Kreis Wesel. . Gastronomen beklagen bürokratischen Mehraufwand, Politiker sind unterschiedlicher Meinung. Eine Fleischerei begrüßt das neue Gesetz.

  • Künftig sollen Betriebe, die Lebensmittel herstellen und verkaufen, „Hygieneampeln“ anbringen
  • Kreisveterinäramt will keine neuen Lebensmittelkontrolleure einstellen, spricht aber von Mehraufwand
  • Gastronomen bemängeln das neue Gesetz, Fleischereibetrieb Oberfohren begrüßt es

In der vergangenen Woche hat NRW als erstes Bundesland ein neues Gesetz zur Lebensmittelkontrolle eingeführt: das sogenannte „Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz“ (KTG). Künftig sollen alle Betriebe, die Lebensmittel herstellen und verkaufen, also Restaurants und Imbissbuden, aber unter anderem auch Bäcker und Metzger, für den Verbraucher gut sichtbare „Hygieneampeln“ an ihren Geschäften anbringen. Die Redaktion hat Reaktionen zum neuen Gesetz gesammelt und bei betroffenen Betrieben und dem Kreis nachgefragt. Auch die Politik hat sich zur „Hygieneampel“ geäußert.

Das sagt das Veterinäramt

„Wir haben 2012 angefangen, die Betriebe auf die Kontrolle vorzubereiten und nutzen weiterhin das verwendete Risikokontrollsystem“, sagt Antonius Dicke vom Kreisveterinäramt, das auch für die Lebensmittelüberwachung zuständig ist. Insofern verändere das Gesetz die Kontrollen nur wenig.

Im Kreis Wesel sind rund 1550 Betriebe betroffen, der Kreis selbst beschäftigt acht Lebensmittelkontrolleure, die diese regelmäßig überprüfen. „Wir haben erstmal kein zusätzliches Personal eingeplant“, sagt Dicke.

Das neue Gesetz bringe zwar Mehraufwand mit sich, dieser sei aber noch nicht so richtig zu beziffern. „Es werden wöchentlich mehrere Arbeitsstunden in der Verwaltung hinzukommen“, schätzt Dicke, „zudem jährlich noch hunderte von Schreiben zwischen Amt und Betrieben.“

Diese vor allem in Streitfällen – wenn ein Betrieb seine Einstufung anfechten würde. „Landesweit gibt es deshalb die Annahme, dass die Vier-Augen-Kontrolle zunehmen wird“, sagt Dicke. „Wir wollen in den meisten Fällen Kontrollen alleine durchführen.“

Das sagen die Betriebe

Die angefragten Gastronomen bemängeln das neue Gesetz. „Das bringt nicht viel, das ist nur bürokratischer Aufwand“, sagt zum Beispiel Petar Matos, Inhaber des argentinischen Steakhauses Hazienda. „Ich muss jetzt deutlich mehr aufschreiben und dokumentieren, diese Zeit fehlt mir dann für wichtigere Dinge.“

Auch Pantaleone Urgesi, Inhaber des „Ristorante Al Trullo“, kritisiert das KTG. Das Siegel sage nur etwas über die Hygiene zum Zeitpunkt der Kontrolle aus und nicht darüber hinaus.

Nien Mach bemängelt ebenfalls den bürokratischen Aufwand. „Ich fand die bisherige Kontrolle vollkommen ausreichend“, sagt der Inhaber von „Zum Chinesen Mach“. Die neue Transparenz für den Verbraucher aber finde er sinnvoll.

Eine andere Meinung hingegen hat Silke Oberfohren vom gleichnamigen Fleischereibetrieb. Sie begrüßt die Einführung: „Fortan ist es egal, ob es sich um uns oder um den Imbiss von nebenan handelt – alle müssen jetzt darauf achten, gewisse Hygienestandards einzuhalten“, sagt Oberfohren.

Das sagt die Politik

CDU-Landtagskandidatin Charlotte Quik bezeichnet den Gesetzesbeschluss als einen „Schlag ins Gesicht der Handwerksbetriebe im Lebensmittelbereich“. Die „Hygieneampel“ sei der falsche Weg, da sie nicht für eine klar definierte Aussage über Qualität und Hygiene geeignet sei.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Norbert Meesters hingegen ist von dem neuen System überzeugt. „Wir haben damit eine sichere Möglichkeit geschaffen, die Qualität von Restaurants und anderen Lebensmittelbetrieben einzuschätzen.“ Das neue Kontrollbarometer stärke die Interessen der Verbraucher, ebenso wie die Interessen der Betriebe, die einwandfrei arbeiteten.

>> INFO ZUM KONTROLLERGEBNIS-TRANSPARENZ-GESETZ

  • Das „Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz“ (KTG) ist das neue Gesetz zur Lebensmittelkontrolle: Künftig sollen alle Betriebe in NRW, die Lebensmittel herstellen oder verkaufen, für den Verbraucher gut sichtbare Kontrollbarometer in ihren Geschäften anbringen. Das Gesetz gilt somit nicht nur für Restaurants, Kantinen oder Imbissbuden, sondern auch für Markthändler, Einzelhändler, Bäcker und Metzger.
  • In den kommenden drei Jahre ist das Anbringen des Siegels für die Betriebe freiwillig, ab 2020 dann verpflichtend.
  • Auf dem „Barometer“ ist in Ampelfarben vermerkt, ob ein Betrieb die Anforderungen der Lebensmittelkontrollbehörde erfüllt hat (grün), teilweise erfüllt hat (gelb) oder unzureichend erfüllt hat (rot). Zeitgleich soll die zuständige Behörde die Kontrollergebnisse auch im Netz veröffentlichen.
  • Bei der Kontrolle durch das Veterinäramt werden „Risikopunkte“ vergeben, unter anderem für Reinigung und Desinfektion, Personal- und Produktionshygiene, Schädlingsbekämpfung und Eigenkontrolle. Maximal gibt es 73 Punkte, dabei acht für das Verhalten der Unternehmer, 25 für die Verlässlichkeit der Eigenkontrollen und 40 fürs Hygienemanagement.

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