Voerde. . Der Voerder Stadtplaner Hans-Martin Seydel geht in den Ruhestand. Seine Aufgabe war es nicht nur zu gestalten, sondern auch, Dinge zu verhindern.
- Stadtplaner Hans-Martin Seydel hatte am Freitag seinen letzten Arbeitstag im Voerder Rathaus
- Der Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Baurecht war mehr als 35 Jahre bei der Stadt beschäftigt
- Aufgabe von Hans-Martin Seydel war es nicht nur zu gestalten, er musste Dinge auch verhindern
Ein altgedienter Lotse hat das Schiff Stadtverwaltung verlassen: Hans-Martin Seydel, langjähriger Leiter des Planungsamtes und seit der Neustrukturierung im Rathaus Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Baurecht, hatte gestern seinen letzten Arbeitstag. Offiziell scheidet der 65-Jährige zum 1. August aus, wegen noch ausstehenden Urlaubs trat er am Freitag zum letzten Mal den Weg zu seinem Büro im Rathaus an.
Bei der Stadt „angeheuert“ hat Hans-Martin Seydel vor mehr als 35 Jahren. Angestellt wurde der aus Bad Soden am Taunus stammende Hesse als Abteilungsleiter für Stadtplanung, einige Jahre später, als Bauordnungsamt und Planungsamt getrennt wurden, übernahm er für Letzteres die Leitung – und blieb auf dieser Position bis zu der unter Bürgermeister Dirk Haarmann vollzogenen Neustrukturierung der Verwaltung.
Das Bewerbungsgespräch in Voerde hatte Hans-Martin Seydel noch im Alten Rathaus
Als Hans-Martin Seydel zum Bewerbungsgespräch anreiste, gab es das heutige Verwaltungsgebäude noch gar nicht, da ging es zum Alten Rathaus (Frankfurter Straße), das er erstmal habe suchen müssen, da es am Rand der Stadt lag, erinnert er sich schmunzelnd.
In seinen fast 36 Berufsjahren in Voerde hat Seydel, der an der TU Dortmund Raumplanung studierte, die Stadt wachsen, sich verändern sehen. Der Stadtplaner kann von der Zeit erzählen, als das heutige Rathaus noch nicht stand, sich dort, in Richtung Pakulat-Park eine „Wiese mit Kühen“ befand oder die Bahnhofstraße eine durchgehend asphaltierte Straße war, durch die der „ganze Autoverkehr ging“.
Als zwei tragende Projekte in seiner Zeit nennt Seydel die beiden Stadterneuerungsprogramme im Zeitraum zwischen 1987 bis fast in das Jahr 2000: Das eine umfasste die Verkehrsberuhigung und Umgestaltung der Bahnhofstraße, die Entstehung des Pakulat-Parks und des Parks vor dem Jugendzentrum (Juz) Voerde, das andere Projekt betraf die Ortsmitte von Friedrichsfeld: Die Straßen um den Marktplatz wurden erneuert, der Bahnhofsvorplatz umgestaltet. Ein „großes Faible“ für ihn: in der Stadt für die Öffentlichkeit Natur zu erhalten oder zu entwickeln, wie er sagt.
Doch neben der Möglichkeit zu gestalten, gehörte für Seydel auch das Verhindern zu einem zentralen Teil seiner Arbeit. „Voerde liegt sehr im Brennpunkt anderer Interessen“, erklärt er und erinnert daran, wie sich die Stadt gemeinsam mit der Bürgerinitiative Bergbaubetroffener (BiB) „nachhaltig“ gegen den Bergbau gewehrt habe. Beim Thema Betuwe ringt die Kommune im Schulterschluss mit der Bürgerinitiative um eine „bessere Qualität der Ausbaustrecke“. Nicht zu vergessen die B 8n.
Ein Leitmotiv für Hans-Martin Seydel: immer auch die andere Seite sehen
In dem Bestreben, die Interessen Voerdes zu vertreten, war es Seydel wichtig, dies zusammen mit den Bürgern zu tun, denn nur so könne man erfolgreich sein. Ein Leitmotiv für ihn: auch immer die andere Seite zu sehen und vor allem zu verstehen. Dem Vater von drei Kindern, der seit 1990 in Voerde lebt, war es ein Anliegen, Sachverhalte gegenüber der Politik, gegenüber den Bürgern zu erklären.
Langeweile dürfte Hans-Martin Seydel in seiner nun anstehenden rathauslosen Zeit kaum haben, er weiß sich auch so zu beschäftigen: Neben Segeln und Fotografieren baut der 65-Jährige auch selbst Möbel – mit „avangardistischem Design“, wie er verrät. Eine ganze Kücheneinrichtung oder eine Ecksitzbank stammen aus seiner Hand. Und wer weiß, welche Möbelstücke Marke „Eigenbau Seydel“ im Ruhestand noch so entstehen...