Dinslaken. Nach der zweiten Vorstellung von „Kinder von Nothingtown“ in der Remise feierte die Burghofbühne „Kehraus“. Im Mittelpunkt stand Julia Sylvester.

Kleine und große Abschiede, ein paar Tränen, viel Lachen, noch einmal preisgekröntes Theater, südamerikanische Musik und vegetarische Grillwürstchen. Die Burghofbühne feierte ihren traditionellen „Kehraus“ zum Saisonabschluss. Und gerade Präsenz nicht nur aktueller, sondern auch ehemaliger Ensemblemitglieder Gastschauspieler zeigte, dass etwas dran sein muss an dem Ruf, den sich die Burghofbühne in den letzten Jahren in der Theaterszene erworben hat: In Dinslaken geht es familiär zu, hier herrscht ein gutes Arbeitsklima.

Dass die Burghofbühne dabei künstlerisch beachtenswert ist, zeigen die jüngsten Erfolge: Nachdem die Inszenierungen der Kathrin-Türks-Preisträgerstücke 2014 und 2016 jeweils zum „Westwind“-Festival eingeladen wurden, nahm mit Mirko Schomberts „Extrem laut und unglaublich nah“ erstmals eine Burghofbühnenproduktion am Theatertreffen NRW teil. Das allein war schon bemerkenswert, der Gewinn des Publikumspreises ist ein Highlight für das Theater und seinen Intendanten.

„Du hast noch den Wisch“: Was Julia Sylvester Mirko Schombert so salopp zurief, galt der großen Überraschung des Theatertreffens. Die Hauptdarstellerin in „Extrem laut“ wurde von der Jury mit dem „Förderpreis Schauspiel“ ausgezeichnet - ein Preis, der erst während des Festivals spontan ins Leben gerufen wurde.

Ein Preis für die Hauptrolle in „Extrem laut“

Mit der Urkunde im Gepäck heißt es für Julia Sylvester aber nun Abschied nehmen. Eigentlich unterzeichnen die festen Ensemblemitglieder ihre Verträge für jeweils zwei Jahre. Doch als beim „Kehraus“ 2018 Abschied gefeiert wurde, galt das nur für Marie Förster, Markus Penne und Patric Welzbacher. Julia Sylvester, für die die Burghofbühne die erste Station nach Abschluss der Schauspielschule war, verlängerte um ein Jahr: „Es war toll, weil ich noch neue Kollegen kennengelernt habe“. Alles Fügung: Julia Sylvester blieb, erhielt die Hauptrolle in „Extrem laut“ und dafür den Preis. „Es war gut zu bleiben, weil ich jetzt weiß, wer ich als Schauspielerin bin“, so Sylvester. Und: „Ich muss aber allen dafür hier danken: Es war die richtige Energie zur richtigen Zeit“.

Film gab amüsante Einblicke

Und Julia Sylvester dankte allen: Sieben Seiten umfasste ihr Manuskript, in dem wirklich jeder, von den anwesenden Ehemaligen bis zu kompletten Technik jeder mit persönlichen Worten vorgestellt wurde. Die Menschen hinter den Kulissen: ein Intendant, der über sich selbst lachen kann, eine Dramaturgin, die nachts nach der Buspanne das Ensemble im heimischen Tenterhof mit einem Kasten Bier empfängt. Trost und Tipps, Eis und Gummibärchen, Partys und eine echte Freundschaft. Die schrägsten Szenen hat Julia Sylvester mit dem Smartphone aufgezeichnet. Wer immer mal wissen wollte, wie es bei der Burghofbühne on tour ist: Der aus den Schnipsel von drei Jahren zusammengeschnittene Film gab amüsante Einblicke.

16.000 Kilometer wurden zurückgelegt

Wie es mit der Kenntnis um die Burghofbühne aussieht, ließ Mirko Schombert Kandidaten aus dem Publikum schätzen: 28 feste Mitarbeiter und 51 Gäste sorgten in der Saison 2018/2019 für das Gelingen von 260 Vorstellungen. Für die Aufführungen der insgesamt 22 verschiedenen Produktionen wurden 16.000 Kilometer zurückgelegt.

Das Nirvana-Poster aus den Känguru-Chroniken

Was bleibt? Zum „Kehraus“, der von den Mitgliedern des Freundeskreises der Burghofbühne ermöglicht wird, gehört die Requisitenversteigerung „für den besten Zweck, nämlich für uns“, wie es Anna Scherer, die Leiterin des Kinder und Jugendtheaters, erklärte. Unter den Hammer kamen das Zelt der „zweiten Prinzessin“ ebenso wie das Kostüm der Frau Mahlzahn aus Jim Knopf. Das Nirvana-Poster aus den Känguru-Chroniken zeigte, dass „Teen Spirit“ auch nach 28 Jahren nichts an Intensität verloren hat. Die Meistbietende war Jahrgang 2000.

In der kommenden Saison am Stadttheater Aalen

Julia Sylvester beginnt in der kommenden Saison am Stadttheater in Aalen im Ostalbkreis. Ob sie fit ist für Baden-Württemberg, testete Friederike Bellstedt im „badischen Quiz“, nachdem die „Mutter Courage“ ihrer Bühnentochter eine Lobeshymne auf die Dessau-Melodie sang.

Für die Burghofbühne geht es im September mit der Premiere von Schillers „Räubern“ weiter. Und die Nachfolgerin von Julia Sylvester im festen Ensemble steht auch schon fest: Es ist Maren Kraus.