Dinslaken/Duisburg. . 87-Jähriger aus Lohberg starb womöglich an tödlicher Dosis eines Schmerzmittels. Frau sitzt in U-Haft. Ermittler hoffen bundesweit auf Hinweise.

Eine Haushaltshilfe soll im Dezember 2016 in Lohberg einen 87-jährigen pflegebedürftigen Mann mit einer Überdosis Schmerzmittel getötet haben. Sie steht unter Mordverdacht. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg gestern bei einer Pressekonferenz mit. Die Ermittler veröffentlichten zudem mehrere Fotos der 30-jährigen Polin.

Staatsanwalt Alexander Bayer über tödliche Dosis Schmerzmittel

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    Sie wurde am 22. März im baden-württembergischen Aitrach festgenommen und sitzt seit Donnerstagabend in der JVA Dinslaken in Untersuchungshaft. Auf ein mögliches Tatmotiv hat die Mordkommission Duisburg noch keine Hinweise. Die Ermittler suchen nun bundesweit Haushalte, in denen die Frau gearbeitet hat und wollen herausfinden, ob es weitere Fälle gegeben hat. Auch polnische Ermittler sind um Hilfe gebeten worden.

    Senior verstarb nach Sturz im Krankenhaus

    Ab dem 15. Dezember 2016 war die polnische Alten- und Haushaltshelferin im Haushalt des 87-jährigen Dinslakeners und seiner 82-jährigen Frau beschäftigt.

    Am 21. Dezember stürzten beide, woraufhin die 30-jährige gelernte Frisörin einen Krankenwagen rief, der das Ehepaar ins Evangelische Krankenhaus Dinslaken brachte. Dort starb der 87-jährige Mann aus Lohberg einen Tag später. Seine zu dem Zeitpunkt 82 Jahre alte Frau konnte das Krankenhaus wieder verlassen. Sie starb ein Jahr später eines natürlichen Todes.

    Schmerzmittel wurde im Blut nachgewiesen

    Nachdem die Angehörigen des Ehepaares in der Wohnung, die nach NRZ-Informationen an der Dorotheenstraße in Lohberg liegen soll, eine leere und eine halbvolle 100 Milliliter-Flasche des nicht ärztlich verordneten Schmerzmittels Tramadol fanden, ordnete die Staatsanwaltschaft Ende 2016 eine chemisch-toxikologische Untersuchung beim Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Essen an. Das entsprechende Gutachten lag erst Ende Februar 2018 vor.

    Laut Gutachten habe der Verstorbene unter diversen Vorerkrankungen gelitten, die zum Tod geführt haben könnten. Im Blut des Mannes sei jedoch auch das Schmerzmittel Tramadol nachgewiesen worden – und zwar in so einer hohen Konzentration, dass dies als Todesursache angenommen werden könne. Auch im Blut der Frau konnte Tramadol nachgewiesen werden.

    Zur europaweiten Fahndung ausgeschrieben

    Auf Grundlage des Gutachtens beantragte die Staatsanwaltschaft Duisburg am 8. März dieses Jahres Haftbefehl wegen Mordes. Die Beschuldigte wurde knapp zwei Wochen später nach einer europaweiten Fahndung im baden-württembergischen Aitrach festgenommen. Zuvor betreute sie dort eine 92-Jährige.

    Auch in deren Wohnung fand die Polizei eine leere Flasche des morphinhaltigen Schmerzmittels – dieses jedoch war ärztlich verordnet worden. Die 92-Jährige war ein paar Tage zuvor ebenfalls gestürzt und befand sich im Krankenhaus, als die Helferin festgenommen wurde. In dem Fall hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg Ermittlungen gegen Aneta K. aufgenommen.

    Beschuldigte sagt, sie habe Medikament selbst genommen

    Bei einer Vernehmung habe sie angegeben, das Medikament Tramadol selbst genommen zu haben. Eine Blutuntersuchung soll nun klären, ob dies stimmt. Ebenfalls überprüft wird derzeit, ob die betreute Seniorin eventuell eine Überdosis erhalten hatte. Laut Staatsanwalt Alexander Bayer soll das Ergebnis der Untersuchung in zwei Wochen vorliegen. Möglicherweise werden die beiden Verfahren dann zusammengelegt.

    Staatsanwalt Alexander Bayer kritisierte gestern das Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Essen für die lange Dauer der Probenuntersuchung. Insgesamt sieben Nachfragen habe er getätigt, dass die Untersuchung über ein Jahr gedauert habe, sei „nicht hinnehmbar“. In der Regel werde ein solches Gutachten in etwa drei Monaten erstellt.

    Auch der Leiter der Duisburger Kriminalpolizei, Dieter Kretzer, bedauerte, dass eine Mordkommission erst nach dem Vorliegen des Gutachtens eingeschaltet wurde. „Aus heutiger Sicht hätte es früher zum Einsatz der Mordkommission kommen müssen, um die Ermittlungsintensität zu erhöhen.“

    >> MORDKOMMISSION SUCHT NACH HINWEISEN

    Aneta K. steht im Tatverdacht, im Dezember 2016 einem durch sie häuslich versorgten 87-jährigen demenzkranken Dinslakener das morphinhaltige Schmerzmittel Tramadol verabreicht und damit dessen Tod verursacht zu haben.

    Um ein Bewegungsprofil und die Anstellungshistorie der Alten- und Haushaltshelferin nachvollziehen zu können, sucht die Mordkommission Duisburg bundesweit nach Personen, die Aneta K. als Haushalts- oder Altenhelferin beschäftigt haben. Die Polin ist zirka 1,60 Meter groß, hat mittelblonde Haare, blaue Augen und eine Tätowierung am Hals. Hinweise nimmt die Polizei telefonisch unter 0203/2800 oder jede andere Dienststelle entgegen.