mit seiner Ausgangsausstattung einbeziehen: Zwischen Kriegsgräbern, ausgebombten Ruinen und einem Kind unterm Schirm, auf den Dollarnoten und Blut herabregnen, hängt nach wie vor das Notausgangsschild zum Treppenhaus…
Input aus der ganzen Welt
„Der Raum wird verändert. Und das ist für mich Kunst im öffentlichen Raum“, so Thomas Pieperhoff. Die Rathaus-Galerie steht Reiner Langer offen, weil „Against War“ eine politische Dimension hat. Gefördert vom Bundesprogramm Demokratie leben“ entspricht sie nicht nur den Grundsätzen von Dinslaken als tolerante Stadt. Das Rathaus Dinslaken wird zum Forum, in dem Künstler „aus wirklich jedem Land der Welt“ ihre Gedanken und Gefühle zum Thema Krieg und Frieden ausdrücken können – ungeachtet ihrer Herkunft, ungeachtet, ob es ihnen anderswo nicht versagt bleibt. Hierin liegt die Bedeutung von „Against War“, deren Input aus der gesamten Welt nach Dinslaken kam und von hier aus wieder überregional zurückstrahlen soll.
>>Termine
Die Ausstellung „Against War“ wird am Freitag, 5. Juli, um 15.30 Uhr im Rathaus, Platz d’Agen 1, von Bürgermeister Dr. Michael Heidinger eröffnet.
Mit dem Rechtsamt der Stadt Dinslaken wurde abgeklärt, dass die Kunstwerke „gegen den Krieg“ Relikten aus der Nazizeit entgegengesetzt werden, um politische Bezüge zu schärfen.
Ein moderiertes Künstlergespräch mit Reiner Langer unter der Leitung von Thomas Pieperhoff findet am Donnerstag 8. August, um 18 Uhr im Saal Agen des Rathauses Dinslaken statt.
Die 900 Werke von „Against War“ bleiben bis zum 4. Oktober in der Rathaus-Galerie und können während der regulären Öffnungszeiten betrachtet werden.