Dinslaken/Voerde. . Im ADFC-Fahrradklimatest bekam Dinslaken die Note 3,9. Voerde schneidet etwas schlechter ab. Ein Kritikpunkt: Breite und Zustand der Radwege.
„Fahrradfreundliche Stadt“. Dieses Gütesiegel verlieh NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst der Stadt Dinslaken im vergangenen Jahr. Die 305 Radfahrer, die sich am Fahrradklima-Test des ADFC beteiligt haben, sind nicht ganz so enthusiastisch: Sie bewerten die Fahrradfreundlichkeit der Stadt mit der Schulnote 3,9. Die Nachbarstadt Voerde kam noch schlechter weg.
So schneidet Dinslaken ab
Im bundesweiten Ranking vergleichbar großer Städte (50.000 bis 100.000 Einwohner) erreichte Dinslaken den 48. Platz von 106, (Gesamtwertung Note 4), landesweit landete die Kommune auf dem 18. von 43 Plätzen. Im Vergleich zu 2016 verschlechterte sich Dinslaken von 3,8 auf 3,9, im Jahr 2014 erreichte die Stadt Note 3,5.
Das wird positiv bewertet
Gute Noten erhielt Dinslaken – auch im Vergleich mit anderen Städten – für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,5). Überhaupt könne man mit dem Rad Ziele in Dinslaken „zügig und direkt“ erreichen (2,9). Auch würden alle Generationen Fahrrad fahren (3,0). Besser als anderswo bewerteten die Teilnehmer den Winterdienst auf Radwegen: Note 3,9, bundesweit 4,2. Auch gibt es hier weniger Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern – Note 3,4, das sind 0,3 Punkte besser als der Durchschnitt. Auch die Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrer – wie etwa am Rutenwall – wird als positiv empfunden (Note 3,0, Verbesserung um 0,3 seit 2016).
Dafür gibt es schlechte Noten
Die schlechtesten Noten erteilten die Befragten für Ampelschaltungen, die nicht auf Fahrradfahrer abgestimmt seien (4,8) und für die Führung an Baustellen (4,8). Anders als an der B8 seien bei der Einrichtung der ersten Bauabschnitte an der Augustastraße die Belange von Radfahrern nicht bedacht worden, findet Timo Müller vom ADFC. Häufig nötige das Schild „Radfahrer bitte absteigen“ diese, ihren Drahtesel über die Straße zu schieben. Auch kritisieren viele der Befragten den baulichen Zustand sowie die Breite der Radwege (4,7).
In diesen Punkten schneidet Dinslaken schlechter ab als vergleichbare Kommunen. Zudem würden häufig Fahrräder gestohlen. Hier erhielt Dinslaken die Note 4,5 – 0,5 schlechter als der Durchschnitt. Laut Kreispolizei wurden in Dinslaken im vergangenen Jahr 443 Fahrraddiebstähle angezeigt, 2017 waren es noch 550.
Viele der Befragten sind offenbar auch der Ansicht, dass in Dinslaken „großzügig geduldet“ werde, wenn Autos auf Radwegen parken – für die Überwachung der Falschparker erteilten die Befragten die Note 4,7.
In Sachen Familienfreundlichkeit erhält Dinslaken mäßige Noten: Es sei üblich, dass Kinder mit dem Fahrrad zur Schule fahren (Note 3,0). Allerdings sagen viele Befragte, dass man Kinder nicht unbedingt guten Gewissens allein Rad fahren lassen kann (4,1). Auch auf den Gehwegen könnten kleine Kinder nicht unbedingt sicher fahren (Note 4,1).
Das sagt die Stadt Dinslaken zu den Ergebnissen
Radverkehr werde immer wichtiger und müsse „darum sehr viel größeren Anforderungen gerecht werden“ als früher, kommentiert Stadtsprecher Marcel Sturm die Umfrage. Auch durch die „mittlerweile extrem langen niederschlagsfreien Perioden“ seien Menschen häufiger mit dem Fahrrad unterwegs.
„Wir freuen uns, dass der Winterdienst auf Radwegen in Dinslaken gelobt wird, dass kaum Konflikte mit Fußgänger gesehen werden und dass das Stadtzentrum als gut erreichbar gilt“, so Marcel Sturm. Mit den Kritikpunkten – wie Breite und Oberfläche der Radwege und Ampelschaltungen werde die Stadt sich „genauer befassen“. Bereits bei der Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte habe die Stadt deutlich gemacht, „dass der Radverkehr für uns eine hohe Bedeutung hat.“ Das geplante Fahrradparkhaus am Bahnhof „illustriert das,“ sagt Sturm und verweist auf den Punkt Fahrraddiebstahl: Das „sichere Abstellen von Fahrrädern“ spiele in Dinslaken eine wesentliche Rolle.
