Voerde. . Politik diskutierte kontrovers über die Entwicklung des Geländes der Pestalozzischule zum Wohnquartier. Für die CDU gab es ein großes Manko.

Der Stadtrat hat sich am Mittwochabend bei der Weiterentwicklung des Geländes der ehemaligen Pestalozzischule an der Alexanderstraße zu einem Wohnquartier nicht auf eine mit deutlicher Mehrheit getragene Lösung einigen können: Die nach hoch kontroverser Debatte getroffene Entscheidung, dem von Investor B eingereichten Konzept in der Variante 2 den Zuschlag zu geben, wurde von SPD, Grünen, Wählergemeinschaft (WGV) und Hans-Peter Bergmann (parteilos) gegen die Stimmen von CDU und FDP auf den Weg gebracht.

Zweifel an Realisierbarkeit von vier Geschossen plus Staffelgeschoss angemeldet

Die Planung beinhaltet, auf dem Grundstück 72 Wohneinheiten zu schaffen. Die entlang der Bahnhofstraße vorgesehenen Häuser sollen mit vier Geschossen plus Staffelgeschoss realisiert werden – was die Verwaltung für städtebaulich verträglich hält, wie Planungsamtsleiter Hans-Martin Seydel auf Nachfrage von Jan Langenfurth erklärte. Der CDU-Ratsherr hatte Bedenken hinsichtlich einer Umsetzbarkeit der Geschosszahl angemeldet und mit Blick darauf eine aus seiner Sicht eventuell drohende Minderung des angebotenen Kaufpreises zur Sprache gebracht.

Die CDU hätte sich gewünscht, dass das Konzept A in der Variante 1 (insgesamt 100 Wohneinheiten) zum Tragen gekommen wäre – und das aus zwei Gründen: Der betreffende Investor hat der Stadt das höchste Kaufangebot gemacht und – noch wesentlicher für die Christdemokraten – der Plan sieht keinen sozialen Wohnungsbau vor. Im Fall des am Mittwochabend auf den Weg gebrachten Konzeptes B 2 ist das anders: Von den insgesamt 72 Wohneinheiten sollen 34 über öffentlich geförderten Wohnungsbau entstehen.

CDU: Stadt muss auf hohe SGB-II-Quote auch über die Entwicklung von Wohnraum reagieren

Der neue CDU-Fraktionschef Ingo Hülser begründete die Ablehnung der Christdemokraten mit der „überdurchschnittlich hohen“ Quote an SGB-II-Beziehern, die in Voerde laut Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) vorläge. Auf diese Tatsache müsse die Stadt auch über die Entwicklung von Wohnraum reagieren, betonte Hülser im Planungs- und Umweltausschuss, der der Sondersitzung des Stadtrates vorgeschaltet war. In beiden Gremien wurde dem CDU-Fraktionschef entgegengehalten, dass der öffentlich geförderte Wohnraum für Bezieher von Hartz IV gar nicht in Frage komme.

Bürgermeister Dirk Haarmann machte in der Ratssitzung klar, dass die Wohnungen für diese Menschen zu teuer und daher nicht anerkennungsfähig seien. Es gehe vielmehr um Personen, die über ein geregeltes Einkommen oder Renteneinkommen verfügen. Man rede da etwa über den Bäcker oder die Krankenschwester. Hülser führte daraufhin im Fachausschuss wie später im Rat an, dass die CDU einen „Dominoeffekt“ befürchtet – dergestalt, dass diejenigen, die eine Verbesserung ihrer Wohnsituation erreichen, an anderer Stelle Wohnraum frei machen, was sich dann wieder durch „Wanderungsbewegungen“ negativ auf die SGB-II-Quote auswirke, die Sozialstruktur in Voerde weiter verschlechtere.

CDU-Fraktionschef Ingo Hülser erntete für Argumentation viel Kritik

Hülser bekam für die Argumentation viel Kritik: SPD-Fraktionsvorsitzender Uwe Goemann nannte diese „fast schon menschenverachtend“, appellierte an die CDU, sich „nicht vom Mittelstand“, „vom kleinen Mann“ zu verabschieden. Christian Garden, Fraktionschef der WGV, hielt die Diskussion über Steuerungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Sozialstruktur an dieser Stelle für verfehlt, mahnte, dass man über Menschen spreche.

Generell aber sieht auch Garden ein Versäumnis bei der Stadt: In den vergangenen 20, 30 Jahren sei es „in diesem Haus“ nicht üblich gewesen, über Steuerungsmöglichkeiten zu sprechen. Hülser verwahrte sich gegen den Vorwurf einer fast menschenverachtenden Haltung. Er habe kein Wort gegen Bezieher von SGB II gesagt. „Das kann jeden von uns treffen.“

Sitzung des Stadtrates wurde für 20 Minuten unterbrochen

Nach dem Appell von SPD und Grünen an die CDU, doch zu einer breit getragenen Entscheidung zu kommen und sich noch einmal zu beraten, wurde die Ratssitzung für 20 Minuten unterbrochen. Hülser erklärte danach, mit der Idee rausgegangen zu sein, dass man sich bei der Konzeption B 2 in punkto Anteil öffentlich geförderter Wohnraum aufeinander zubewege. Sein Kollege von der SPD, Uwe Goemann, verwies darauf, dass die 34 Wohneinheiten die unterste Grenze für den Investor seien. Am Ende blieb die CDU bei ihrem Nein. Da nutzte auch der Appell des Bürgermeisters „Mir wären breite Mehrheiten lieber“ nichts.