Voerde. Ein Kapitel Industriegeschichte geht zu Ende, die Schlote rauchen nicht mehr: An diesem Freitag schließt das Kraftwerk in Voerde offiziell.

Heute ist offiziell Schluss. Bei der Steag gehen 47 Jahre nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks Voerde die Lichter aus. Wir haben unsere Leser auf Facebook gefragt, was sie persönlich mit dem Kraftwerk verbinden – und was sie den fast 300 Mitarbeitern zu ihrer offiziell letzten Schicht heute wünschen. Hier sind einige der zahlreichen Antworten:

„Für meine Tochter ist es die ,Wolkenfabrik’. Als wir ihr sagten, dass die Steag bald schließt, war ihre Antwort: ,Oh wie schade, dann gibt es ja nie mehr Wolken in Dinslaken.’“Susanne Keil

„Den Mitarbeitern möchte ich das sagen, was ich meinem Mann gesagt habe, als er bei Norske Skog entlassen wurde: Vielleicht sollst du das als einen neuen Schritt in ein anderes Leben nehmen. Er war 54. Im letzten Jahr endlich die Umschulung und dann mit 57 einen neuen Job! Aber es ist nicht einfach und es war einen sehr schwere Zeit! Also: Gebt nicht auf, so traurig wie das alles ist. Alles Gute!“ Gisela Nöckel

„Bei Steag denk’ ich immer an meine Kindheit und wie fasziniert ich gewesen bin bei der damaligen Greenpeace Aktion – die Türme wurden besetzt, um für eine bessere Abluft zu demonstrieren.“ Andre Mölleken

„Ich verbinde mit der Steag meinen Vater der etwa 20 Jahre den Schaufelradbagger bedient hat. Und ich durfte als Kind ein paar Mal mit drauf. Riesen-Erlebnis!“ Klaus Dzudzek

„Als Kinder haben wir immer gedacht, dass es eine Wolkenmachermaschine ist. Da kommen die Wolken also her, die am Himmel sind. Und wieder ein Stück Heimat was kaputt geht. Bye bye Steag. Und den Angestellten alles erdenklich Gute für die Zukunft.“ Britta Gangfuß

„Generell als kleines Kind immer dadurch zu wissen, wo man grade ist und zu erraten, wo das Zuhause liegt. Und von zuhause zu sehen, wie die Hexen kochen.“ Johanna Rosnerski Greenpeace lief Sturm gegen das Kraftwerk. Viele Anwohner können sich noch an den Tag erinnern, an dem die Aktivisten den Schornstein hochkletterten. Foto: NRZ

„Ich bin am Tag der Greenpeace-Aktion mit dem Schulbus da vorbei gekommen. War total spannend damals, als „Förde“ (Bildunterschrift) es in die Tagesschau schaffte. Auch konnte man im Bus während der Bauphase täglich den Kühlturm wachsen sehen.“ Norbert Bruckermann

„Wir verbinden mit der Steag eine jahrzehntelange Nachbarschaft.“ DLRG Ortsgruppe Dinslaken

„Fühl mich ein bisschen so, wie damals als der Pütt Lohberg dicht gemacht wurde. Ein Stück Heimat stirbt. Auch wenn nicht alles Gold war, was da rausgepustet wurde. Es gehört zu uns“ Gaby Werner

„Der Hintergrund meines Hochzeitsbildes.“ Matt West

„Das Lustigste, was ich im Zusammenhang mit der Steag je erlebt habe war, als mich ein Bekannter, der weiter weg lebt besuchte – und mich bei Betrachtung der Steag fragte, ob es mir nicht zu gefährlich sei, so nah an einem Kernkraftwerk zu wohnen...!“ Michael Küthe

„44 Jahre die Aussicht beim Blick aus dem Fenster .Und 23 Jahre mein Arbeitsplatz!“ Markus Fierek

