Dinslaken/Voerde/Hünxe. . Wie werden die Genossen und Jusos vor Ort bei der SPD-Mitgliederbefragung abstimmen. Wir haben nachgefragt. Hier einige Stimmen.
Die Spitzen von SPD, CDU und CSU haben „Ja“ zur GroKo gesagt. Falls auch die Delegierten zustimmen, soll die SPD-Basis in einem Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag entscheiden. Wir haben Genossen in Dinslaken, Voerde und Hünxe schon jetzt nach ihrer Meinung gefragt.
„Das ist zu wenig“ sagt der
Hünxer SPD-Vorsitzende Jan Scholte-Reh. Zwar fänden sich im Abschlusstext der Sondierer mit der
„Solidarrente“ und der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung auch SPD-Forderungen, ansonsten lasse das Papier „ein mutloses ‘Weiter so’“ befürchten. „Ernsthafte Maßnahmen im Bereich ‘Pflege und Gesundheit’“ fehlen ebenso wie die Abschaffung der „sachgrundlosen Befristung“ und weitere Reformen in der Arbeits- und Sozialpolitik. „Es geht um unsere Glaubwürdigkeit“, so Scholte-Reh. Wenn das Ergebnis in Koalitionsverhandlungen nicht noch „deutlich verändert“ werde, so Jan Scholte-Rehs erster Eindruck vom Stimmungsbild seines Ortsverbandes, „kann ich mir keine Zustimmung beim SPD-Mitgliedervotum vorstellen. Und ich könnte sie auch nicht empfehlen.“ „Verrat“ – so bezeichnet der Dinslakener Juso-Vorsitzende Patrick Müller das Sondierungsergebnis. Obwohl sich der Parteivorstand nach
der Wahl gegen eine große Koalition ausgesprochen habe, „macht sich die SPD zum Steigbügelhalter.“ Er hätte sich aus kommunaler Sicht einen „Soli West“ gewünscht. Sollte es zum Mitgliederentscheid kommen, werde er gegen den Koalitionsvertrag stimmen.
„Weniger Verwaltung, mehr Aufbruch“ hätte sich Voerdes SPD-Ortsvereinsvorsitzender Stefan Weltgen als Ergebnis der Sondierungsgespräche gewünscht. „Erfolg ist nicht, dem politischen
Gegner möglichst viele Schmerzen zuzufügen, sondern möglichst viel aus der eigenen Programmatik umsetzen zu können“ – ausgehend von diesem Leitgedanken findet er in der zwischen SPD und CDU/CSU getroffenen Einigung positive wie negative Punkte: So hätte sich Weltgen unter anderem „eine Abkehr“ von der Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund oder die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent gewünscht. Gut findet er, dass „wir in Richtung gebührenfreie Kitas kommen“. Zudem bewertet Weltgen die Solidarrente für Geringverdiener positiv – wie nicht zuletzt auch die Tatsache, dass Europa „mehr ins Zentrum gerückt“ werde. Bevor er sich zu einer möglichen Großen Koalition positioniert, will er die Argumente, die auf dem Sonderparteitag am 21. Januar ausgetauscht werden, und eine genaue Analyse der Einigung abwarten.
Die SPD konnte bei den Sondierungen nach Ansicht des Voerder Juso-Chefs Max Sonnenschein ihre Handschrift hinterlassen. Er hält es für grundsätzlich vernünftig, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.
Als zweitstärkste Kraft im Bundestag stehe die SPD mit in der Verantwortung. Sonnenschein, der ins Feld führt, dass die GroKo nicht vier Jahre dauern müsse, will abwarten, was im Koalitionsvertrag stehen würde. Ausgehend von der jetzigen Stimmung rechnet er damit, dass bei der Mitgliederbefragung über den Koalitionsvertrag eine Mehrheit gegen die GroKo votiert. Vielleicht könnten mit dem Thema Europa, das Parteichef Schulz hoch hängen werde, noch Mitglieder umgestimmt werden. Das Meinungsbild bei den Jusos bundesweit – 90 bis 95 Prozent würden eine Neuauflage der GroKo ablehnen – spiegele sich auch bei den Voerder Jusos wieder.
Der Dinslakener SPD-Vorsitzende Reinhard Wolf ist dagegen, dass sich die SPD an einer Großen Koalition beteiligt. Diese Ansicht hat er
schon am Wahlabend vertreten, „daran hat sich nichts geändert“, sagte er gestern, nachdem die Ergebnisse der Sondierungsgespräche veröffentlicht worden waren. Die SPD habe zwar in den vergangenen Jahren viel erreicht, bei der Wahl habe es ihr aber nicht geholfen. Die kleineren Parteien verbuchten Gewinne, CDU und SPD mussten Verluste hinnehmen. Einige Gründe hierfür mögen in der GroKo liegen, so Wolf. Er hätte es besser gefunden, wenn bei den Gesprächen nicht nur über eine Neuauflage der Groko, sondern auch um eine Minderheitsregierung von Angela Merkel gegangen wäre. „Es gibt ja eine Alternative zur Großen Koalition, nur sie gefällt Frau Merkel nicht“, betont Wolf.