Dinslaken. . Das Kunstwerk von Waldemar Kuhn vor der Jeanette-Wolff-Realschule ist sanierungsbedürftig und unverrückbar. Hier soll das Berufskolleg entstehen.
An der Stelle der ehemaligen Jeanette-Wolff-Schule möchte der Kreis Wesel das benachbarte Berufskolleg erweitern. Dass dieser Ausbau des Bildungsangebotes die „Sieben Säulen der Weisheit“ erschüttert, scheint im ersten Moment ein Widerspruch zu sein, könnte aber durchaus Realität werden. „Die sieben Säulen der Weisheit“ ist der Name des Kunstwerks von Waldemar Kuhn (1923 - 2015), das mit seinen organischen, in Beton gegossenen Formen fest in den Eingangsbereich des alten Schulgebäudes integriert ist. Eine Lösung zum Erhalt des Werks wird gesucht, „der Kulturausschuss ist eingeschaltet“, bestätigt Ronny Schneider.
Die Plastik hat 85.000 Mark gekostet - und kann nicht versetzt werden
Kein wirklich leichtes Unterfangen: Die Betonplastik kann nicht versetzt werden. Und sie befindet sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand.
Ein Sachstand, der Thomas Tekathen von der IG Altstadt veranlasste, sich näher mit dem Werk zu befassen. „Die Stele zur Erinnerung an Jeanette Wolff wurde mit großer Feierlichkeit eingeweiht und nur ein paar Meter weiter um die Ecke ist Kunst im öffentlichen Raum bedroht“, gibt er zu bedenken. „Es handelt sich hier um ein Kunstwerk von Rang – für das die Stadt Dinslaken auch einmal viel Geld gezahlt hat“.
Tatsächlich hat es sich der damalige Bürgermeister Wilhelm Lantermann etwas kosten lassen, einen echten Waldemar Kuhn nach Dinslaken zu holen: 85 000 DM waren in den 60er Jahren eine große Summe. Aber Kuhn war auf der Höhe seines Schaffens: 1966 baute er das „Schrottkreuz“ für die Heilig-Geist-Kirche in Emmerich, das zu einem Symbol für die zu 90 Prozent zerstörte Stadt wurde.
„Eines der wichtigsten Werke eines anerkannten Künstlers dieser Epoche“
„Wir als IG Altstadt sind der Meinung, dass wir in Dinslaken relativ wenig Kunst im öffentlichen Raum“ besitzen und dass die wenigen Exemplare erhalten und gepflegt werden müssen“, erklärt Tekathen. „Nun beobachten wir seit langem, dass die Skulptur von Waldemar Kuhn, ‘Die sieben Säulen der Weisheit’, in einem desolaten Zustand, scheinbar dem Zerfallpreisgegeben, dahin schlummert. Wir sehen in der Skulptur nicht nur einen erhaltenswerten Vertreter der derzeit noch nicht in den Fokus des öffentlichen Interesse gerückten, oftmals noch unterbewerteten 60er-Jahre-Kunst im öffentlichen Raum, sondern eines der wichtigsten Werke eines anerkannten Künstlers dieser Epoche“, sagt Tekathen.
Waldemar Kuhns Stellenwert mag die Anekdote illustrieren, dass er zutiefst enttäuscht war, bei der Bewerbung um das „Einheitsdenkmal“ in Berlin unter 400 Entwürfen „nur“ den 14. Platz gemacht zu haben.
Eventuell sind sieben freie Künste gemeint
Was mit den „Sieben Säulen der Weisheit“ gemeint ist, darüber kann Waldemar Kuhns Tochter nur noch mutmaßen. Denkbar ist allerdings im Kontext mit der Schule eine Anspielung auf die „sieben freien Künste“ Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Es sind auf jeden Fall keine Säulen, die fest und starr sind, sondern organisch wachsen und Querverbindungen aufweisen.
Fakt ist aber auch: Die Weisheiten in Dinslaken haben Löcher und Risse. Und es steht zu hoffen, dass es sich im jetzigen Zustand nicht um der Weisheit letzter Schluss handelt.