„Mein Papa ist im Dezember in Rente gegangen. Er war Schichtführer auf der Steag. Ich habe ein Schülerpraktikum dort absolviert. Die Steag war auch ein Teil meines Lebens. Ob es das Abholen von Papa an der Pforte war oder die Erzählungen von lustigen Geschichten, die während einer Schicht passiert sind. Die Besuche von Kollegen, Geburtstagspartys in unserem Garten. Der Zusammenhalt war außerordentlich groß. Tja, das ist nun leider alles vorbei. Alles hat seine Zeit! Ich wünsche allen Mitarbeitern eine angenehme, schöne, neue Arbeitsaufgabe.“Stephi Thiel

„Ich hatte als Kind immer Angst, das der Turm umkippt.“ Sandra Gottschalk

„Eine Ära geht zu Ende. Es wird ruhig am Himmel! Ich wünsche allen Mitarbeitern einen glücklichen und guten Start für einen neuen Lebensabschnitt. Altes vergeht und öffnet die Tür für Neues.“ Virgina Unterloh

„Ich habe als Kind bei Fahrradtouren immer Angst gehabt, wenn es an der Rückseite der Steag vorbei ging. Der kleine Tunnel war so unheimlich und es war so laut. Böse Stimmen aus dem Umland behaupten, dass wir Voerder nun alle einen Sonnenbrand bekommen. Den Mitarbeitern wünsche ich einen nicht allzu traurigen Freitag.“ Jana Isselhorst

„Ich war häufiger als Azubi einer Fremdfirma in den Gebäuden. Eine tolle Zeit, die ich kaum erwarten konnte. Denn als ich ein Kind war und aus dem Wohnzimmerfenster schaute, sah ich den Qualm aus den Schloten steigen. Das wirkte zuerst gruselig auf mich. Meine Eltern aber erzählten mir bei Kerzenlicht, dass dies die Wolkenfabrik sei. Ab da sah ich die Steag mit anderen Augen. Die Form der Wolken inspirierte meine kindlichen Fantasien. Es war eine schöne Zeit. Ich wünsche der Belegschaft von Herzen alles Gute für die Zukunft. Danke, dass Ihr Euch so lange und so gut um meine Wolkenfabrik gekümmert habt.“ Michael Arnold Die Schlote des Kohlekraftwerks der Steag in Voerde rauchen nicht mehr. Foto: Lars Fröhlich

„Wenn wir früher aus dem Urlaub gekommen sind und ich die Steag gesehen habe,wusste ich als Kind wir sind gleich zu Hause!!!?? Ich wünsche jedem Einzelnen von euch, dass es irgendwo, irgendwie weiter geht! Steag bedeutet einfach Heimat. Traurig, traurig.“ Nadine Schmitz

„Die Steag ist einfach ein Stück zu Hause. Habe die Tage noch Bilder gemacht zur Erinnerung. Die kommen nun auf den Digi-Bilderrahmen, so dass ich sie weiterhin sehen kann.“ Anna Bauer-Schneider

„Mein Mann wünscht seine ehemaligen Kollegen alles Gute für die Zukunft.“ Birgit Großer

„Mein Bruder hat dort seine Ausbildung absolviert und war jahrelang dort beschäftigt, bis zum ‘Ende’. Es ist schwer und traurig nach so einer langen Zeit Abschied zunehmen, aber es muss weitergehen im Leben! Man wünscht den ehemaligen Kollegen alles Liebe und Gute für die Zukunft!“ Kris Tin

„Mein Vater hat mit der Firma Readymix für den Kühlturm Beton hergestellt und die Lieferung disponiert. Das lief im Akkord und er hatte viele 24-Stunden-Dienste und musste an den Wochenenden auch oft arbeiten. Geschlafen wurde zwischendurch auf einer Liege. Ich war ein kleines Mädchen und habe ihn in der Zeit sehr vermisst. Mein Vater ist mittlerweile verstorben – ich denke er wäre erschüttert über das Ende der Steag. Ich wünsche allen Mitarbeitern auf ihren weiteren Wegen viel Glück.“ Michaela Denninghoff-Wagner
„Erst die Zechen dann die Kraftwerke. Glück auf Kumpels.“ Eugen Thomas