Dinslaken/Hünxe. . In Oberlohberg wurde ein Schaf gerissen. Ein Experte hat eine DNA-Probe genommen. Die Herde stand erst einen Tag auf der Weide – zu ihrem Schutz.

War die Wölfin, die sich offenbar im Kreis Wesel niedergelassen hat, auf Beutezug in Dinslaken? Auf einer Weide in Oberlohberg wurde in der Nacht zu Sonntag ein Schaf gerissen. Der Besitzer, Kurt Opriel aus Hünxe, ist sich sicher: „Das war ein Wolf.“

Biss in der Kehle, Fleisch war aus dem Hinterteil gerissen

Die Schafe und Ziegen auf der Weide an der Buschstraße drängten sich verängstigt in eine Ecke, als Kurt Opriel am Sonntag nach dem Rechten sah. Auf der anderen Seite der Wiese lag das tote Schaf: Die Kehle war durchbissen, aus dem Hinterteil war Fleisch gerissen, die Gedärme quollen aus der Wunde. Schleifspuren auf der Weide zeugen davon, dass hier ein kräftiges Tier am Werk war. Kurt Opriel muss schlucken, als er davon erzählt, dass auch sein zwölfjähriger Sohn den entsetzlichen Anblick ertragen musste.

Das tote Schaf hatte im hinteren Bereich erhebliche Verletzungen.
Das tote Schaf hatte im hinteren Bereich erhebliche Verletzungen. © privat

Nahe der vorherigen Weide in Hünxe waren Schafe gerissen worden

Erst am Vortag hatte der 49-Jährige die Herde von der Weide an der Wilhelmstraße in Hünxe geholt. „200 Meter weiter wurden gerade erst zwei Schafe gerissen. Ich dachte, hier wären sie sicherer“, sagt Opriel betrübt. Schräg gegenüber der Weide, an der Buschstraße, stehen ein paar Häuser. So nah, dachte Opriel, würde sich ein Wolf nicht an Menschen herantrauen. Den Hänger, der den Tieren nachts Schutz bietet, hat er am Sonntag gebracht.

Die Auswertung der DNA-Spuren dauert mehrere Wochen

Und dass hier ein Wolf am Werk war, da ist sich Opriel ganz sicher. Der Experte des Landes-Umweltamts (Lanuv), der die Weide und das tote Schaf begutachtet hat, habe angesichts der Bissspuren und Fußspuren auf dem Acker nebenan ebenfalls von einem Wolf gesprochen. Das Lanuv bestätigt, dass ein Schaf gerissen wurde. Ob es sich aber um die Wölfin handele, könne erst der DNA-Test mit Sicherheit bestätigen. Die Auswertung dauert drei bis vier Wochen, sagt Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann.

© Lars Fröhlich

„Ein Wolf ist doch kein Kuscheltier“

Kurt Opriel regt das auf. Das Landesamt, so sagt er, würde die Gefahr, die von dem Wolf ausgehe, kleinreden. „Das ist doch kein Kuscheltier“, schimpft er. „Wir bemühen uns, die Schafe hier artgerecht zu halten.“ Die Tiere stünden den ganzen Sommer auf der Weide. natürlich würden sie irgendwann geschlachtet.

„Aber wir quälen die Tiere nicht. Der Wolf aber schon. Was meinen Sie, was das Schaf durchgemacht hat?“

Kurt Opriel hat nun eine Kamera an der Weide aufgestellt. Sollte der Wolf auftauchen, hat er einen Beweis. Die Tiere sind nachts im Hänger.
Kurt Opriel hat nun eine Kamera an der Weide aufgestellt. Sollte der Wolf auftauchen, hat er einen Beweis. Die Tiere sind nachts im Hänger. © Lars Fröhlich

Elektrozäune oder Herdenschutzhunde?

Elektrozäune böten keine absolute Sicherheit. „Wir haben sogar ein Schaf, das da durchgeht.“ Mitunter würden die Zäune im Wind kippen, Äste darauf fallen und den Strom so ableiten. Und für jede Weide mehrere Herdenschutzhunde? Ausgebildete Tiere kosten laut Opriel mehrere tausend Euro, müssen ernährt und gepflegt werden. Im Übrigen, gibt er zu bedenken, schützen die Hunde ihre Herde auch vor Menschen, Passanten etwa, die die Schafe füttern wollen.

„Was frisst der Wolf eigentlich im Winter, wenn die Schafherden im Stall sind?“

Eigentlich, sagt er „müsste ich mich über den Wolf freuen“. Schließlich vertreibe er selbst Elektrozäune. Er findet aber: In Gegenden, in denen Wölfe sich von Rehen ernähren können, wären sie besser aufgehoben. „Hier gehört der Wolf nicht hin.“ Zwar werde den Schafhaltern Geld erstattet – aber „das hilft dem Schaf auch nicht mehr.“ Und was, fragt er, „frisst der Wolf eigentlich im Winter, wenn die Schafherden im Stall sind?“ Er hat seine zweite Herde, die Muttertiere, nun noch einmal versetzt. Auf eine Weide an der Dickerstraße, direkt an den Wohnhäusern.

Revierförster: Die Wölfin hält sich vorwiegend in Hünxe auf 

Für Revierförster Michael Herbrecht wäre nicht verwunderlich, wenn die Wölfin, die bisher vor allem in Schermbeck verortet wurde, bis Dinslaken gelaufen wäre. „Die Wölfin hat einen riesigen Bereich“, sagt er, könne bis zu 70 Kilometer in der Nacht laufen. „Schermbeck, Hünxe, Dinslaken, das ist für sie keine Entfernung.“

© Patrick Pleul

Aktuell würde sie sich vorwiegend im Hünxer, Gartroper, Bruckhausener Wald aufhalten. Das würden „zahlreiche Risse“ in der letzten Zeit belegen. „Für die Schäfer ist das höchst ärgerlich“, weiß Herbrecht, der selbst Schafe hält. Dennoch: „Wir freuen uns, dass die Natur hier so in Ordnung ist, dass ein solch seltenes Raubtier hier lebt.“

Der erste territoriale Wolf: „Darauf können wir stolz sein“

Wenn die Wölfin ein halbes Jahr hier ansässig ist, würde der Kreis zum Wolfsgebiet erklärt. Im November wäre diese Zeit um. „Dann wären wir die ersten in NRW, die einen territorialen Wolf haben. Darauf können wir stolz sein.“ Aber, so sagt Herbrecht: „Es muss für den Menschen sicher bleiben.“ Derzeit sei die Wölfin „extrem scheu, hat richtig Angst vor Menschen.“ Sie im Wald zu sehen, sei so gut wie unmöglich.

Solange die Wölfin scheu bleibt, bestehe keine Gefahr

Solange das der Fall sei, „besteht für Menschen keinerlei Gefahr“. Erst wenn die Menschenscheue verloren ginge „würde eine Gefahr bestehen“. Deswegen darf sie nicht angelockt oder gefüttert werden. Das Forstsamt Niederrhein hat u.a. Kameras im Wald verteilt. „Wir beobachten die Wölfin ganz genau, damit wir immer für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen können.“