Dinslaken. . Das Land wollte die JVA Dinslaken ab dem Jahr 2020 abwickeln. Angesichts gestiegener Häftlingszahlen kann aber darauf nicht verzichtet werden.
Das Land rückt von den Schließungsplänen für das Gefängnis in Dinslaken ab. „In Anbetracht der Belegungssituation im Frauenvollzug des Landes NRW kann auf die Haftplätze der Zweiganstalt Dinslaken derzeit nicht verzichtet werden“, erklärt Dr. Marcus Strunk, Sprecher der Landesjustizvollzugsdirektion, auf Anfrage der NRZ. Vor vier Jahren hatte das Land angekündigt, die JVA Hamborn und das dazugehörige Dinslakener Frauengefängnis im Jahr 2020 schließen zu wollen.
Das Land ging von sinkenden Gefangenenzahlen aus
2014 ging das NRW-Justizministerium von dauerhaft sinkenden Gefangenenzahlen aus. Die Häftlingszahlen in Nordrhein-Westfalens Gefängnissen waren seit 2006 kontinuierlich gesunken. 2006 saßen noch 17 711 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes – davon 975 Frauen – 2014 waren es knapp 2000 weniger: 15 756 (958 Frauen). In Dinslaken waren damals 58 der 70 Plätze belegt. Das Gefängnis in der Duisburger Innenstadt war 2012 schon geschlossen worden, Hamborn und Dinslaken sollten 2020 abgewickelt, die Gefangenen aus Dinslaken verlegt werden.
In Dinslaken sitzen derzeit 73 Gefangene - bei 70 Plätzen
Seit 2015 aber steigen die Zahlen wieder leicht an: von 15 310 auf 15 669 in 2017. Davon waren 978 Frauen – bei insgesamt 1000 Haftplätzen für weibliche Gefangene in NRW. Im April dieses Jahres waren die Haftanstalten in NRW zu mehr als 93 Prozent belegt. In Dinslaken „sitzen“ derzeit 73 Frauen ein - bei 70 Plätzen. Normalerweise soll die Auslastung 85 bis 90 Prozent nicht übersteigen, um bei Renovierungen oder Belegungsspitzen freie Kapazitäten zu haben. Weil viele Justizvollzugsanstalten des Landes älter sind, aus der Kaiserzeit oder den 60er und 70er Jahren stammen, sind aber Sanierungen fällig. Heißt: Es stehen weniger Haftplätze in NRW zur Verfügung. Und abweisen möchte man nun wirklich niemanden. Deswegen werden „bis auf Weiteres“ die Haftplätze der JVA Duisburg-Hamborn und der Zweiganstalt Dinslaken auch „zur Durchführung diverser Baumaßnahmen benötigt“, so Dr. Johanna Heusel (Justizvollzugsdirektion). Ein Zeitpunkt für eine Schließung sei „nicht absehbar“.
Dinslaken gilt als „kleines aber feines Haus“
Auch das Dinslakener Frauengefängnis ist schon ein wenig in die Jahre
gekommen: 1965 wurde die dreigeschossige Haftanstalt zwischen Amtsgericht und Stadtpark gebaut und ging als Gerichtsgefängnis in Betrieb. Mittlerweile ist die Justizvollzugseinrichtung für die Untersuchungshaft und die Vollziehung von kurzen Freiheitsstrafen zuständig. Es gibt 40 Einzel- und 30 Gemeinschaftszellen. Trotz des Alters gilt die JVA Dinslaken als „kleines aber feines Haus“, sagt eine Mitarbeiterin und erzählt von Gefangenen, die nach ihrer Verurteilung darum bitten, ihre Haft in Dinslaken verbringen zu dürfen.
Farbe und Pflanzen im Hafthaus
Im Allgemeinen wirkt sich der Freiheitsentzug auf weibliche Gefangene „belastender aus“ als auf Männer, so das Justizministerium. In Dinslaken versucht man, dem mit Gruppenarbeit und Farbe entgegenzuwirken. Mit orangen und türkisen Geländern und Pflanzen ist die Atmosphäre im Hafthaus vergleichsweise freundlich. Bei unserem Besuch gestern ist Mittagszeit. Die Gefangenen haben ihr Essen in die Zellen bekommen. Es ist ruhig auf den Gängen.
Neben dem Aushang des Lieferservices (jetzt auch Haarfarben bestellbar!) kleben Zettel, die auf Gottesdienste und Musik hinweisen. Auch sonst sei die Stimmung in der JVA entspannt, so die Mitarbeiterin. Anders als in den großen Haftanstalten für Männer kennt man sich – sowohl die etwa 30 Beschäftigten als auch die Gefangenen. Das wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben.
>> Hier sind weitere Frauengefängnisse in NRW
In NRW gibt es sieben Haftanstalten für 1000 weibliche Gefangene (einschließlich der Untersuchungsgefangenen). Neben Dinslaken ist Willich II das einzige reine Frauengefängnis (253 Plätze). Außerdem gibt es Frauen-Abteilungen in Bielefeld-Brackwede, Bielefeld-Senne, Gelsenkirchen und Köln.