Dinslaken. Dem Bergwerk verbunden: Silvo Magerl hat 30 Jahre bei der Zeche Dinslaken-Lohberg gearbeitet. Jetzt führt er Bürger durch seinen Stadtteil.

„Bestimmt siebentausend Mal bin ich durch das Zechentor gegangen“, mit ausgestrecktem Arm deutet Silvo Magerl auf das Tor des Lohberger Bergwerks. In unregelmäßigen Abständen veranstaltet der ehemalige Bergmann Rundgänge auf der Zeche und erzählt von seinen Erlebnissen und dem Arbeiten untertage. Das Bergwerk Lohberg hatte zu seinen besten Zeiten um die fünftausend Mitarbeiter. Silvo war einer von ihnen.

Dreißig Jahre - sein halbes Leben hat er auf der Zeche verbracht und dort einen beachtlichen Werdegang hingelegt. Nach seinem Hauptschulabschluss wollte er eigentlich Chemielaborant werden, fand aber keine Stelle und begann somit 1975 seine Ausbildung zum Schlosser auf der Zeche.

„Zur Ordnung erzogen“

Eine harte Zeit für einen Fünfzehnjährigen, der jeden Morgen mit dem Fahrrad nach Lohberg radelte. „Um sechs Uhr morgens musste ich Stempeln, beim zweiten Mal zu spät gab es einen Verweis. Wir wurden zur Ordnung erzogen“, erzählt er. Nach der dreijährigen Ausbildung ging es für ihn unter Tage.

Die Arbeit war schwer, die Arbeitsbedingungen hart: „Der Bergbau war sehr hierarchisch. Schaffte jemand die Arbeit nicht, gab es von der Kolonne einen Tritt in den Hintern. Ich arbeitete in dem Bereich, in dem die Luft schon sehr verbraucht war, in der Unterhose standen wir dort, so heiß war es“. Erfolgreich bewarb er sich bei der Steigerschule und lernte in zwei Jahren Maschinentechnik.

Den weißen Helm tragen

Mit 27 Jahren war er staatlich geprüfter Techniker und durfte nun den weißen Helm tragen, das Erkennungszeichen der Steiger. Die Bergmänner trugen gelbe Helme, die Schlosser blaue. Um den Führungskräften Respekt zu erweisen, standen die Bergleute für einen Steiger auf, für den Reviersteiger gingen sie sogar auf die Knie.

Voll Stolz lief Silvo Magerl einen Tag lang durch die Grube, um seinen weißen Helm zu präsentieren. Der Bergbau gab ihm eine Chance, berichtet Magerl, „Ich hatte nun eine Krone, mehr brauchte ich nicht“. Als Steiger wurde er für sechs Jahre in die Nachtschicht versetzt, auch das war eine anstrengende Zeit.

Überraschende Beförderung „auffe“ Zeche

Seine Tochter, die zu dem Zeitpunkt geboren wurde, sah er wenig. Überraschend kam seine Beförderung zum Reviersteiger, dem Chef der Steiger. Er wechselte von der Nacht- zur Frühschicht und hatte eine Mannschaft von 120 Mitarbeitern und 12 Steigern. Später besuchte er die Ingenieurschule und studierte dort drei Semester, eine Möglichkeit, die nur die Zeche bot.

Er wurde befördert zum Fahrsteiger, leitete einen Teil des Maschinenbetriebs. Bei der Umstellung auf SAP wurde er Leiter der Arbeitsvorbereitungen SAP. Später wurde er abgeworben und wechselte 2003 als Obersteiger das Bergwerk und leitete die technische Planung für das Bergwerk. Magerl deutet auf die Zechenwerkstatt: „Dort untern rechts, wo die Fenster zu sehen sind, war mein Büro“.

Geschichten und Hintergrundinfos

Von dort aus beobachtete er, wie an Schacht 2 ein Seil von mehr als 20 Zentimeter Durchmesser riss, ein Erlebnis, das sehr selten vorkam. Die Erde wackelte und Silvo war überzeugt, die Zeche schließe. Doch es ging glimpflich aus und nach zwei Wochen lief der Schacht wieder. Als die Bergwerke tatsächlich einige Jahre später geschlossen wurden, kam auch für Silvo Magerl der Vorruhestand.

Doch der Bergbau hat ihn nie losgelassen, er ist unter anderem 1. Vorsitzender im Ring deutscher Bergbauingenieure. Bei seiner Führung erweckt er die Gebäude auf dem Zechengelände wieder zum Leben und erzählt spannende Geschichten und Hintergrundinformationen.

Vierzig Nationen im Bergwerk

Es geht vorbei an der Lohnhalle, hin zur Milchausgabe, vorbei an Schacht 1 und 2. Magerl erzählt von den „Kumpels“, bis zu vierzig Nationen arbeiteten in den sechziger Jahren im Bergwerk.

Er erklärt das Blockheizkraftwerk und die Maschinenhäuser, in denen bis 1993 noch Dampfmaschinen standen. Das Kesselhaus, der alte Wasserturm und das Dizeum im Ledigenheim dürfen bei der Führung nicht fehlen. Mit einem freudigen „Glück auf!“ – oder wie der Bergmann abkürzt „auf“- verabschiedet Silvo Magerl seine Zuhörer.

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Eine zweistündige Planwagentour zu Zechengelände und Gartenstadt findet am Sonntag, 12. Mai um 14 Uhr mit Gästeführerin Anja Sommer statt. Die Fahrt klingt bei Kaffee und Kuchen im Bergpark aus.

Die Teilnehmergebühr beträgt 19 Euro pro Person (Kaffee und Kuchen inbegriffen). Treffpunkt ist der Wasserturm im Bergpark. Anmeldungen oder Anfragen zu Gruppenbuchungen nimmt die Stadtinformation am Rittertor unter 02064/66222 oder stadtinformation@dinslaken.de entgegen.