Hünxe. Die Schleuse des Wesel-Datteln-Kanals in Hünxe passieren bei Niedrigwasser täglich zwischen 60 und 80 Schiffe. Eine Stunde vor Ort.
Das Wetter ist wechselhaft-windig: Um 10.57 Uhr, als die Reporterin in ihrem Pkw die Behelfsbrücke der L1 über den Wesel-Datteln-Kanal passierte, tröpfelte es noch auf ihre Windschutzscheibe. Um 11.01Uhr, als sie den Weg zur Schleuse entlang läuft, scheint die Sonne. Wie zur Begrüßung hupt ein Schiff. „Zeno“ heißt es und hat gerade die Schleuse in Hünxe passiert. Das Hupen ist also eigentlich ein Abschiedsgruß.
Auf der Anlage inmitten des Wesel-Datteln-Kanals wartet Wasserbaumeister Jürgen Storm schon. Der Technische Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Duisburg-Meiderich, das auch verantwortlich für die Schleuse in Hünxe ist, wird die Reporterin eine Stunde lang begleiten. Und dabei ganz viele Zahlen, Daten und Fakten nennen.
Täglich zwischen 60 und 80 Schiffe bei Niedrigwasser
Er wird zum Beispiel erzählen, dass die Hubhöhe der Schleuse fünfeinhalb Meter beträgt. Oder, dass die kleine Schleuse 1966 in Betrieb gegangen ist und die große seit 1993 neue Hubtore hat. Dass aufgrund des Niedrigwassers aktuell täglich zwischen 60 und 80 Schiffe durch die Schleuse fahren – mehr als bei höherem Pegel. Dass die beiden Schleusen jährlich rund 20 000 Boote und Schiffe bergauf oder bergab heben.
Letzteres ist nun um 11.09 Uhr bei „Bregetta“ der Fall. Das Schiff mit niederländischer wie deutscher Flagge fährt in die große Schleuse ein. Vom Deck winken vier Besatzungsmitglieder. Aus Berlin kämen sie, ruft Bea Pijn der Reporterin mit ihrem niederländischen Akzent zu, während sie wie auch ihre Freunde das Schiff mit Seilen an der Schleuse festmacht. Nun fahre die Besatzung zurück in Richtung Amsterdam. „Dann endet leider auch unser Sommerurlaub“, ruft Pijn noch, als das Schiff schon mehrere Meter bergab gelassen wurde. Das Untertor ist laut, als es um 11.20 Uhr hochfährt, um den Weg freizugeben. Lauter noch ist nur das Hupen, mit dem das Schiff „Bregetta“ und seine Crew sich verabschieden.
Die Schleuse ist mittlerweile dauerhaft in Betrieb
Nicht nur von Jürgen Storm und der Reporterin, sondern auch von Dominic Fengels. Er ist heute Schichtleiter an der Hünxer Schleuse, sitzt mehrere Meter über dem Wasser im Schleusenhaus und hat von dort aus den perfekten Blick auf den Kanal. Seit 5.30 Uhr und noch bis 14 Uhr ist er heute im Dienst.
„Wir arbeiten mittlerweile im Schichtbetrieb und das das ganze Jahr über“, erzählt Fengels. Lediglich an fünf Tagen im Jahr, über Weihnachten und an Neujahr, sei die Schleuse nicht durchgehend besetzt, sondern nur bis 14 Uhr in Betrieb. Damit habe man schlussendlich auch auf den Zeitdruck in der Wirtschaft reagiert, erläutern Fengels und Storm. Schließlich würde auf dem Wasserweg vieles transportiert: Kohle, Diesel, Heizöl, irgendwelche Chemie. . .
Ein Schiff bittet um Anlegeerlaubnis
Es ist 11.42 Uhr, als der Funksprecher bei Fengels geht. Ein Schiff, das noch nicht zu sehen ist, bittet bereits um Anlegeerlaubnis bis zum Abend. Wieso, weshalb, warum? – das weiß der Schichtleiter nicht. „Um diese Uhrzeit liegt es aber nahe, dass jemand hier in der Nähe seine Kinder aus der Kita oder Schule abholen will“, mutmaßt er, nachdem er die Erlaubnis über Funk erteilt hat. Dass er eine Stimme wie in diesem Fall nicht kennt oder zuordnen kann, ist eher die Ausnahme. „Mit den Jahren kennt man die Schiffe und auch die Stimmen dazu“, sagt er. Und erinnert sich an ein Boot, auf dem die Tochter noch im Laufstall mitfuhr. „Die ist jetzt übrigens 15 oder 16 Jahre alt“, sagt Fengels und lacht.
Um 11.55 Uhr kommt erneut ein Funkspruch. Die Stimme eines alten Bekannten. „Fahr doch in die große Kammer, die steht frei“, sagt Fengels. Um 11.59 Uhr fährt das Schiff in die Kammer ein. Dann wird sich das Obertor schließen, das Becken langsam leeren, das Untertor hoch- und das Schiff wieder ausfahren. . .