Voerde. . Karin Wietheger ist eine von 144 Delegierten aus NRW, die am Sonntag beim SPD-Sonderparteitag in Bonn mitstimmen. Sie ist noch unentschieden.

Macht der SPD-Sonderparteitag am Sonntag den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der Union frei? Eine der 144 Delegierten aus NRW, die in Bonn mit weiteren 456 darüber mit entscheiden, ist Karin Wietheger aus Voerde. Sie gibt als eine von vier Genossen aus dem Kreisverband Wesel ihre Stimme ab. Die Frage, ob ihre Partei in Koalitionsverhandlungen treten soll oder nicht, hat sie drei Tage vor dem Parteitag für sich noch nicht abschließend beantwortet. Sie will zunächst die Debatte dort abwarten und sich zudem näher mit dem Papier befassen, auf das sich SPD und CDU/CSU bei ihren Sondierungsgesprächen geeinigt haben. Bisher hatte sich Wietheger, die seit 1994 für die SPD im Kreistag sitzt und seit mehr als 30 Jahren Parteimitglied ist, auf eine Minderheitsregierung festgelegt. Angesichts des klaren Neins der Kanzlerin und der von ihr selbst nicht favorisierten Alternative von Neuwahlen aber ist sie davon abgerückt.

Voerderin erlebte Parteichef Schulz in dieser Woche in Düsseldorf als „sehr überzeugend und souverän“

Die 73-Jährige war dabei, als Martin Schulz am Dienstag in Düsseldorf um die Unterstützung von Delegierten aus NRW bat, am Tag zuvor hatte er dies bereits in Dortmund getan. Wietheger hat den SPD-Chef als „sehr überzeugend und souverän“ erlebt, sie hatte das Gefühl, dass er den „Rückhalt der anwesenden Delegierten“ hat. Bei dem Termin sei das Sondierungspapier vorgestellt worden, sagt Wietheger. Ihre Meinung dazu ist geteilt. So hätte sie sich etwa ein anderes Ergebnis bei der Steuerpolitik wie auch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen erhofft. Positiv indes bewertet sie die Einigung im Bereich der Sozial- und Rentenpolitik.

Wietheger betont, dass das Sondierungspapier „kein Koalitionsvertrag“ sei. Sie geht davon aus, dass manche Punkte „vielleicht noch nachverhandelt werden können“. Ihr Urteil insgesamt: „Das Sondierungspapier ist ein SPD-Papier.“ Die CSU dagegen tue so, als sei alles, was dort steht, ihr Verdienst, kritisiert Wietheger. Sie habe zu diesen Partnern „kein Vertrauen“, was ihr (beim letzten Mal noch vehemente Verfechterin der GroKo) die Entscheidung beim Parteitag übermorgen schwer macht. Ihr Vertrauen schwinde immer an der Stelle, an der die Partner Dinge, die von der SPD erfolgreich durchgesetzt worden seien, „als ihre Position verkaufen“.

Auch ärgert sich Wietheger über CSU-Landesgruppenchef Dobrindt, der den SPD-internen Streit um die Ergebnisse der Sondierungsgespräche einen „Zwergenaufstand“ nannte. Ein weiterer Negativpunkt ist für sie der Alleingang von Agrarminister Schmidt (CSU) beim Thema Glyphosat. Sollte sie für Koalitionsverhandlungen votieren, verbindet die Voerderin damit die Hoffnung auf eine „andere Koalition“, in der das, was ihre Partei durchbringt, mehr öffentlich wahrgenommen wird.