So schneidet Voerde ab
114 Teilnehmer haben beim Fahrradklimatest des ADFC im vergangenen Jahr die Situation für Radfahrer in Voerde beurteilt und der Stadt ein eher mäßiges Zeugnis ausgestellt: Mit der Gesamtnote „4,1“ rangiert die Kommune in der Stadtgrößenklasse 20.000 bis 50.000 Einwohner bundesweit auf Rang 207 von 311 und im Landesvergleich auf Platz 57 von 82. In der Gesamtwertung aller Städte dieser Größenordnung gab es für Voerde die Note 3,9. Nach dem ADFC-Fahrradklimatest von 2016 hat es kaum eine Veränderung gegeben: Damals kam Voerde auf eine Gesamtnote von 4,0 und hat sich seit 2014 noch einmal leicht verschlechtert.
Das sind die Stärken und Schwächen in Voerde
Die Auswertung der ADFC-Befragung stellt die Stärken und Schwächen aus Radfahrersicht zum einen in der Einzelbewertung und zum anderen „im Vergleich zu ähnlichen Städten“ dar. Die Erreichbarkeit des Stadtzentrums, zügiges Radfahren und das Radfahren durch Alt und Jung sind in der Einzelbewertung die drei größten Stärken, die Breite der (Rad)wege, öffentliche Fahrräder sowie die Oberfläche der (Rad)wege werden in Voerde als die drei größten Schwächen gesehen.
Im Vergleich zu ähnlichen Städten sind es teils andere Punkte, die ganz oben oder unten stehen. Bei den drei größten Stärken werden auch wieder die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und zügiges Radfahren aufgeführt und zudem die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer. Die drei größten Schwächen bilden neben der Oberfläche der (Rad)wege, die geöffnete Einbahnstraße in Gegenrichtung und die Fahrradförderung in jüngster Zeit.
So kommentiert die Stadt Voerde das Ergebnis
Dass Voerde aktuell nicht als fahrradfreundlich eingestuft wird, ist für den Ersten und Technischen Beigeordneten Wilfried Limke auch der Tatsache geschuldet, dass zum Zeitpunkt der Stadtplanung der Radverkehr „deutlich missachtet“ worden sei und das Auto im Vordergrund gestanden habe. Die Stadt tut ihm zufolge eine Menge dafür, um Verbesserungen zu erzielen. Er bitte um Verständnis, dass dies einiges an Atem brauche, stellt er etwa mit Blick auf den erforderlichen Umbau von Infrastruktur fest. Dort, wo Straßenbaumaßnahmen anstünden, finde Fahrradfahren eine Bedeutung, betont er und verweist etwa auf den Umbau der Dinslakener Straße.
Zudem erinnert er unter anderem an die bereits erfolgte oder geplante Anbindung Voerdes an Radwegenetze, die vorgesehene Entschärfung des Brennpunkts an der Frankfurter Straße/Breiter Deich durch Verlagerung der Querung in Richtung Süden oder die Einrichtung von Ladestationen für E-Bikes.
Dass die Stadt für „Falschparkerkontrollen auf Radwegen“ mit der Note 4,7 (im Städtevergleich 4,5) bewertet wird, kann Limke nicht nachvollziehen. „Das tun wir doch“, stellt er etwa mit Blick auf das Gewerbegebiet Grenzstraße fest, wo es vor einiger Zeit wegen der da noch nicht als Fahrradweg markierten Fläche und verteilter Knöllchen Ärger gab.
Kritik am Verfahren
Limke kritisiert das Verfahren des Fahrradklimatests. Die zugrunde gelegte Checkliste schere alle Kommunen „gleichbedeutend über einen Kamm“. Die Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr sei ein ganz schwieriges Thema und nicht jedes Element, das in einer Großstadt funktioniere, lasse sich einfach auf ländliche Kommunen übertragen.
Und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Welche Erfahrungen haben Sie als Radfahrer in Dinslaken, Voerde und Hünxe gemacht? An welchen Stellen gab es Verbesserungen für Radfahrer, auf welchen Strecken müsste nachgebessert werden?
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