Dinslaken. . Vor 70 Jahren wählte NRW den ersten Landtag. Wilhelm Lantermann aus Dinslaken schaffte seinen Wahlkreis in direkter Wahl.

  • Vor 70 Jahren wählte NRW den ersten Landtag nach dem Krieg
  • Auch Dinslakens späterer Bürgermeister Wilhelm Lantermann war Kandidat
  • Er wurde direkt gewählt - und gehörte dem Landtag 15 Jahre an

„Muss ich mir das wirklich noch einmal antun?“ – Ein kleiner Zettel mit diesem Satz befindet sich in der „Sammlung Wilhelm Lantermann“ im Dinslakener Stadtarchiv. Abgeheftet im Ordner Wahlen. Welche Wahl war hier gemeint, niemand weiß es, aber Willi Lantermann hat so einige gewonnen. 26 Jahre lang war er Bürgermeister der Stadt Dinslaken, vier Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages und 15 Jahre lang Mitglied des Landtages in NRW.

Wilhelm Lantermanns Ruf war untadelig

70 Jahre ist es her, da konnten die Bürger des gerade mal einem Jahr alten Landes Nordrhein-Westfalen wieder wählen. Die Britische Militärregierung hatte die Wege geebnet. Und so konnten auch die Bürger des Wahlkreises Dinslaken mit der Nr. 76 ihren Landtag wählen. Allerdings hatte die

Wilhelm Lantermann 2. v.li.) war Dinslakener Bürgermeister und Landtagsabgeordneter.
Wilhelm Lantermann 2. v.li.) war Dinslakener Bürgermeister und Landtagsabgeordneter. © Stadtarchiv Dinslaken

Britische Militärregierung im Kreisanzeiger vom 1. Februar 1947 und in der Military Government Gazette Germany, British Zone of Control, dem Amtsblatt der Militärregierung im Britischen Kontrollgebiet, genauestens festgelegt, wie die Wahl abzulaufen habe und wer ausgeschlossen war vom Wahlrecht. Das waren all diejenigen, die zu irgendeiner Zeit dem Korps der Politischen Leiter der NSDAP, dem SD (Sicherheitsdienst), der Gestapo, dem BDM oder der NS-Frauenschaft angehörten oder vor dem 1. März 1933 Mitglied der NSDAP waren, der Hitlerjugend und dergleichen angehörten. Es sei denn, sie waren von Entnazifizierungsausschüssen von allen Vorwürfen entlastet worden.

Wilhelm Lantermann war untadelig in seinem Ruf, war er doch als SPDler von den Nazis bereits 1934 selbst aus dem Verwaltungsdienst geschmissen worden.

43.075 Wahlberechtigte konnten am 20. April 1947 im Wahlkreis 76 Dinslaken ihre Stimme abgeben, 32240 von ihnen nutzten die Chance, ungültig waren 1163 Stimmen. Auf die CDU fielen 9011 Stimmen oder 29 Prozent, auf die SPD 10.049 (32,3 %), FDP 2239 (7,2 %), KPD 5268 (17 %), die Zentrums-Partei erhielt 4510 Stimmen oder 14,5 %. Die Wahlbeteiligung galt als relativ gering und wurde damals mit der Nachkriegssituation begründet. Die Menschen kümmerte anderes als der ferne Landtag in Düsseldorf, der in der ersten Wahlperiode ohnehin ohne Zustimmung der Militärregierung nichts entscheiden durfte.

Den ersten Landtag hatten die Briten bestimmt

Außerdem gab es bereits einen Landtag, am 2. Oktober 1946 ernannt von der Britischen Militärregierung. Eine Folge des Beschlusses der Briten, in ihrer Besatzungszone aus der Provinz Westfalen und dem nördlichen Teil der Rheinprovinz das Land Nordrhein-Westfalen zu gründen. 200 Abgeordnete umfasste damals der von den Briten ernannte Landtag, 100 Abgeordnete stammten aus Westfalen, 100 aus der ehemaligen Rheinprovinz, darunter Wilhelm Lantermann.

Auf die CDU kamen 92 Abgeordnete, auf die SPD 66, auf die FDP neun, auf die Zentrumspartei zwölf, auf die KPD 19 und auf die Unabhängigen zwei Abgeordnete. Die Militärregierung hatte bereits zuvor Dr. Rudolf Amelunxen zum Ministerpräsidenten ernannt und je drei Vertreter der CDU und der SPD, je zwei von der KPD und Zentrumspartei sowie einen der FDP für die Kabinettsbildung gefordert. Konrad Adenauer lehnte für die CDU eine Regierungsbeteiligung ab, weil er den Parteienproporz durch Wahlen festgestellt wissen wollte, heißt es in einer Broschüre zum 50-jährigen Bestehen des Landtages.

Aufgrund inzwischen stattgefundener Kommunalwahlen änderte die Britische Militärregierung im Dezember 1946 noch einmal die Zusammensetzung des Landtages. Die CDU war nun mit in der Regierung, einen Monat später, durch den Beitritt des Landes Lippe ins Land NRW, erweiterte sich der Landtag um vier Abgeordnete.

Die ersten freien Wahlen nach dem Krieg

Und endlich, am 20. April 1947 – die ersten freien Wahlen nach dem Krieg. Die CDU erhielt als einzige Partei 16 Überhangmandate. Am 19. Mai 1947 trat der Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Ältestenrat wurde gebildet, der Geschäftsordnungsausschuss, ein Überwachungsausschuss des Staatskommissars zur Bekämpfung von Korruption und Misswirtschaft, der Hauptausschuss und 14 Fachausschüsse.

Heinrich Lübkes Wahlkreis für die Wahl 1953 war Dinslaken.
Heinrich Lübkes Wahlkreis für die Wahl 1953 war Dinslaken. © Steiner, Egon

Die Regierung setzte sich zusammen aus Vertretern der CDU, SPD, KPD und des Zentrums. Ministerpräsident wurde der CDU-Politiker Karl Arnold. Dem Kabinett gehörten unter anderem Dr. Gustav Heinemann als Justizminister und Dr. Heinrich Lübke als Landwirtschaftsminister an. Lübkes Wahlkreis für die Bundestagswahl 1953 war übrigens Dinslaken.

15 Frauen waren in den ersten gewählten Landtag eingezogen, darunter die Duisburgerin Luise Alberts. Willi Lantermann hatte seinen Wahlkreis in direkter Wahl gewonnen. Er arbeitete mit in den Ausschüssen für Geschäftsordnung und Immunität, für Wasserwirtschaft, im kommunalpolitischen Ausschuss und im Grenzausschuss. Andere Probleme, andere Ausschüsse – das Flüchtlingsproblem und wie alles zu bezahlen war, diese Fragen allerdings stellten sich auch dem Landtag 1947.