Voerde. . RWE hat eine 400 Tonnen schwere Generatorhülle Richtung Eschweiler geschickt. Der in Voerde wenige Kilometer lange Weg zum Ziel hatte es in sich.

Es ist kurz vor Mittag, die Sonne knallt vom Himmel und vor dem Eingang des stillgelegten Kohlekraftwerkes steht ein PS-Protz in den Startlöchern, um gleich ein industrielles Schwergewicht mit auf eine knifflige Reise zu nehmen. Da, es ist soweit – das riesige, selbstfahrende Schwerlastmodul setzt sich in Bewegung. Per Joystick manövriert Daniel Sobczynski den Koloss mit den insgesamt 20 Achsen und der etwa 400 Tonnen schweren Ladung links auf die Frankfurter Straße. Oben auf dem Transportfahrzeug thront eine Generatorhülle, die mit der Stilllegung des Kraftwerkstandortes von RWE und Steag in Voerde zum 31. März 2017 ausgedient hat und den RWE nun zum Braunkohlekraftwerk Weisweiler in Eschweiler bringt.

Generator ist als strategisches Reserveteil vorgesehen

Dort ist die Maschine als „strategisches Reserveteil“ vorgesehen, wie Projektleiter André Salten erklärt. Ziel ist es, bei eventuellen Generatorschäden dort die Reparatur- und Stillstandszeiten zu minimieren. Die Neuanfertigung eines solchen Gerätes würde länger als ein Jahr dauern. In etwa fünf bis sechs Wochen soll schon die zweite Generatorhülle aus Voerde zu einem Braunkohlekraftwerk transportiert werden. Damit könne man zur Sicherheit der Versorgung beitragen, erklärt Wolfgang Pohl, verantwortlich für den RWE-Teil des stillgelegten Kraftwerkstandortes in Voerde.

André Salten, der an diesem Freitagmittag mit dem Rad an der Strecke unterwegs ist, hat den Schwertransport für RWE Power organisiert. Ein halbes Jahr vorher wurde damit begonnen. Schon der Abbau des Generators, dessen Anbauteile wie etwa der Rotor bereits demontiert waren und eingelagert sind, war sehr aufwändig. Aufgrund des enormen Gewichts des Generators musste im Kraftwerksgebäude ein riesiges Hubgerüst aufgebaut werden, wofür man allein fünf Wochen gebraucht habe. Mit dieser Konstruktion ließ sich der Riese Stück für Stück absenken und auf den Boden bringen, wie Wolfgang Pohl erläutert.

Die erste Herausforderung nach dem Start naht bald

Der Großtransport bei der Einfahrt von der Frankfurter Straße auf die Ahrstraße.
Der Großtransport bei der Einfahrt von der Frankfurter Straße auf die Ahrstraße. © Markus Joosten

Start und Ziel – die Nato-Rampe am Rhein kurz vor dem Ortseingang Mehrum – liegen nur wenige Kilometer auseinander, doch die haben es an der einen oder anderen Stelle in sich. Die erste Herausforderung lässt nach der Abfahrt vom Kraftwerksstandort nicht lange auf sich warten. Kurz vor der Rechtskurve gilt es für Daniel Sobczynski von der Kahl Schwerlast GmbH, das Gefährt links auf die Ahrstraße zu bringen. Dafür wird der Koloss zunächst ein Stück weiter auf der Frankfurter Straße Richtung Voerde manövriert, um so die Kurve zu kriegen.

Dieses Schild an der Ecke Frankfurter Straße/Ahrstraße muss weichen.
Dieses Schild an der Ecke Frankfurter Straße/Ahrstraße muss weichen. © Markus Joosten

Männer, die den Transport begleiten, eilen zu dem Schild, das die Entfernungen nach Götterswickerhamm und Mehrum anzeigt, und entfernen es kurzerhand. Auf dem Randstreifen werden Matten ausgelegt und an den Bürgersteigkanten Keile zum Schutz vor Schäden. Es dauert nicht lange, und das Abbiegen auf die Ahrstraße ist geschafft. Jetzt geht es erst einmal einige Meter auf gerader Strecke weiter Richtung Götterswickerhamm, wo noch einige schwierige Passagen warten.

Baum macht mit dem Generator Bekanntschaft

In Götterswickerhamm muss der Schwertransport auch durch dieses Nadelöhr.
In Götterswickerhamm muss der Schwertransport auch durch dieses Nadelöhr. © Markus Joosten

Im Rheindorf wird es dann zwischen Gemeinschaftshaus und Kirche ziemlich eng. Der vor dem Gotteshaus stehende Baum macht Bekanntschaft mit dem Generator, verliert ein paar Äste mitsamt Blättern. An einer Stelle passte der Riese gerade so mit der ersten und der letzten Achse zwischen die Bordsteine, berichtet Projektleiter Olaf Weltz von der Firma Kahl und Jansen einige Minuten später in Höhe des Kreisverkehrs, den der Schwertransport gegen 13 Uhr erreicht.

Es ist der nächste schwierige Teil. Daniel Sobczynski bewegt das Vehikel, das vorne und hinten ein „Powerpack“ mit jeweils 500 PS hat, zunächst in die Straße Oberer Hilding, um es von dort aus fast gerade in die Dammstraße zu lenken. Dabei fährt ein Teil der vielen kleinen Räder über die auf dem Grünstreifen in der Mitte des Kreisels ausgelegten Matten. Den Transport nicht durch Götterswickerhamm, sondern weiter über die Frankfurter Straße und dann über Wirtschaftswege zu führen, wäre keine Option gewesen, weil Letztere die Last nicht tragen. Außerdem hätte man eine kleine Brücke queren müssen, wie Olaf Weltz erklärt.

Montagmorgen geht es ab nach Düsseldorf-Lörick

Das riesige Vehikel fährt auf die Brückenkonstruktion, die das Ufer und den auf dem Rhein liegenden Ponton verbinden.
Das riesige Vehikel fährt auf die Brückenkonstruktion, die das Ufer und den auf dem Rhein liegenden Ponton verbinden. © Ann-Christin Fürbach

Nachdem Götterswickerhamm passiert ist, folgen leichtere Kilometer weiter über die L 4 zur Nato-Rampe. Dort ist noch einmal Präzision gefragt – zum einen bei der Einfahrt, aber auch das Bewegen des Transportriesen über den Abhang ist nicht ohne. Langsam, aber stetig nähert sich das „Ungetüm“ dem Übergang vom Ufer zum Ponton. Dann endlich, alle 20 Achsen befinden sich auf der Brücke. Noch ein paar Meter und der Koloss steht auf dem Ponton. Schiff ahoi – bald kann es weiter über den Rhein zum Duisburger Hafen gehen, von wo aus sich der Tross am Montagmorgen auf nach Düsseldorf-Lörick, der nächsten Station auf dem mehr als zwei Wochen dauernden Weg, macht.